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haben oder von mir mit genügendem Material nicht belegt werden können. So im Falle des Diabetes, dessen hereditäre Bedeutung allgemein anerkannt ist. Auch die Konstatierung einer Minderwertigkeit der Bauchspeicheldrüse respektive ihres nervösen Anteiles in der Medulla oblongata dürfte auf geringen Widerspruch stoßen. Wichtiger erscheint mir die prinzipielle Feststellung, daß in Diabetikerfamilien der Ernährungstrakt minderwertig geraten ist, was bei den einzelnen Familienmitgliedern nicht immer am Pankreas, sondern an den verschiedensten Stellen dieses Apparates und seiner zugehörigen Teile, an Mund, Zähnen, Rachen, Magen, Leber, Darm, After in verschiedenster Stärke zum Ausdruck kommen kann. In diesem Zusammenhange halte ich es für nötig, auf die häufigen Magendarmbeschwerden bei Diabetikern hinzuweisen, als insbesondere auf den häufigen Mangel des Gaumenreflexes, die eine tiefgreifende Veränderung des ganzen Ernährungstraktes beweisen. Die Zusammenhänge des Diabetes mit Fettleibigkeit, Gicht und Cholelithiasis, das alternierende Auftreten dieser Erkrankungen in einzelnen Familien bestehen nur auf der gemeinsamen Grundlage einer Minderwertigkeit des Magendarmapparates. Andere Gruppierungen, wie Tuberkulose, Gefäßerkrankungen, Hautaffektionen, Nierenveränderungen, Morbus Basedow, Neurosen, die sich bei Diabetikern nicht selten finden, werden wir als den Ausdruck der gleichzeitigen Minderwertigkeit eines zweiten Organes betrachten, das durch die diabetische Stoffwechselstörung mehr oder minder belastet sein kann.

0. C. erkrankte im 13. Lebensjahre an schwerem Diabetes. In der frühen Kindheit bis zum 5. Lebensjahre litt er an unfreiwilligem Stuhlabgang, späterhin an Obstipation und Diarrhöen. Im 12. Lebensjahre trat eine heftige Furunkulose auf, die den Verdacht auf Diabetes erweckte. Der Vater litt in jüngeren Jahren an Cholelithiasis, neigt zu Fettleibigkeit und ist seit vielen Jahren von hartnäckiger Obstipation geplagt. Die Mutter zeigt häufige Rezidiven von Urticaria. Eine Schwester leidet an Hysterie. Die Analyse des Falles ergibt sich aus dem vorherigen. Die Minderwertigkeit des Darmapparates stammt von der väterlichen Linie, die sich ganz allgemein durch Fettleibigkeit auszeichnete. Dazu liefert die Mutter die unterwertige Haut, die den Boden der Furunkulose abgibt. Keines der 4 Familienmitglieder zeigt einen Gaumenreflex, der Rachenreflex ist nur schwer zu erzielen.

Eine Theorie des Diabetes muß sich auf die Annahme einer minderwertigen Bauchspeicheldrüse stützen. Die mangelhaften pathologischen Befunde bei dieser Erkrankung sprechen für eine vorwiegend

Empfohlene Zitierweise:
Alfred Adler: Studie über Minderwertigkeit von Organen. Urban & Schwarzenberg, Berlin und Wien 1907, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AdlerStudie.djvu/33&oldid=- (Version vom 31.7.2018)