Seite:AAV Heisterbach dialogus miraculorum Pschmadt.pdf/11

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

entstammte alten heidnischen Gebräuchen[1]. Der Stadtpfarrer Johannes bekämpfte also in dem Baume einen Rest heidnischer Anschauung. Ganz gewiss führten solche Feste auch oft zu Unordnungen anderer Art.

Der bei dem Vorgange auftretende Vogt Wilhelm wird zuerst in einer Urkunde von 1213 genannt. Er verwaltet die Vogtei bis 1249. In den Streitigkeiten zwischen Kaiser und Papst steht er auf Seiten des ersteren. Im Jahre 1230 stellt er dem päpstlichen Legaten, Kardinal Otto von St. Nikolaus, im tullianischen Kerker nach und nimmt den aus Preussen zurückkehrenden Bischof von Modena in Aachen gefangen. Noch im Jahre 1248 ist er die Seele der Verteidigung Aachens gegen König Wilhelm von Holland. Danach verschwindet sein Name in der Aachener Geschichte. Das Totenregister des Münsters erwähnt die durch ihn erfolgte Schenkung eines Hauses in der Kleinmarschierstrasse an das Münster und fügt hinzu, dass er vor der Kirche begraben worden sei[2]. Ob wir hier nun an eine Beerdigung in der Vorhalle des Münsters oder an eine solche auf dem heutigen Domhofe zu denken haben, bleibe dahingestellt. F. Jungbluth[3] meldet, man habe 1843 bei den Nachgrabungen im Münster in der Vorhalle an der südlichen Wand gegenüber dem an der nördlichen Seite befindlichen Grabe des Gerhard Chorus ein Grab gefunden, das er für das Grab des Schultheissen Arnold von Gymnich hält. Arnold war Zeit- und Gesinnungsgenosse des Vogtes Wilhelm. Beide handelten oft gemeinsam. Hat Jungbluth nun vielleicht den Schultheiss mit dem Vogt verwechselt? Oder woher stammt die Vermutung, das Grab in der Vorhalle sei das Grab des Gymnichers?

„Auf dem Salvatorberg bei Aachen ist unlängst eine Eingeschlossene gestorben, welche unter andern Reliquien auch einen Zahn des hl. Bartholomäus besass. Da der Priester, welcher ihr die Messe las, hiervon Kunde hatte, bat er sie um den Zahn; als aber die Eingeschlossene sich weigerte ihn herzugeben, stiess der Priester die Drohung aus, er würde sich ganz von ihr zurückziehen, wenn sie ihm nicht wenigstens die Hälfte des Zahnes überlassen wolle. Sie liebte zwar ihre


  1. Mannhardt, Der Baumkultus der Germanen S. 160–190.
  2. Loersch, Achener Rechtsdenkmäler S. 276 u. ff.
  3. F. Jungbluth, Die Restauration des Aachener Münsters, Aachen 1862, S. 53.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Pschmadt: Der „dialogus miraculorum“ des Cäsarius von Heisterbach in seinen Beziehungen zu Aachen. In: Aus Aachens Vorzeit, Heft 1/1900. Cremer, Aachen 1900, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AAV_Heisterbach_dialogus_miraculorum_Pschmadt.pdf/11&oldid=- (Version vom 15.8.2018)