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Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus


andere griechische Weltweise haben die Lehre von der Seele und von den Gespenstern in ihr Vaterland überbracht. Die Priester des Heydenthums und die Poeten haben sie mit neuen Zusätzen vermehret und ausgeschmücket. Sie erdichteten Gottheiten, wie es ihre zügellose Einbildungskraft ihnen einflößete. Sie fanden um somehr Anbether, je größer das Ansehen der Erstern, je besser die Erfindung der Zweyten war. Vorzüglich hat der dichterische Witz der Poeten das Götter- und Gespensterreich ansehnlich erweiteret. Sie wußten sehr geschickt ihre Erfindungen mit Worten einzukleiden, die erdichtete Gottheit zwischen den Inhalt ihrer Gedichte einzuflechten, und voll des Witzes und Reitzung zu mahlen, zu rühren, und ohne Schwulst erhaben vorzustellen. Sowohl die alten als neuen Götter müßten den Himmel verlassen. Nur der gute Momus hüttete beständig den Himmel. Man raumte ihm zwar das Vergnügen ein, daß er ohne Scheu die Fehler der Götter mit einer beissenden Spötterey beschnarchen darfte. Sie sind den Menschen erschienen, und es war schier kein Gott, keine Göttinn in dem Himmel, welche nicht auf der Erde eine Liebesbegebenheit hatte; woher alsdenn die Halbgötter, Menschen, die von Göttern mit Menschen gezeuget, oder von Göttinnen gebohren worden, entsprungen sind. p)[1] Diese Halbgötter begleitete allzeit der Schutz ihrer himmlischen Eltern. Sie erschienen öfters denselben, und brachten ihnen thätigen Beistand, oder sie erschreckten die Feinde durch ihre Erscheinung.


  1. p) Auch der große Alexander war klein genug, dass er glaubte, er sey von Jupiter Hamon erzeuget worden. Dahers, weil dieser Gott mit Hörner auf dem Kopfe gebildet wurde, wollte er auch, daß man diesen Zierrath seinen Bildnissen beifügete. Da kömmt es her, daß der fabelhafte Alkoran den Alexander bicornem, oder Zweyhörnichten nennet. Der leichtglaubige Plutarch im Alexanders Leben p. 1248. erzählet, daß Jupiter unter der Gestalt einer Schlange, mit der Olympias
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Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus. , Augsburg 1768, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abhandlung_des_Daseyns_der_Gespenster.djvu/017&oldid=- (Version vom 15.2.2020)