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die sehr beliebt geworden war und sich weiter verbreitung erfreute. Dieses verlockende beispiel bestimmte den verfasser ebenfalls gerade eine reisebeschreibung zu liefern. Und er hat das genannte werk noch in anderer weise nachgeahmt, indem er z. b. Fortunatus fast alle die länder besuchen lässt, die Montevilla durchwandert[1]. Lázár sagt, er habe sogar einzelne beschreibungen daraus entlehnt[2].

Gehen wir hiernach zur variante der Gesta Romanorum über, so finden wir darin manche punkte, die das mündlich überlieferte märchen entweder gar nicht oder nur gelegentlich kennt. Die halskette kommt unter den zaubergegenständen in keiner einzigen von unseren varianten vor, ebensowenig die eigenschaft „von allen geliebt“, und der ring und „bekommt, was man sich wünscht“ haben sich aus dem zauberringmärchen in einige varianten verirrt (ersterer: Ad 2, Dd 9*, 11, Fd 4*, Ha 4, Hb 2, letzteres: Ad 2, Ai 6, Dd 12). Ganz unbekannt ist dem volkstümlichen märchen desgleichen die mutter, die dem jungen die zaubergegenstände giebt, während er sie nach und nach verliert, sowie die geschichte von den zwei wässern, von denen das eine das fleisch von den knochen löst, das andere heilt. Das volkstümliche märchen weiss auch nichts von dem aussätzigwerden noch von der heilung des königs vom aussatz.

Einige momente in der erzählung der Gesta Romanorum beweisen, dass sie gegen das volkstümliche märchen gehalten als verderbt zu betrachten ist. Die episode von den zwei wässern ist ein deutlicher abklatsch der wunderbaren früchte. Auch der schlussteil des literarischen märchens ist unserer ansicht nach im vergleich mit dem volkstümlichen ein jüngeres gebilde. Das auftreten des helden des märchens als arzt des mädchens beruht darin lediglich auf einem zufall: als er mit den wunderbaren früchten und wässern anlangt, ist das mädchen zufällig schwer krank. Natürlicher erzählt das volkstümliche märchen: Nachdem der held des märchens


  1. Görres, Die teutschen Volksbücher (Heidelberg, 1807), s. 82.
  2. Lázár, s. 50.
Empfohlene Zitierweise:
Antti Aarne: Vergleichende Märchenforschungen. Société Finno-ougrienne, Helsingfors 1908, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aarne_Vergleichende_M%C3%A4rchenforschungen.djvu/152&oldid=- (Version vom 31.7.2018)