neue Flüche in’s Vaterland zurückbringen. Und auch aus Frankreich bringen die jungen Deutschen selten anderen Gewinn nach Haus, als die Kunst des Schmausens und eine genaue, durch eigene Erfahrung erworbene, Bekanntschaft mit den verschiedenen Arten der Wollust. Nichtsdestoweniger halten Manche es für sehr nützlich, Frankreich und Italien bereist zu haben. Denn während es ihnen lästig ist, im Vaterlande mit vieler Mühe sich die leeren Titel akademischer Würden zu erwerben,[1] können sie bei all’ ihrer Unwissenheit von uns ohne Schande und mit wenig Kosten den Doctortitel nach Haus mitbringen. Freilich schnitzt man auch in Deutschland Doctoren genug aus rohem Holz.
Wenn aber nun Kraft und Schwäche nur relative Begriffe sind, die erst aus einer Vergleichung mit anderen ihr rechtes Licht erhalten, so ist im folgenden noch zu betrachten, in welchem Verhältniß die Machtmittel Deutschlands zu denen des Auslandes stehen. Auf der einen Seite grenzt nun Deutschland in Steiermark, Ungarn und Kroatien, die als Vorwerke Deutschlands angesehen werden können und für seine Sicherheit unentbehrlich sind, an’s türkische Reich. Nun hat der Türke zwar bedeutend mehr Einkünfte aus seinem weiten Reiche und kann mit ungeheuren Menschenschwärmen in die benachbarten Gebiete eindringen, aber nichtsdestoweniger braucht Deutschland ihn nicht eben sehr zu fürchten. Denn die Türkei berührt nur die äußersten Grenzen Deutschlands, und diese engen Grenzländer sind weit von dem Mittelpunkt des türkischen Reiches entfernt. Daher sind die Kriege in Ungarn für die Türken selbst mit vielen Schwierigkeiten verbunden. Denn abgesehen davon, daß die türkischen Truppen[2] den wohl disciplinirten deutschen Soldaten nicht gewachsen sind, so ist auch der Transport der Hilfsvölker aus Asien sehr beschwerlich und die asiatischen Truppen können außerdem das rauhe Klima und die Strenge des deutschen Winters nicht wohl ertragen. Dazu kommt noch, daß bei einer Concentrirung aller Kräfte der Türkei an den äußersten Reichsgrenzen es gewöhnlich an den entgegengesetzten Grenzen, nach Persien zu, zu gähren anfängt. Und da Serbien, Bulgarien und das türkische Ungarn ein großes Heer nicht lange unterhalten können, so muß, da zum großen Glück für Deutschland die Donau nach Osten fließt, die Zufuhr unter viel Beschwerden auf Landwegen herbeigeschafft werden. Auch verwendet Deutschland kaum je mehr als den vierten Theil seiner Streitkräfte gegen die Türkei, und selbst diese sind noch dazu meist durch Feigheit und Uneinigkeit der Führer, sowie durch Mangel an Geld und Disciplin geschwächt. Und dennoch hat Deutschland mehr Siege über die Türkei, als diese über Deutschland erfochten.
Dem Volke aber ist der Türkenname unsäglich furchtbar, theils wegen
Samuel von Pufendorf: Ueber die Verfassung des deutschen Reiches. Berlin: L. Heimann, 1870, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_die_Verfassung_des_deutschen_Reiches.djvu/111&oldid=- (Version vom 1.8.2018)