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meist Wilhelm und nennen sich, wie es aller Vögte Brauch ist, nach dem Orte „von Aachen“. Die Schultheissen tragen den Namen Arnold und entstammen der edeln Sippe „von Gymnich“. Neben der weltlichen Obrigkeit haben auch die Vertreter der Kirche höchstes Ansehen. Die Mutterkirche ist unser ehrwürdiges Münster. Seine Würdenträger[1], Dechant, Propst, Scholaster, Kantor und Erzpriester, geniessen hohe Ehren. Erlauchte Männer haben diese Würden schon bekleidet. Der Erzpriester ist das geistliche Oberhaupt des Volkes. Das Stiftskapitel steht unabhängig neben den weltlichen Obrigkeiten. Als Korporation ist es älter als die bürgerliche Gemeinde. Es verwahrt deren Siegel, Urkunden und Privilegien[2]. Seine gelehrten Geistlichen amten als Archivare und Notare. Sie verwahren nicht bloss der Stadt Privilegien, sondern stellen deren auch aus, wenn es nötig ist[3]. Das Kapitel und seine Untergebenen sind von städtischen Lasten frei[4]. Zwischen Pfaffheit und Laien herrscht nicht immer gutes Einvernehmen[5]. Schon haben Aachener Ritter auf kaiserlichen Befehl bestraft werden müssen, weil sie an Stiftsherren des Münsters die frevelnde Hand gelegt haben[6]. Während das links der Wurm liegende Aachen zur Diözese Lüttich gehört, untersteht das „over Worm“ liegende Burtscheid mit seinem herabgekommenen Benediktinerstift[7] dem Erzbischofe von Köln. Das Volk ist seit Jahrhunderten zum Christentum bekehrt und durch seine Geschichte und seine Einrichtungen mit demselben enge verwachsen. Dennoch müssen einzelne Reste des Heidentums von der Kirche noch immer bekämpft werden. Man tanzt um den Maibaum[8] und veranstaltet aus heidnischen Anschauungen hervorgehende Aufzüge[9]. Daneben zeigen sich auch Kundgebungen tiefen Ernstes und grosser Frömmigkeit.

Gehen wir nun zu den Mitteilungen über, die Cäsarius


  1. Quix, Codex Nr. 40.
  2. Quix, Codex Nr. 166 und Lacomblet Bd. II, S. 92.
  3. Loersch, Achener Rechtsdenkmäler S. 3.
  4. Haagen, Geschichte Achens Bd. I, S. 148.
  5. Siehe S. 10.
  6. Quix, Beiträge Bd. II, S. 176, Annales aq.
  7. Quix, Die königliche Kapelle, Urk. 20.
  8. Siehe S. 10.
  9. Meyer, Aachensche Geschichten S. 249.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Pschmadt: Der „dialogus miraculorum“ des Cäsarius von Heisterbach in seinen Beziehungen zu Aachen. In: Aus Aachens Vorzeit, Heft 1/1900. Cremer, Aachen 1900, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AAV_Heisterbach_dialogus_miraculorum_Pschmadt.pdf/5&oldid=- (Version vom 15.8.2018)