Seite:Adolf von Stählin - Das landesherrliche Kirchenregiment.pdf/24

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Melanchthon kann man einen Episkopalisten nennen, aber nicht Luther. Hiebei bleibt gleichwohl feststehen, daß die Reformatoren nicht gegen episkopale Formen überhaupt waren, wie diese in der lutherischen Kirchenverfassung sich mehr oder weniger auch wirklich eingebürgert haben, und wie wir gerne zugeben, noch mehr hätten gepflegt werden sollen; aber daß sie im Prinzip gegen das landesherrliche Kirchenregiment waren ebenso wie gegen den römischen Episkopat, und daß sie dagegen ein Kirchenregiment evangelischer Bischöfe erstrebt hätten, hiegegen scheint uns die Geschichte Protest einzulegen.


II.

 Das landesherrliche Kirchenregiment ist nicht divino jure, es stammt auch nicht aus dem Wesen der Kirche unmittelbar, es ist uns nicht als obligate Institution von den Reformatoren für alle Zeiten hinterlassen. Wir sind auch nicht unbedingte Lobredner desselben. Wenn aber etwas gegenwärtig zu seinem Gunsten gesagt werden kann, so wollen wir uns darüber freuen; denn des Tadels erfährt es ohne dieß genug, wir fürchten fast zu viel. Es ist gewiß richtig, wenn man dasselbe eine Zeitschöpfung nennt, da ja dieß jede Kirchenverfassung ist. Jede Kirchenverfassung ist das Resultat eines innern, der Kirche einwohnenden Bildungstriebes, ist aber zugleich unter der Mitwirkung rein natürlicher und geschichtlicher Factoren entstanden. Es ist lutherische Grundanschauung, daß es kein göttlich gegebenes Verfassungsgesetz gibt. Es ist unlutherisch, zu behaupten: „die unsere arme Zeit so schwer und schmerzlich verwirrende Verfassungsfrage ist für das ganze Gebiet der lutherischen Kirche symbolisch, bis zum Nachweis der Schriftwidrigkeit, also endgiltig entschieden.“ Es ist uns aber auch schon zu viel gesagt, wenn behauptet wird, der Summepiskopat sei von den Reformatoren nur als zeitlicher Nothbehelf in die Entwicklung hereingenommen worden. Jedenfalls verdanken wir es dann diesem Nothbehelf, daß das Evangelium für Deutschland gerettet und diesem nicht das Schicksal Frankreichs bereitet worden ist. Es