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Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus

in seinen Urtheilen paaret, diesen Fehltritt des Verstandes uns verzeihen werde. Denn dieser Unvollkommenheit in Bestimmung einer ächten Erklärung eines Gespenstes müssen sich die gelehrtesten Männer unterwerfen.


2. §.
Vom Ursprunge der Gespenster.

Die Sündfluth ergoß sich über das ganze schuldige menschliche Geschlecht, um dessen Bosheit zu bestrafen. Sie hat sich wiederum gesetzet, aber die Bosheit der Menschen schwang sich nach selber noch höher empor. Wollen wir dem Alexandriner Bischofen Cyrillus a)[1] glauben, so war die Abgötterey vor dem Sündfluße eine unbekannte Sache. Nach demselben aber hat die undankbare Welt ihren Schöpfer verlassen, und sich GOttheiten erdichtet, die Undinge sind. Starke Finsternissen und scheußliche Wolken bedeckten die Welt, unter welchen der rohe Mensch seinen Sinnlichkeiten nachlief, und sogar das Licht der Natur unterdrückete.

Die Egyptier glaubten, die GOttheit regiere die Welt nicht unmittelbar, sondern durch untergeordnete Götter, die ihren Sitz in der Sonne, im Mond und Meer, und auf der Erde hatten; die den Einfluß aus dem Gestirne herabschicketen, und Gnaden austheilten, worauf das menschliche Schicksal beruhe. Diese war die Denkensart, diese waren die irrige Begriffe jener Völker, nach welchen sie sich selbsten Bildnissen entwarffen, oder am mindesten Sinnbilder vorstelleten, von denen man in der Folge der


  1. a) Tom. 3. lib. 3. contra Julian.
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Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus, Augsburg 1768, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abhandlung_des_Daseyns_der_Gespenster.djvu/010&oldid=- (Version vom 31.7.2018)