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Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus

Reihe der Götter übersetzet. Niederträchtige Seelen aber, die den sinnlichen Gelüsten nachgelebet haben, hätten sich mit der thierischen Seele so enge vereiniget, daß sie sich von selber nicht losbinden könnten: sie müßten also nach dem Urtheile der Götter entweders mit ihrer Seele in die Hölle hinunterrollen, oder aber, wie Plato und Plutatch c)[1] vermeinen, bei ihren Gräbern auf dieser Erde herumschwärmen, bis gleichwohl die unsterbliche von der thierischen Seele rein, und befreyet wäre. Da nun sowohl die zu reinigende, als die ewig zu peinigende Seelen (welche unter dem Worte Larven vorkommen) sich zur Strafe bei ihren Gräbern auf der Erde aufhalten, wären sie öfters den Menschen erschienen, und hätten sich sichtbar dargestellet. d)[2] Doch stimmete die Lehre, welche die Heyden von der Seele hatten, nicht überein. Einige glaubten, daß die Seele den Leib so sehr liebe, daß sie von ihm nicht anders als durch die Fäule könne getrennet werden. Weil sie aber auch der groben Lehre der Seelenwanderung, e)[3] welche


  1. c) Plato in Phoedone, und Plutarch de facie in orbe Lunae.
  2. d) Qui vero ob adversa vitae merita nullis bonis sedibus, incerta vagatione, ceu quodam exilio punitur, inane terriculamentum bonis hominibus, … id genus plerumque larvas perhibent.
    Und Papias de his Daemonibus saget: Quorum natura esse dicitur terrere parvulos, & in angulis tenebrosis garrire. Ich will hier zur Nachlese des Ludov. Vives Comment. in c. II. l. IX. S. Augustini de civit. Dei anbefohlen haben, wo er die Begriffe von den Worten Genius, Lemur, Larva, Manes, Daemon, sehr gelehrt entwickelt, und dem Leser vieles Licht geben kann.
  3. e) Die Lehre von der Seelenwanderung hat nach Zeugniß Herodatus in Euterpe L. II. ihren Ursprung in Egypten gefunden, und Pythagoras war der erste, der sie in Griechenland überbrachte. Er erkannte, daß die Seele unsterblich sey. Er hielt aber zugleich davor, daß sie in der Luft von einem Orte zum andern herum irre. Daß sie sich ohne Unterscheide des ersten Körpers bemächtigte, der ihr begegnet.
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Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus, Augsburg 1768, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abhandlung_des_Daseyns_der_Gespenster.djvu/012&oldid=- (Version vom 31.7.2018)