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in dem zaubervogelmärchen nicht in zweifel ziehen. Es erscheint natürlich, dass schon in der urform des märchens auch von dem hervorbringer des goldes etwas besonderes erzählt worden ist. Dass das abenteuer in Europa so allgemein ist, lässt sich wohl verstehen. Die geschichte von den wunderbaren früchten hat seine stellung befestigt, indem sie es zugleich neu gestaltete.

Die urform. Auf grund unserer betrachtung erhalten wir für das volkstümliche märchen folgende urform:

Das schicksal macht einen armen mann zum besitzer eines goldeier legenden wundervogels. Der mann verkauft die kostbaren eier und wird reich. Einmal geht er auf reisen und lässt den vogel seiner frau zur pflege zurück. Unterdessen kommt der käufer der eier (?) zu der frau und verlockt sie durch ein liebesverhältnis ihm den wunderbaren vogel zur mahlzeit zuzubereiten. Der vogel birgt eine wunderkraft derart, dass, wer den kopf des vogels isst, herrscher wird, und dass dem, der das herz (?) verzehrt, während des schlafens unter dem kopfe (?) gold erscheint. Der vogel wird zugerichtet, fällt aber durch zufall den beiden söhnen des verreisten hausherrn in die hände, und die jungen essen ohne von der wunderbaren eigenschaft des vogels zu wissen, den kopf und das herz. Der liebhaber aber verliert die hoffnung nicht. Er weiss, dass ein braten, der aus den verzehrern des vogels zubereitet wird, dieselbe wirkung hat wie der gebratene vogel selbst, und verlangt, dass die jungen geschlachtet verden, wozu er auch die einwilligung der mutter erhält (?). Die jungen machen sich indes aus dem staube und entgehen auf diese weise dem mordanschlag. Der den kopf gegessen hatte, gelangt in ein reich, wo nach dem ableben des alten herrschers gerade ein neuer gewählt wird. Er wird herrscher. Dem anderen jungen wird gold zuteil. Er bekommt mit einem mädchen und einem alten weibe (?) zu tun. Das mädchen hintergeht ihn, der junge aber bestraft die betrügerin, indem er sie durch ein zaubermittel in einen esel verwandelt, der durch schwere arbeit geplagt wird (?); schliesslich macht er den esel wieder zu einem menschen. Die jungen bestrafen ihre mutter (?).


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Antti Aarne: Vergleichende Märchenforschungen. Société Finno-ougrienne, Helsingfors 1908, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aarne_Vergleichende_M%C3%A4rchenforschungen.djvu/207&oldid=- (Version vom 31.7.2018)