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Ich habe vor einigen Monaten eine kleine englische Abhandlung gelesen, welche im Jahre 1751. zu Londen gedruckt ans Licht getretten, darinne fand ich einen merkwürdigen, und sehr wohl erwiesenen Zufall. Im Monat Februarius 1750. eröfnete man in der Grafschaft Devonshire in Engelland die Begräbniß einer alten Familie, und zwischen vielen Gebeinen, auch vermoderten Sargen fand man einen noch ganzen hölzernen Sarg. Man eröfnete denselben aus Vorwitz, und fand einen ganzen Körper eines Menschen darinne, dessen fleischliche Theile noch ihre natürliche Festigkeit hatten, die Gliedmassen aber, als Achsel, Ellenbogen, auch alle Finger sehr bügsam waren. Wenn man das Gesicht drückte, so wich es dem Finger, und hob sich nach der Drückung wieder. Eben dieses beobachtete man am ganzen Leibe. Der Bart war schwarz, und bis vier Zoll lang. Der Körper war einbalsamirt. Denn man wurde weder


 den PP. Kapuzinern zu Palermo in Sicilien zuträgt. Sie bestätiget, was ich behaupte, daß nemlich jeweniger sich Unflath in dem menschlichen Körper befindet, desto härter die Gährung und folglich die Fäulung ankomme. Einer von diesen Vättern (ohne Zweifel ein vornehmer Naturkündiger) hat ein Mittel erfunden, kraft welches die Fäulung der menschlichen Körper nach dem Tod, auf viele Jahre, und vielleicht Jahrhunderte, kann verhindert werden. Das Geheimniß, oder Secret, welches er dazu brauchet, ist eine schlechte Sache. Er setzet die entseelten Körper auf einen durchlöcherten Stuhl; und nachdem er die hintere Oeffnung in die Runde aufgeschnitten, gehet durch diese Mündung alle Feuchtigkeit, und Unreinlichkeit, die nach der Fäulung trachtet, von sich selbsten aus dem Leibe hinaus. Alsdenn machte er die Mündung zu, und richtet den Körper in jene Stellung, in was für einer man will, daß er bleiben soll. In diesem Stande erhält sich ein solcher Körper, wo nicht Jahrhundert, wenigstens sehr viele Jahre. Die unterirdische Kirche dieser Vätter ist voll dergleichen Körper mit überall beigeschriebenen Namen, den sie in Leben gehabt haben. Dieses Trauergesicht, gleichwie es eine Gelegenheit der Demüthigung ist für die Menschlichkeit, so ist es doch auch eine besonders seltene Sache, und kann denjenigen wunderlich vorkommen, die dessen Ursache nicht erkennen.“
Empfohlene Zitierweise:
Gerard van Swieten: Vampyrismus von Herrn Baron Gerhard van Swieten verfasset, aus dem Französischen ins Deutsche übersetzet, und als ein Anhang der Abhandlung des Daseyns der Gespenster beigerücket. In: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus (Andreas Ulrich Mayer), Augsburg 1768, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abhandlung_des_Daseyns_der_Gespenster.djvu/191&oldid=- (Version vom 31.7.2018)