Seite:AAV Krönungsfahrt Friedrich III 1442 Brüning.pdf/13

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Herzöge und Grafen, Freiherren, Ritter und Knechte nahmen an dem Mahle teil, auch viele Gäste aus England und Burgund, aus Savoyen, Frankreich und andern Königreichen. Und sie assen alle königliche Speise. Die Herolde trugen diese auf[1]. Trompeter, Pfeifer und sonstige Spielleute in grosser Zahl liessen während des Mahles ihre Weisen erklingen. Nach Beendigung desselben wollten die Diener des Erzbischofs von Köln die golddurchwirkten Tücher, mit denen die Tische gedeckt waren, die Becher und andere kostbare Tafelgeräte an sich nehmen. Man verwehrte es ihnen aber.

Das Rathaus nennt den Berichterstatter „allerhubsch“, wie er seines gleichen weder aus eigener Anschauung noch von Hörensagen kannte. Es ist von Steinwerk erbaut und vor ihm steht einer schöner Brunnen, gleichfalls von Steinwerk. Am Krönungstage liess der König einen ganzen Ochsen für die Volksmenge braten, dessen Hörner und Klauen vergoldet waren. In dem Ochsen befanden sich ein Kalb, ein Schwein und eine Henne. Aus einem Hause lief durch ein Rohr vom Frühmahl bis nach der Vesper Wein. Auch für Brotvorrat war gesorgt, so dass arm und reich gespeist werden konnte. Da frohlockte jedermann, ob edel oder unedel, und die ganze Gemeinde, dass Gott ihnen einen königlichen Herrn gegeben habe. Auch hat der König in Aachen ein Haus und eine Chorherrenpfründe für seinen dortigen Aufenthalt.

Montag den 18. und Dienstag, den 19. Juni verlieh der König in Gegenwart der Kurfürsten, dem Pfalzgrafen bei Rhein, dem Herzog von Sachsen, dem Markgrafen von Brandenburg und dem Herzog von Berg unter grossen Feierlichkeiten ihre Lehen. Der Pfalzgraf empfing seine Lehen mit drei Bannern, der Herzog von Sachsen mit dreizehn, der Markgraf von Brandenburg und der Herzog von Berg mit vier[2]. Am Mittwoch wurden dem König die Heiligtümer vorgezeigt.


  1. Über die Tischordnung vgl. ZAG Bd. IX, S. 212 und Joh. Hub. Kessel, Das Rathaus zu Aachen S. 78 ff.; bezüglich des Auftragens der Speisen vgl. R. Pick a. a. O. S. 295 und 298 f.
  2. Dem heidnischen Germanenheer deuteten heilige, fahnenartig an Speerstangen befestigte Zeichen die persönliche Anwesenheit des Kriegsgottes Ziu, des Mars Thingsus an. Auf diese symbolische Bedeutung der Fahnen bezog sich die Bezeichnung als bandva (signum), woraus durch Vermittelung der romanischen Sprachen unser Banner abgeleitet ist. Im spät-mittelalterlichen Reichsheer zerfiel das Heer in die einzelnen Kontingente, deren Herren als Bannerherren ein eigenes von dem Reichsbanner verschiedenes Banner führten. Bei den Belehnungen weltlicher Fürsten war das Banner, die an der Speerstange befestigte Fahne, das Investitursymbol, das Wahrzeichen des königlichen Hoheitsrechtes, das übertragen wurde. Die weltlichen Fürstentümer wurden zu „Fahnenlehen“. (R. Schröder, Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte SS. 31, 387 499). Die Erteilung der „Fahnenlehen“ bot eine Veranlassung der öffentlichen Darstellung königlicher Majestät und war bei jeder Krönung das grösste Fest. Wir schildern sie hier mit den Worten Gustav Freytags, die bei ihrer mustergültigen Anschaulichkeit eine Umschreibung nicht vertragen. „Auf dem Platz der Reichsstadt (in Aachen auf dem heutigen Markt) wurde ein Gerüst errichtet, mit breiten Stufen, es musste unter freiem Himmel sein und es
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Brüning: Die Aachener Krönungsfahrt Friedrichs III. im Jahre 1442. Cremersche Buchhandlung, Aachen 1898, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AAV_Kr%C3%B6nungsfahrt_Friedrich_III_1442_Br%C3%BCning.pdf/13&oldid=- (Version vom 2.5.2024)