schon früh die Bischöfe in den königlichen Rath und übergab ihnen die Aemter, welche eine gewisse gelehrte Bildung voraussetzen. Daher führen noch heute die ersten der Bischöfe den Kanzlertitel.
Weiter trug dann noch der Umstand zur Vermehrung der bischöflichen Macht bei, daß viele Fürsten und Edle ihre Güter ganz oder theilweise der Kirche zu Lehen auftrugen, um so der Fürsprache der Geistlichkeit für ihr Seelenheil versichert zu sein. Erloschen dann später diese Geschlechter, so fielen ihre Besitzungen an die Kirche. Endlich weiß Jeder, wie viel durch Schenkungen und Testamente von Vornehm und Gering an die Kirche gekommen ist. Denn man glaubte, kein Preis sei zu hoch, für den man die Seelen aus dem Fegefeuer loskaufen könne, vor dem die Deutschen, die ohnehin den Durst und die Hitze nicht wohl ertragen können, eine wunderbare Angst haben.
So hatte denn die Geistlichkeit eine bedeutende Machtstellung erlangt, mit der sie ganz zufrieden war, wenn auch die Pfaffen nie dem Ehrgeiz und der Habsucht ganz entsagt haben. Wie aber diese Art Leute immer eifrig danach strebt, andere zu beherrschen, sich selbst aber nur mit höchstem Widerstreben der Herrschaft eines anderen unterwirft, so ruhten sie auch so lange nicht, als es noch im Belieben des Kaisers stand, die kirchlichen Pfründen zu verleihen und sich dadurch in der Kirche selbst Anhänger zu verschaffen. Hielte mich nicht die schuldige Ehrerbietung vor dem geistlichen Stande zurück, so würde ich die Pfaffen die gottlosesten Menschen nennen, weil sie die, wie der Erfolg gezeigt hat, sehr unkluge Freigebigkeit der Kaiser mißbraucht haben, um die kaiserliche Macht selbst zu untergraben: denn der Freiheit unwürdig ist, wer die Pflicht der Dankbarkeit gegen den, der ihm die Freiheit gegeben hat, nicht erfüllt. So gelang es den Pfaffen mit Hilfe des päpstlichen Bannes und innerer Unruhen, welche sie selbst anstifteten, sich von der Laienherrschaft unabhängig zu machen. Denn sie hörten mit ihren Feindseligkeiten gegen das Kaiserthum, in denen Mainz das Banner vorantrug, nicht eher auf, als bis sie nur noch vom Papst abhängig waren. Viele halten es nun grade für das größte Unglück des deutschen Reiches, daß ein großer Theil seiner Bürger einen Oberherrn anerkennt, der außerhalb der Grenzen des Reiches seinen Wohnsitz hat. Man müßte denn sonst glauben, daß die Päpste uneigennützig genug seien, mehr das Interesse Deutschlands, als ihr eigenes im Auge zu haben und daß man in Rom besser wisse, was für Deutschland gut sei, als in Deutschland selbst.
Schließlich sind noch ein paar Worte über die freien Städte hinzuzufügen.[1] Bis zum 5. Jahrhundert nach Christi Geburt hatte Deutschland rechts vom Rhein nur Dörfer ohne Mauern oder zerstreute Gebäude,
- ↑ Auch hier gilt für manche Punkte das in der ersten Note zu diesem Capitel bemerkte.
Samuel von Pufendorf: Ueber die Verfassung des deutschen Reiches. Berlin: L. Heimann, 1870, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_die_Verfassung_des_deutschen_Reiches.djvu/60&oldid=- (Version vom 1.8.2018)