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sofort eine neue aufzurichten. Sagt er doch selbst S. 44 ganz richtig: „Gerade die evangelische Kirche hat es nicht leicht, bei ihrer Verwerfung des Hierarchismus und ihrer grundsätzlichen Wahrung der Freiheit des Glaubens und der Ordnung, ihre Auctorität wirksam geltend zu machen und einen geeigneten, von Allen gleich anerkannten Träger derselben aufzustellen.“ Aber einen Widerspruch müssen wir in diesen Aeußerungen immerhin erkennen. Wer wie Harnack gegen das Bestehende mit solcher Energie sich erklärt und in diesem Bestehenden, wie wir glauben, die Sache, das Wesen dieser Einrichtung selbst trifft, der muß auf die landesherrliche Kirchengewalt unbedingt verzichten, denn sie ist gerade das Spezifische und Charakteristische unserer Verfassung überhaupt; wir können sie uns nicht nach irgend welchem idealen Zuschnitt zurechtlegen, sondern müssen sie nehmen, wie sie im Ganzen und Großen vorliegt, ohne daß wir uns gegen ihre Schäden verblenden und gegen sie mit Wort und That protestiren, wo sie uns die wesentlichen Grundlagen gesunden evangelischen Lebens erschüttern und das Recht des Bekenntnisses benehmen will, oder müssen sie ganz fahren lassen. Ueber diese Alternative kommen wir nicht hinaus. Namentlich aber geht es nicht an, auf den Schutz, auf die Advocatie des Staates zu rechnen, nachdem das Verhältniß zu ihm im Namen der Kirchenfreiheit ein ganz anderes geworden ist. Das wäre der vorreformatorische Stand des Kirchenrechts; auf diesen läßt sich unsere gegenwärtige Kirchenverfassung nicht mehr zurückschieben. Mit dem Verlust seiner Rechte der Kirche gegenüber wird der Staat sich auch seiner Pflichten quitt halten. Es gibt auch für die protestantische Kirche kein Majestätsrecht des Landesfürsten, welches nicht nothwendig über sich selbst hinausführte und sich einer Art Mitregierung annäherte, wie gerade Stahl klar nachgewiesen hat. Entweder bleibt unsere Kirche im Zusammenhang mit, in einem rechtlich geordneten, positiven Verhältniß zum Staate, dann wird sie sich eine gewisse Abhängigkeit immer gefallen lassen müssen, die vielfach etwas Drückendes, Hemmendes, Demüthigendes haben mag, aber doch so lange zu tragen ist, als ihr Lebensgrund selbst nicht angetastet ist und eine freie innere Bewegung auf demselben statt