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Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus

zuruck zu ziehen, und gegen die Oberherrschaft des Willkührs zu rebelliren. Die Hände beben, die Knie wanken, die Lippen zittern, die Nerven werden entseelt, und die Seele scheinet aus dem Körper zu fliehen, den sie wie einen Leichnam in tiefer Ohnmacht hinsinken und liegen läßt. Solche entsetzliche Auftritte machet der Schrecken. Und welches sind die Folgen dieses entsetzlichen Auftritts? Da diese wüthende Leidenschaft gerade auf das Herz geht, muß natürlicher Weise die ganze Natur zerrüttet werden. Dahero ist es kein Wunder, daß durch die Gewalt dieses gefährlichen Feindes Schlagflüß, Krämpfe und die gräßlichsten Convulsionen entstehen, und daß durch dessen gewaltsamste Wirkungen sowohl Kinder als Erwachsene erstarren, verstummen, Gedanken, Empfindung, Bewegung und Leben verliehren. Es wurde ein leichtes seyn alle diese Wirkungen der Furcht und des Schreckens mit Geschichten zu belegen, die die Geisterfreunde als Braxter in seiner Gewißheit der Geister, der frostige Verfasser der Sammlungen von Gespenstergeschichten, Lavaterus de Spectris und andere zusammen getragen; da ich aber durch neue Gespenster-Begebenheit die Gedult des Lesers ermüden wurde, so will ich mich nur auf die tägliche Erfahrniß berufen, und das Zeugniß der Aerzte zu Hilf nehmen, welche einmüthig aussagen, daß durch den Schrecken vor den Gespenstern dergleichen Uebeln entstehen können, und oft entstanden seyn. Alle diese Uebeln aber, und alle diese Schäden, die den Körper treffen können, sind der Gespenster läugnenden Meinung und ihren Vertheidigern unbekannt. Sie glaubet an kein Gespenst, und weis also nichts von einer Furcht. Ein Getös, so andere schrecket, läßt sie mit Verachtung, als einen natürlichen Zufall vorübergehen. Ein Schatten der dem ängstigen Gespensterfreund ein Ertattern verursachet, siehet sie als ein Schatten an, und da sie von keinem Gespenst nichts wissen will, und nicht glaubt, daß der gütige HErr der Natur

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Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus. , Augsburg 1768, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abhandlung_des_Daseyns_der_Gespenster.djvu/169&oldid=- (Version vom 4.8.2020)