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männlichen Prinzips die Flut der Argumente von der ursprünglichen Minderwertigkeit der Frau mit sachlicher Ruhe zurückgewiesen. Von meinen bisherigen Kritikern des „männlichen Protestes“ aber getraue ich mich häufig aus der Art ihrer Fechterstellung und ihrer hartnäckigen Missverständnisse den Nachweis zu führen, dass die übertriebene Wildheit ihres Angriffs in einer streng wissenschaftlichen Frage fast ebenso wie die Furcht vor dem Begriffe: „Hermaphroditismus“ auf einen alten Kindheitseindruck zurückführt, der ihnen eine stark betonte Weiblichkeit oder ein Zwittertum schreckend vorgetäuscht hat. Womit ich übrigens niemanden von einer wissenschaftlichen Kritik abzuhalten vermeine.

Es gibt übrigens kein besseres Reagens auf die neurotische Psyche, als die Frage nach der Wertung des anderen Geschlechts. Es wird sich herausstellen, dass jede stärkere Leugnung der Gleichberechtigung beider Geschlechter, die grössere Entwertung oder Überschätzung des anderen Geschlechtes unweigerlich mit neurotischen Bereitschaften und neurotischen Charakterzügen verbunden ist. Sie hängen eben alle von der neurotischen Sicherungstendenz ab, zeigen alle die deutlichen Spuren des wirksamen männlichen Protestes und legen Zeugnis ab von der prinzipiellen, abstrakteren Bindung an eine leitende Fiktion. Sie sind insgesamt Kunstgriffe des menschlichen Denkens, das eigene Persönlichkeitsgefühl zu erhöhen.

Es geht aus den Aufstellungen meiner Neurosenpsychologie hervor, dass ein weibliches Leben in der Zukunft, einem Manne untertan sein, entjungfert, verletzt zu werden, Kinder zu gebären, eine untergeordnete Rolle im Leben zu spielen, gehorchen zu müssen, im Wissen, im Können, an Kraft, an Klugheit zurück zu sein, schwach zu sein, Periode zu haben, sich dem Gatten, den Kindern aufzuopfern, eine alte, zurückgesetzte Frau zu werden, mit dem Gefühle der Angst und des Schreckens vorausempfunden wird und zwar sowohl bei männlichen als weiblichen disponierten Kindern. Wie dieser Schrecken vor der Zukunft egoistische Charakterzüge aufstachelt, ist im Vorigen geschildert. Einen prägnanten Fall eines kleinen Mädchens habe ich in der „Disposition zur Neurose“ (l. c.) charakterisiert.

An dem Falle einer Patientin mit Magenneurose kann ich nun ein Verhalten zeigen, das sich regelmässig in der psychischen Entwickelung neurotischer Patienten findet. Es betrifft das Vorausdenken, oft das Vorausempfinden und Ahnen all der zu erwartenden Nachteile. Man findet diese Neigung schon im frühen Kindesalter, wo sie im Falle von Organminderwertigkeiten und deren Übeln stark genährt wird. Häufig erscheint dafür die Zeit vor dem Schlafengehen in Anspruch genommen, und es ist dann nicht weiter auffällig, wenn ein Traumbild diesen Versuch des Vorausdenkens, oft in schreckhafter Form, weiterspinnt. Nur dass der Traum, ähnlich wie die Neurose, einen Zustand des Fühlens, Empfindens — wie bei der Halluzination — herbeiführt, der ein Vorausfühlen bedeutet, parallel dem Vorausdenken im wachen Zustand. Die halluzinatorische Erregbarkeit ist, wie ich schon in der „Studie über Minderwertigkeit von Organen“ (l. c.) hervorgehoben habe, eine erweiterte Fähigkeit des zu Kompensationszwecken überanstrengten, übertrainierten Gehirns, dient der neurotischen Sicherungstendenz und verdankt seine Darstellbarkeit im Bewusstsein dem tendenziösen Gedächtnis und der neurotischen, vorsichtigen Apperzeptionsrichtung. — Das kindliche,


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Alfred Adler: Über den nervösen Charakter. J.F. Bergmann, Wiesbaden 1912, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AdlerNervoes1912.djvu/126&oldid=- (Version vom 31.7.2018)