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Beruhigung und Friede sich eingeholt! Mit einer Art souveräner Machtvollkommenheit trat Löhe bisweilen schwerstem Jammer der Erde und auch den dunkelsten Nachtseiten des menschlichen Lebens entgegen. In der Privatbeichte, die er mit großer Weisheit handhabte, hat er für viele eine reiche Quelle seelsorgerlicher Beratung und Tröstung geöffnet. Unermüdlich war Löhe an Kranken- und Sterbebetten; er selbst sagt, dass er hier die seligsten Stunden verlebt habe. Die Macht des Gebets und der Fürbitte durften er und andere dabei reichlichst erfaren.

 Löhe war auch einer der bedeutendsten kirchlichen Schriftsteller des Jarhunderts. Ich zäle bei 60 größere und kleinere Schriften desselben. Sie sind aus den Erfarungen des geistlichen Amtes hervorgewachsen, dienen praktischen Bedürfnissen und sind dabei fast immer von einem größeren kirchlich idealen Hintergrund getragen. Außer den bereits genannten füren wir das Haus-, Schul- und Kirchenbuch für Christen lutherischen Bekenntnisses in drei Teilen an, in welches Löhe unter anderem seine sehr gesunden katechetischen Grundsätze niedergelegt hat und von dem er selbst sagt: „Das Hausbuch ist die Frucht meines Lebens und Webens im Amte; ich habe nichts besseres nachzulassen“. Im Jare 1847 erschienen seine Erinnerungen aus der Reformationsgeschichte von Franken, auf Grund deren Leopold von Ranke sagte, Löhe zeige Beruf zum Historiker. Zwei besonders schöne, anregende und sinnige Schriften sind die von der Barmherzigkeit und von der weiblichen Einfalt. Außerdem rüren von ihm eine Menge kleinerer liturgischer Schriften, Gebetbücher, unter diesen die weit verbreiteten „Samenkörner“, welche bis jetzt 29 Auflagen erlebten, und Traktate her. Der erste unter diesen war: Dina oder wider die Jugendlust. Man darf nur diesen einen Traktat mit seinem erschütternden Ernst, seinem Eingreifen in die tatsächlichen Verhältnisse und seinem gleichwol von allem Unedlen fernen Ton lesen, um sich davon zu überzeugen, dass Löhe auch auf diesem Gebiete Ungewönliches leistete.

 Groß war endlich Löhes schöpferisches und organisatorisches Talent; diese Gaben liegen ja klar vor aller Augen. Große und immer neue Konzeptionen begegneten sich in ihm mit einem bewundernswürdigen

Empfohlene Zitierweise:
Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/43&oldid=- (Version vom 31.7.2018)