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Da ich auch keine Brechung beim Uebergang von einem Medium zum anderen nachweisen konnte, so hat es den Anschein, als ob die X-Strahlen sich mit gleicher Geschwindigkeit in allen Körpern bewegen, und zwar in einem Medium, das überall vorhanden ist, und in welchem die Körpertheilchen eingebettet sind. Die letzteren bilden für die Ausbreitung der X-Strahlen ein Hinderniss und zwar im Allgemeinen ein desto grösseres, je dichter der betreffende Körper ist.

9. Demnach wäre es möglich, dass auch die Anordnung der Theilchen im Körper auf die Durchlässigkeit desselben einen Einfluss ausübte, dass z. B. ein Stück Kalkspath bei gleicher Dicke verschieden durchlässig wäre, wenn dasselbe in der Richtung der Axe oder senkrecht dazu durchstrahlt wird. Versuche mit Kalkspath und Quarz haben aber ein negatives Resultat ergeben.

10. Bekanntlich ist Lenard bei seinen schönen Versuchen über die von einem dünnen Aluminiumblättchen hindurchgelassenen Hittorf’schen Kathodenstrahlen zu dem Resultat gekommen, dass diese Strahlen Vorgänge im Aether sind, und dass sie in allen Körpern diffus verlaufen. Von unseren Strahlen haben wir Aehnliches aussagen können.

In seiner letzten Arbeit hat Lenard das Absorptionsvermögen verschiedener Körper für die Kathodenstrahlen bestimmt und dasselbe u. a. für Luft von Atmosphärendruck zu 4,10, 3,40, 3,10 auf 1 cm bezogen gefunden, je nach der Verdünnung des im Entladungsapparat enthaltenen Gases. Nach der aus der Funkenstrecke geschätzten Entladungsspannung zu urtheilen, habe ich es bei meinen Versuchen meistens mit ungefähr gleichgrossen und nur selten mit geringeren und grösseren Verdünnungen zu thun gehabt. Es gelang mir mit dem L. Weber’schen Photometer – ein besseres besitze ich nicht – in atmosphärischer Luft die Intensitäten des Fluorescenzlichtes meines Schirmes in zwei Abständen – ca. 100 resp. 200 mm – vom Entladungsapparat mit einander zu vergleichen, und ich fand aus drei recht gut mit einander übereinstimmenden Versuchen, dass dieselben sich umgekehrt wie die Quadrate der resp. Entfernungen des Schirmes vom Entladungsapparat verhalten. Demnach hält die Luft von den hindurchgehenden X-Strahlen einen viel kleineren Bruchtheil zurück als von den Kathodenstrahlen. Dieses Resultat

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Conrad Röntgen: Ueber eine neue Art von Strahlen (Vorläufige Mittheilung). Stahel’sche K. Hof- und Universitätsbuch- und Kunsthandlung, Würzburg ca. 1896, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_eine_neue_Art_von_Strahlen_07.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)