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an. Nachdem der König niedergesetzt war[1], trat der Erzbischof von Mainz auf seine rechte Seite, der von Trier auf seine linke Seite. Die weltlichen Herren standen hinter einander auf der linken Seite. Letztere trugen alle lange Mäntel von rotem Sammet mit hermelingefütterten Chorkappen oder Gugelein[2] und auf dem Kopf scharlachene Hauben, die gleichfalls mit Hermelin gefüttert waren. Darauf traten neben den König der Herzog Ludwig, Pfalzgraf bei Rhein, mit dem Reichsapfel, der Herzog von Sachsen mit Kaiser Karls Schwert, mit dem der König nach der Messe manchen zum Ritter schlug, und der Markgraf von Brandenburg mit dem Szepter. „Es was alles wolbestelt.“ Als die Epistel zu Ende war, da hub der Erzbischof von Köln an zu krönen. Er übergab dem König das Reichsschwert. Danach sang man versus und versiculi, und die Kurfürsten schwuren dem König den Eid der Treue und dieser denselben Eid dem heiligen römischen Reich. Darauf begannen zwischen der Epistel und dem Evangelium die drei Erzbischöfe den König mit dem heiligen Öl zu salben. Das dauerte fast anderthalb Stunden. Dann setzte man ihm die Krone auf und überreichte ihm den Reichsapfel und das Szepter[3]. Nachdem


  1. Auf einen im Chor des Münsters errichteten Königssitz.
  2. Die Kogel, ein im Hochdeutschen veraltetes, aber noch in einigen oberdeutschen Gegenden übliches Wort, das eine Art Kopfputz, besonders des weiblichen Geschlechts, bezeichnet; er hatte eine kugelförmige Gestalt und wird deshalb von ältern Schriftstellern Gugel oder Kugel genannt, besonders wenn es sich um die Kappen, wie sie z. B. die Mönche, die Bergleute u. a. an ihren Kleidern trugen, handelte. (Vgl. Johann Christoph Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der hochdeutschen Mundart. Leipzig 1796.)
  3. Die Schicksale der deutschen Reichskleinodien sind wechselreich und teilweise noch dunkel. Nach allgemeiner Annahme kann man unter den Karolingern an eigene vererbliche Reichsinsignien kaum denken. Erst unter den Sachsenkaisern, besonders unter Otto dem Grossen, tritt eine zuverlässige Kunde von solchen auf. Bis zu den Tagen der Hohenstaufen bewahrte jeder der gekrönten Besitzer die Insignien an eignem Orte auf; so werden genannt unter den sächsischen Kaisern: Merla oder Tilleda und Kyffhausen; das Reichsschloss zu Nürnberg, die kaiserliche Pfalz Hagenau im Elsass, Unter den Hohenstaufen das feste Reichsschloss Trifels, welches die Auszeichnung bis zum Interregnum genoss. Friedrich II. verlor bei dem Überfall zu Vittoria einen Teil der Krönungsinsignien an die Bewohner von Parma; ein anderer Teil ging durch Brand während der Anwesenheit Wilhelms von Holland in Aachen zu Grunde. Erstere ersetzte Friedrich II. aus Sicilien, woher die sarazenischen Ornamente und Inschriften auf den deutschen Reichskleinodien sich erklären, letztere liess Richard von Cornwallis für seine Krönung aus England kommen (vgl. AHVN Bd. XXXV, S. 77 f.) Rudolf von Habsburg brachte sie auf sein festes Schloss Kyburg in Sicherheit; Albrecht I. liess sie dort. Dann hatten sie vielerlei Aufenthaltsorte: unter Ludwig dem Baiern in München, unter Karl IV. auf dem Hradschin zu Prag, unter Wenzel auf Schloss Karlstein in Böhmen, unter Siegmund gar in Ungarn. Das erregte jedoch den Unwillen der deutschen Fürsten und auf ihr Andringen wurden sie 1424 von zwei Nürnberger Ratsherren nach Nürnberg gebracht. Hier ruhten sie unangefochten, obschon oft Gegenstand des Streites zwischen Nürnberg und Aachen (vgl. AHVN H. XVIII, S. 73 f.), bis zum Jahre 1796, wo sie von den Franzosen unter Jourdan, der Befehl hatte, sich ihrer um jeden Preis zu bemächtigen, so eben gerettet und nach Prag geschafft wurden. Dann ruhten sie lange zu Regensburg und 1818 fanden sie ein Unterkommen in der Hofburg zu Wien. Im Jahre 1848 verlangte
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Wilhelm Brüning: Die Aachener Krönungsfahrt Friedrichs III. im Jahre 1442. Cremersche Buchhandlung, Aachen 1898, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AAV_Kr%C3%B6nungsfahrt_Friedrich_III_1442_Br%C3%BCning.pdf/10&oldid=- (Version vom 1.5.2024)