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 Es sind hochwichtige Dinge, welche in Dr. Harnack’s Schrift besprochen werden. Es ist zunächst die Frage, ob unsere Kirche unter ihren gegenwärtigen Verfassungsverhältnissen noch ferner bestehen, d. h. ihres Bekenntnisses leben und ihren Beruf erfüllen könne, oder ob sie im Gewissen gedrungen sei, die Bande zu lösen, welche sie bisher an den Staat und insbesondere an den sog. Summepiskopat der Landesherrn knüpften; sodann die andere hiermit engzusammenhängende Frage, ob unsere Kirche gelöst von ihrem jetzigen Verfassungsbande gleichwohl noch in ihrer Existenz als Volkskirche beharren könne oder nicht. Die erste Frage verneint der Herr Verfasser; wir müssen wenigstens eine solche Verneinung aus seinen Aeußerungen, wenn wir sie im Zusammenhang überblicken, entnehmen. Seine Aeußerungen hierüber sind immerhin etwas schwankend; wir tadeln dieß nicht, wir finden es natürlich; spiegelt sich darinnen doch unsere ganze gegenwärtige kirchliche Zeitlage sehr getreu ab: Wir empfinden das vielfach Drückende, Beengende, Unangemessene unserer Verfassung, wir möchten manche Fessel abwerfen, es fällt uns aber schwer, Hand an eine radikale Aenderung zu legen, schon aus dem Grunde, weil die Elemente für eine neue Verfassung noch allzuwenig bereitet sind, und weil wir nicht wissen, ob wir nach Abthun des Alten einem wirklich besseren Neuen zusteuern. Im Ganzen hält nun aber der Herr Verfasser dafür, daß die Zeit des Landeskirchenthums vorüber sei.

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 Wird aber unsere Kirche nach dieser Wandlung noch als Volkskirche fortbestehen können? Diese Frage bejaht der Herr Verfasser so sehr, daß er eigentlich von dieser Voraussetzung als einer selbstverständlichen ausgeht. Schon der Titel seiner Schrift läßt dieß erkennen. Während man den Gegensatz sonst etwa so faßt: Landeskirche