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die Charakterzüge, insbesondere die neurotischen, als psychische Mittel und Ausdrucksformen dazu, die Rechnung des Lebens einzuleiten, Stellung zu nehmen, im Schwanken des Seins einen fixen Punkt zu gewinnen, um das sichernde Endziel, das Gefühl der Überwertigkeit, zu erreichen.

Somit haben wir auch den neurotischen Charakter als den Diener eines fiktiven Zweckes entlarvt und seine Abhängigkeit von einem Endziel festgestellt. Er ist nicht selbständig aus irgendwelchen biologischen oder konstitutionellen Urkräften emporgeschossen, sondern hat Richtung und Zug durch den kompensierenden Überbau und durch seine schematische Leitlinie erhalten. Seine Aufpeitschung geschah unter dem Drucke der Unsicherheit, seine Neigung sich zu personifizieren ist der fragwürdige Erfolg der Sicherungstendenz. Die Linie des neurotischen Charakters hat durch die Zwecksetzung die Bestimmung erhalten, in die männliche Hauptleitlinie einzumünden, und so verrät uns jeder neurotische Charakterzug durch seine Richtung, dass er vom männlichen Protest durchflossen ist, der aus ihm ein unfehlbares Mittel zu machen sucht, um jede dauernde Erniedrigung aus dem Erleben auszuschalten.

Im praktischen Teil soll an einer Reihe von Fällen gezeigt werden, wie das neurotische Schema besondere psychopathologische Konstellationen hervorruft, und zwar durch das Erfassen der Erlebnisse mittelst des neurotischen Charakters.

Empfohlene Zitierweise:
Alfred Adler: Über den nervösen Charakter. J.F. Bergmann, Wiesbaden 1912, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AdlerNervoes1912.djvu/16&oldid=- (Version vom 31.7.2018)