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Kirche zu trennen. Allein sie genießen unbewußt den Schutz der Staatskirche; fällt diese, dann werden auch die kleinen Genossenschaften unter ihrem Ruin begraben.“

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 Wir sagen es nicht gegen Harnack; aber man könnte aus manchen Aeußerungen auf die weite Verbreitung der irrigen Meinung schließen, als sei an allem Jammer und Unheil der Kirche unsere mit dem Staatswesen und Leben allerdings mehr als billig verschlungene Verfassung schuld. Unübertrefflich hat der große Bengel auch über diese Dinge gesprochen. „Unsere Kirche ist bei weitem nicht rein, sagt er, im Gegentheil sie ist eben ein Morlok, ein confuß, verwirrt, unordentlich Ding, und alle rechtschaffenen Seelen, insonderheit Pfarrer, sehen mit Wehmuth den Verfall und die große Unordnung; aber doch ist unsere Kirche eine wahre; denn man muß nicht darauf sehen, was durch die Schuld der Menschen noch fehlt, sondern was Gott noch darin hat.“ Groß war je und je die Armuth, Niedrigkeit, auch das Elend der Kirche; aber groß auch ihre Herrlichkeit. „Wenn die Apostel von der Kirche reden, sagt derselbe Bengel, so reden sie nicht sowohl von der dermaligen, obschon herrlichen Kirche im Einzelnen, sondern mehr in abstracto davon, was die Kirche der Absicht Gottes nach sein sollte. Das Christenthum hat noch nie seine völlige Gestalt gehabt, die es kraft der Verheißungen des alten Testaments haben sollte.“ Hier steht das wahre Kirchenideal vor uns, für das wir streiten, arbeiten, ringen und beten wollen auch unter den Niedrigkeiten und Nöthen der Gegenwart, unter Leid und Weh unserer theuren lutherischen Kirche.