Sechs und dreißig müssen wandern

Textdaten
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Autor: Ernst Deecke
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Titel: Sechs und dreißig müssen wandern
Untertitel:
aus: Lübische Geschichten und Sagen, S. 120–121
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1852
Verlag: Carl Boldemann
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Erscheinungsort: Lübeck
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google, Commons
Kurzbeschreibung:
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64. Sechs und dreißig müssen wandern.

Anno 1350 zur Zeit der Pest sind vom Burgkloster zu Lübeck ihrer acht und dreißig gestorben. Da war unter andern ein einfältiger und frommer Mann, Johann Westfal, dem man die Aufsicht über die Küche befohlen. Dieser, wie er in einer Nacht über dem Hospitalhause schlief, hörte er unter sich das Geräusch der Brüder, als ob sie abspeisen wollten, und eine Stimme sprach durch das Küchenfenster zum Koch: „Koch, richte an für die Brüder, so da wandern wollen.“ Da sprach eine Stimme wie des Kochs aus der Küche: wie viel denn ihrer sein, die da wandern wollten? Diesem ward zur Antwort gegeben: „Sechs und dreißig.“

Der Bruder Johann verwundert sich der unzeitigen Aufforderung vom Bette; doch stund er endlich auf und sahe durch einen Riß der Wand in das Hospitalhaus, und ward gewahr, daß die 36 Brüder schneeweiß mit verhüllten Angesichtern (wie man die, so zur Erden bestattet werden sollen, zu verhüllen pflegte) allda zu Tische sitzen.

Darüber nun erschrak er ganz heftig und kehrte wieder zu seinem Bette; jedoch mit Stillschweigen, denn ihm war die Sprache vergangen. Aber hernach, da im [121] Ausgange sich Alles so befand, und die 36 Brüder der Versammlung begraben waren, neben 2 anderen, die gen Hamburg gezogen und dort gestorben: da erst konnte der Bruder öffentlich sagen, was er vorhin gesehen.