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bedeutet, sämtliche Abmessungen in Richtung der Bewegung sich im Verhältnis

verkürzen, die Querdimensionen dagegen unverändert bleiben.

Zu dieser geometrischen Grundannahme fügte er noch die physikalische hinzu, daß sämtliche Molekularkräfte sich in derselben Weise mit der Geschwindigkeit ändern, wie elektrostatische Kräfte, und daß die „Massen“ der Mechanik sich ebenso ändern, wie die elektromagnetische Masse des Elektrons.

Aus den genannten Annahmen ergab sich sodann eine völlige Unabhängigkeit aller beobachtbaren Erscheinungen von der Absolutgeschwindigkeit.

Es ist nicht zu verkennen, daß diese Beweisführung in einer Hinsicht etwas Unbefriedigendes an sich hat: Es wird mit einer Größe gerechnet, die maßgebend für die Gestalt der Körper sein soll, nämlich der „absoluten Geschwindigkeit“, oder der „Geschwindigkeit relativ zum Lichtäther“, die wir eigentlich gar nicht definieren können, da ja das Resultat der soeben beschriebenen Rechnung derartig ist, daß es keine Mittel gibt diese Geschwindigkeit auch nur durch ein Gedankenexperiment zu bestimmen. Wir können nicht einmal den Betrag der zu einer beobachtbaren Relativgeschwindigkeitsänderung gehörigen Deformationsänderung angeben, solange wir nicht die Absolutgeschwindigkeit kennen. Denn ist die ursprüngliche Länge eines Körpers , so wird sie durch in

deformiert

und durch in

.

Die einem beobachtbaren Geschwindigkeitszuwachs entsprechende Längeänderung ist also Funktion nicht bloß von , sondern auch von . Da wir nun kein Recht haben anzunehmen, daß unser Fixsternsystem, auf das wir die Bewegung der Erde beziehen, sich gerade in absoluter Ruhe zum Äther befindet, so können wir über die eintretenden Deformationen eigentlich gar nichts aussagen.

Es ist nun sehr bemerkenswert, daß von ganz anderen

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Walter Kaufmann: Über die Konstitution des Elektrons. Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1906, Seite 491. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_die_Konstitution_des_Elektrons_(1906).djvu/5&oldid=- (Version vom 20.8.2021)