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Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus

an die Hand, ein solches Werk dem Teufel zuzuschreiben. Daß es in der Medicin auf gleichen Schlag hergehe, liegt zu Tage; denn nicht allein in den alten Zeiten, sondern auch noch heutiges Tages bei vielen Aerzten die schlimme Gewohnheit eingerissen, daß, wenn die Ursache der Krankheit etwas von dem gemeinen Wege abweichet, und etwas ungewöhnliches anzuzeigen scheinet, man alsogleich die Sache ohne Bedenken auf den Teufel schiebet. Eben also ist es auch dieser Krankheit dem Nachtmännlein oder dem Alp ergangen. Der arme Teufel!

Es ist also nach Meinung dieses gelehrten Arzten der Alp keine Erscheinung von dem Teufel und kein Gespenst, sondern, wie der trefliche Sylvius Prax. med. L. II. c. 32. schreibet, nur ein Uebel, das den Menschen im Schlafe sehr drücket, als wenn ihm ein große Last auf der Brust lege, und ersticken wollte. Aber woher kommet dann der Alp? und wie kann ein solches Ubel den Menschen mit Striemen und blauen Flecken bezeichnen? Diese Fragen beantwortet der angenehme und grundgelehrte hamburgische Arzt Unzer in seiner medicinischen Wochenschrifte der Arzt genannt. In dem 4ten Theil p. 543. redet er also: Den Alp muß ich in die Reihe der Undinge setzen, nachdem die Aerzte gefunden haben, daß ein ängstlicher Traum, welcher von ganz natürlichen Ursachen herrühret verschiedene Gewaltthätigkeiten an einem Schlafenden ausüben kann. Wenn vollblütige Leute mit dem Kopf zu niedrig, oder zu lange auf dem Rücken liegen, so empfinden sie eine Beängstigung, weil ihnen das Athemholen beschwerlich wird, und diese beschwerliche Empfindung setzet die Einbildungskraft in Bewegung, welche sich mit leichter Mühe Gespenster und Unholden erdichtet, denen man die Quaalen zur Last leget, die man aus sich selbsten leidet. Daß dieses alles die Wahrheit seye, erhellet daraus, weil sich ein jeder den Alp durch die Kunst machen kann,

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Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus. , Augsburg 1768, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abhandlung_des_Daseyns_der_Gespenster.djvu/118&oldid=- (Version vom 14.2.2021)