Seite:Adolf von Stählin - Das landesherrliche Kirchenregiment.pdf/39

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

auf einen Mann, mit dem Harnack sonst durch die innigste theologische Gemeinschaft verknüpft ist, auf von Harleß, zu berufen, welcher in der classischen Abhandlung: Die Stellung der obersten Kirchenbehörden in der Gegenwart (Verhältniß des Christenthums zu Cultur- und Lebensfragen der Gegenwart S. 85. 88) sagt: „Die wirkliche Autonomie d. h. die der ureigensten Natur der Kirche entsprechende Selbstbewegung und Selbstregierung hängt davon ab, daß die Schöpfer, Träger und Verwalter der kirchlichen Ordnungen von dem der Kirche eigentümlichen Geist erfüllt sind“, und: „Wo die Kirche in ihren kirchlichen Organen das Recht der Initiative und zugleich der Ablehnung dessen hat, was ihr ohne ihre Mitwirkung und Gutheißung von staatlicher Seite etwa aufgedrungen werden wollte, da kann man nicht von einer prinzipwidrigen Abhängigkeit deßhalb reden, weil die Kirche in jenen Einrichtungen und Handlungen, in welchen sie sich selbst als rechtlich verfaßte Anstalt darstellt, ihr Recht als öffentlich geltendes Recht nicht haben kann, ohne Sanction der öffentlichen Staatsgewalt und unter Namen, welche diese Sanction beurkunden.“

.

 Was Harnack ferner an dem Landeskirchenthum rügt, daß die Kirche durch dasselbe um ihre Einheit und einheitliche Selbstdarstellung gekommen sei, trifft wieder offenbar diese Verfassungsform nicht blos nach ihrem gegenwärtigen Stande, sondern an und für sich und wie sie von Anfang war. Denn eine einheitlich zusammengeschlossene war unsere Kirche nie; man mag und muß dieß beklagen, darf aber doch nicht vergessen, daß der territoriale Bestand unserer Kirche die einzige Form war, in welcher die Reformation in Deutschland überhaupt der geschlossenen Macht des Pabst- und Kaiserthums gegenüber sich erhalten konnte. Es war ein Verhängniß für Deutschland, daß seine Centralgewalt wider das Evangelium sich entschied; nachdem dieß aber geschehen, war die Territorialmacht äußerlich angesehen der einzige Hort des Evangeliums, womit dann freilich auch territoriale Zersplitterung der Kirche gegeben war. Die göttliche Vorsehung ist nirgends verschwenderisch; hat sie uns ersteres gegeben, dürfen wir das andere in Kauf nehmen, sollen wir uns wenigstens durch dasselbe nicht ärgern lassen. Luther