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hat ain halbm zenten Straßhofen 1499[1]. Die Erläuterung, die Rochholz[2] gibt: „w. von ‚bewegen‘, wie auch die auf ihrer Spitze beweglichen Orakelsteine genannt wurden“ ist sehr bestreitbar.

Wegstain ist bisher nur einmal belegt und zwar 1558 in Melk[3]. Es bleibt dahingestellt, ob diese Form ein selbständiger Erklärungsversuch ist, oder nur eine Variante zu wagstain, das in andern Melker Texten vorkommt.

An ‚borgen‘ erinnert die Bezeichnung ‚borgsteiner‘, der wir im 18. Jahrh. in Sierndorf[4] begegnen. Schon aus dem Plural ist ersichtlich, daß der Ausdruck eine Verstümmelung des unverstandenen ‚pogstein‘ oder einer ähnlichen Form ist. Der Schreiber dieser Quelle hat anscheinend gar keine Vorstellung mehr vom Bagstein.


b) Andere Bezeichnungen.

Lasterstein[5] ist von ‚lästern‘ = schmähen abzuleiten. Später mag sich die Vorstellung gebildet haben, daß der Lasterstein seinen Namen deshalb trage, weil er als Strafe für gewisse Laster (fluchen, Trunksucht u. s. w.) verhängt wurde. Der Name „Lasterstein“ war weit verbreitet und hat sich lange erhalten. Zeugnisse seiner Verwendung finden sich: 1396 in Memmingen[6], 1481 in Schaffhausen[7], 1503 (lesterstein) in Fürstenberg[8], 1520 in Überlingen[9], seit 1576 im Elsaß[10] und bis ins 18. Jahrh. in Bayern[11], wo seinerzeit Bagstein üblich gewesen war[12]. Lasterstein bedeutete jedoch auch den Pranger.[13]

Das Ofner Stadtrecht gebraucht im Art. 155 das Wort bagstain, im Art. 180 dagegen pukstain. Auch dieser Name dürfte

  1. ÖW. 7, 234.
  2. Argovia 1862–63 S. 94.
  3. Kaltenbaek 1, 120.
  4. ÖW. 8, 466.
  5. Lexer, Mhd. HWB. 1, 1838. Schmeller, Bair. WB.² 1, 1522.
  6. Freiberg 5, 279.
  7. ZschweizStrR. 5 (1892) 332.
  8. Fürstenb. UrkB. 7, 376.
  9. Anz. f. K. d. d. Vorzeit 1874, S. 10.
  10. Stöber, S. 90. Martin und Lienhart, Elsäß. WB. 2, 600.
  11. 1751 Cod. iur. Bav. crim. I, 4, 19.
  12. S. oben S. 6.
  13. In Speyer seit dem 17. Jh. Harster, d. Strafr. v. Speyer S. 82 f. Vgl. Osenbrüggen, Alam. Strafr. 110.
Empfohlene Zitierweise:
Eberhard von Künßberg: Über die Strafe des Steintragens. Marcus, Breslau 1907, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_die_Strafe_des_Steintragens.pdf/17&oldid=- (Version vom 1.8.2018)