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öffentlichen Strafen. Ferner war durch die Einkleidung in kirchliche Formen die Publizität der Strafvollstreckung am besten gesichert, und schließlich stammen eben die meisten Nachrichten über das Steintragen aus kirchlichen Gebieten.

Das öffentliche Zurschautragen der Buße geschah ursprünglich beim kirchlichen Umgang. Die Sünderin nahm in Büßertracht und mit dem Zeichen der Buße (Besen, Rute, Kerze) an der gewöhnlichen Prozession teil. Es erscheint als ein Rest dieser Einrichtung, wenn in späterer Zeit der vorgeschriebene Weg um die Kirche, von einer Kirche zur andern führt, oder wenn der Umzug in der Kirche vor dem Altar oder im Kloster sein Ende findet, wo auch der Stein aufbewahrt wird. Auch der Tag und die Stunde der Strafvollstreckung weisen auf die Kirche hin. Die Wachsstrafe ist gleichfalls religiösen Ursprungs.

Namentlich ist daran zu erinnern, daß die Delikte, die mit Steintragen gebüßt wurden, vielfach der kirchlichen Gerichtsbarkeit und Kirchenzucht unterlagen, wie Ehrenkränkung, Gotteslästerung, Ehebruch.




IV.
Anhang.
1. Bogen-Neusiedel.

So zwo nachbarin oder andere inländische weibspersohnen mit einander kriegten und sich gotteslästerlicher[1] unschambarer Wort gebraucheten, darum soll sie der richter mit der fidl[2] oder pockstain neben ainem pfunt wax zu ihrer kirchen[3] straffen.

ÖW. 8, 28, 4 ff. Bogen-Neusiedel bei Gaunersdorf, Ende des 16. Jahrhunderts. Nur in den angegebenen Varianten weichen davon ab die Texte von Hagenbrunn und Klein-Engersdorf [bei


  1. verbothner und.
  2. ‚fidl‘ fehlt.
  3. zur St. Veitskirchen. Diese stand in Engersdorf. ÖW. 8, 351 Note *.
Empfohlene Zitierweise:
Eberhard von Künßberg: Über die Strafe des Steintragens. Marcus, Breslau 1907, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_die_Strafe_des_Steintragens.pdf/56&oldid=- (Version vom 1.8.2018)