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mit der Gemeinde bekannt, wo Löhe beim Kirchenregiment nicht Schutz gefunden hätte. Er selbst schreibt 1836 an Huschke: „Meine Oberen haben mich bisher geschützt“. Die drei Dekane, unter denen Löhe stand, Glieder des Oberkonsistoriums und Konsistoriums, waren Löhes persönliche Freunde, die immer, wo es not tat, wider Verständigung und Ausgleich herbeizufüren suchten. Wenn Löhe einmal sagt: „Es gehört gewiss auch zur Weisheit derjenigen, welche im Regiment der Kirche sitzen, den Geist der Freiwilligkeit nicht in Fesseln zu bannen, an denen er sterben muß, sondern ihn vielmehr zu wecken und ihm die zur Entwickelung seiner Kraft notwendige Weitschaft zu lassen, zu gewären und zu schützen“, so hat er dies selbst reichlichst erfaren. Ein einziger Besuch in Neuendettelsau konnte dies lehren. Er bildete mit seinen Anstalten eine ecclesiola in ecclesia im schönsten Sinne des Wortes. Seine hohen Gaben und Leistungen wurden stets auf das Bereitwilligste anerkannt; schon im Jare 1836 hieß es: „Hat sich in vorzüglichem Grade ausgezeichnet“. Die Kanzel ist Löhe nie verboten worden, was wir nur erwänen, weil es behauptet worden ist. Auch die Nichtbestätigung seiner Wal zum Senior im Jare 1843 ging nicht aus Übelwollen hervor, sondern weil einige Pfarreien erledigt waren und die Senioratswal bei Besetztsein aller Pfarrstellen vorgenommen werden soll. Es wurde damals nicht etwa eine andere Wal vorgenommen, sondern, wie das in solchen Fällen immer geschieht, ein Senioratsverweser aufgestellt. Bei der im nächsten Jare stattgefundenen abermaligen Wal erhielt Löhe nur zwei Stimmen. Das Kapitel entschied sich für den bereits fungirenden Senioratsverweser.

 Doch Löhe darf nicht nach diesem oder jenem, sondern muss nach seiner ganzen Persönlichkeit beurteilt werden. Als solche war er eine Größe in Gottes Reich. Derselbe Mann, der so gewaltig und oft auch einseitig für Glaube und Lehre eiferte, war zugleich von mächtig schöpferischer Kraft auf dem Gebiete barmherziger Liebe. Auf die Jare des Streites folgte unmittelbar, wie ein versönender Abschluss, die Periode eines großartigen Schaffens auf diesem Gebiete.

 Übrigens war Löhe schon vom Jare 1840 an in letzterer

Empfohlene Zitierweise:
Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/38&oldid=- (Version vom 31.7.2018)