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Welche schreyende Ungerechtigkeit in der Verurtheilung derjenigen Menschen, welche ein untadelhaftes Leben geführet, und nur das Unglück gehabt haben, daß man sie auf einem Freudhof erst eingegraben, nachdem schon vorher eine angegebene Hexe allda zu Grabe gebracht worden! man erkläret sie für Hexen und Zauberer. Man übergiebt sie dem Schinder, damit er ihre Leiber verbrenne. Man setzt so gar in das Urtheil, daß man sie weit schärfer wurde gezüchtiget haben, wenn sie noch lebendig wären. Man verbrenne aber ihre Leiber mit Spott und Schande, damit dieses ihren Mitgehilfen zum Beispiele diene. [1]

Wo sind die Gesetze, welche einen solchen Ausspruch rechtfertigen? Man bekennet, es seyen keine Gesetze vorhanden, hingegen zieht man zur Rechtfertigung ganz kaltsinnig an: es sey also der Gebrauch. [2]


  1. m) Acht und zwanzig Körper waren es, die in Zeit 18. Monaten in dem nemlichen Freudhofe, wo die vermeinte Hexe ist begraben worden, ihre Ruhestatt hatten. Alle wurden ausgegraben. Neune davon bekamen Gnade, die andere aber, nachdem sie durch ein Loch der Mauer des Freudhofes hinausgeschleppet worden, wurden dem Henker übergeben. Dieser brachte sie auf Schlitten in einem eine Stund vom Dorfe entlegenen Wald, wo er, um sie zu verbrennen, 200. Schuh Holz verbrauchte. Die Schlitten, der Werkzeug, alles, was zu dieser Verrichtung gedienet hat, mußte verbrennet werden.
  2. n) Unterschiedliche wunderbarliche Geschichten von Erscheinungen und Schäden, welche (wie man aussprengte) die Vampyren in Mähren sollten verursachet haben, gaben dem Herrn Carl Ferdinand von Scherz Anlaß ein Buch zu schreiben mit dem Titel: Magia Posthuma; welches der Verfasser dem Fürsten Carl Bischoffen von Olmütz zugeeignet hat, und im Jahre 1706. gedrucket wurde. Er erzählet darinne besondere Schäden, die die Einwohner von einem gewissen Dorfe, (es scheinet, es sey das nemliche, in welchem der obbesagte neue und seltsame Proceß ist angestellet worden) glaubten, daß sie ihnen von einem andern Weibe, welches dortmals gestorben, und eben auch mit den Heiligen Sacramenten der Kirche versehen worden ist, seyen verursachet worden. Schlüßlich wirft der Verfasser eine rechtliche Frage auf: gesetzt, daß diese Schäden (wie man gewiß dafür hielt) von besagtem Weibe herkämen, ob es erlaubt sey, es auszugraben, und andere dergleichen verdächtige Körper zu verbrennen.
Empfohlene Zitierweise:
Gerard van Swieten: Vampyrismus von Herrn Baron Gerhard van Swieten verfasset, aus dem Französischen ins Deutsche übersetzet, und als ein Anhang der Abhandlung des Daseyns der Gespenster beigerücket. In: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus (Andreas Ulrich Mayer), Augsburg 1768, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abhandlung_des_Daseyns_der_Gespenster.djvu/198&oldid=- (Version vom 31.7.2018)