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Titel: Schwimmende Schlafstätten
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aus: Die Gartenlaube, Heft 15, S. 241–243
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1873
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Schwimmende Schlafstätten.


Um die Mitte des Monats September im Jahre 1871 erfreute sich die Schwäbische Industrie-Ausstellung zu Ulm des lebhaftesten Besuchs. Am 16. September gab allein der Zählhaspel eine Zahl von nahezu Dreitausend an. Darunter waren viele Wiener, die gesammte Wiener Ausstellungscommission mit dem Geheimrath Dr. Wilhelm Freiherrn von Schwarz-Senborn an der Spitze. Sie waren mit Extrazug nach Ulm gekommen und ließen sich’s nicht nur angelegen sein, zu beobachten, was hier und wie es ausgestellt worden war, und an den kleineren Einrichtungen Erfahrungen zu sammeln, die sich für größere Verhältnisse verwerthen ließen, sondern auch mit voller frischer Hingabe ein Stück Ulmer Volkslebens mit durchzuleben. Der sonnige Nachmittag lockte alle Welt in die Friedrichsau, eine freundliche „Taschenausgabe“ des Wiener Praters, ebenfalls hart an der schönen blauen Donau gelegen. Dort gestaltete sich das Wogen und Treiben, dessen Mittelpunkt die Wiener bildeten, zu einem gemüthlichen Volksfeste, und als der Abend anbrach, vereinigte ein fröhliches Banket im „Gasthofe zum Kronprinzen“ die Ulmer und ihre lieben Gäste.

Wess’ das Herz voll ist, dess’ geht der Mund über, zumal wenn auch der Kopf nicht ganz leer geblieben ist. Ein herzlicher Trinkspruch folgte dem andern.

Da trat ein Ulmer an die Tafelrunde, in hocherhobener Hand hielt er den „Willkomm“ (so heißt der altehrwürdige Pokal der ehemaligen Ulmer Schifferzunft):

„Ein Silberbecher in Schiffesgestalt,
Ein heiliges Erbe, Jahrhunderte alt,
Ringsum am Borde mit Münzen behangen,
Als Zeugen der Tage, die längst schon vergangen.
Vornan noch ein Schifflein von Silber und Gold,
Der Zunft von Herzog Heinrich gezollt.
Ein Jeder, der den Willkomm erfaßt,
Fühlt sich begeistert zu einem Toast.
Es klingen so hell aneinander die Münzen
Und mahnen an Kaiser, Könige, Prinzen
Und manchen in Deutschland berühmten Mann,
Der schon aus dem Becher den Trunk hat gethan.
Es ist als ob in des Willkomms Tiefe
Die Zeit der Altvordern gebannt sei und schliefe.
Doch hält ihn der Zecher fröhlich am Munde,
Da steigt sie wieder herauf aus dem Grunde
Mit ihrer glorreichen Herrlichkeit,
Die alte, die längst schon vergangene Zeit.“

So geschah es auch dem Ulmer, der damals das Wort ergriff. Er erinnerte daran, daß unter den Denkmünzen des Willkomms auch eine von der Kaiserin Maria Theresia zum Gedächtniß an die Donaufahrt gestiftet worden sei, die sie und ihr Gemahl sammt Gefolge im Jahre 1745 vom 19. bis 27. October auf vierunddreißig Ulmer Schiffen von Ulm nach Wien gemacht habe, und brachte ein Hoch auf die deutschen Brüder in Oesterreich aus.

Geheimrath von Schwarz-Senborn sprach seinen Dank und die Bitte aus, daß die Ulmer recht zahlreich zur Weltausstellung nach Wien kommen und dabei nicht vergessen möchten, den alt-ehrwürdigen Willkomm mitzubringen.

„Auf Wiedersehen in Wien!“ so klang es herüber und hinüber. Es war das auch der Abschiedsgruß, als der Bahnzug am andern Morgen die Wiener Gäste den Ulmern wieder entführte.

Drei Monate später sandten die Commissionsmitglieder der Wiener Weltausstellung den Commissionsmitgliedern der Schwäbischen Industrie-Ausstellung einen stattlichen Silberpokal mit einer Zuschrift, die mit den Worten schließt: „Wenn die Commission für die Industrie-Ausstellung in Ulm sich später auflöst, so finden Sie wohl ein Plätzchen, wo der Becher aufgehoben und bei Zeit und Gelegenheit auch benutzt wird. Vielleicht postiren Sie ihn in der Nähe des altehrwürdigen Bechers, den wir zu bewundern Gelegenheit gehabt. Vor Allem aber bitten wir unseren lieben Freunden in Ulm in’s Gedächtniß zu rufen, daß bei dem Abschiede die Parole ausgegeben wurde: ‚Auf Wiedersehen in Wien!‘“

Die Begeisterung, mit welcher dieser Zuruf vernommen wurde, verflackerte nicht wie flüchtiges Strohfeuer; sie gründete sich bei den Ulmern auf eine von alten Zeiten her fest eingewurzelte Neigung und fand in dieser ihre immerwährende Nahrung. Ich bezweifle, daß es außerhalb Oesterreichs irgend eine Stadt gebe, deren Bevölkerung so sehr wie die Ulmer zu Wien sich hingezogen fühlt. Die Donau, die bei Ulm schiffbar wird, bildet das Band zwischen der alten Reichsstadt und der österreichischen Kaiserstadt, und von jeher war es hauptsächlich die Ulmer Schifferzunft, welche die Beziehungen zwischen beiden rege und warm erhielt. Das aber ist auch der Grund, weshalb in Ulm kein Stand eines so volksthümlichen Ansehens sich erfreut hat, als gerade diese ehrbare Schifferzunft.

Unter freiem Himmel am Ufer der Donau zimmert sie ihre sogenannten Ordinari, im Volksmund „Ulmer Schachteln“ genannt – Fahrzeuge mit fünfhundert Centner Tragkraft, zugleich Fahrgelegenheit für Reisende, welche die lustige, wenn auch langsame Donaufahrt der staubigen Landstraße vorziehen. Haid berichtet in seinem Buche über Ulm, daß die Ulmer Ordinari zu seiner Zeit – in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts – in drei Monaten einmal bei dreitausend Menschen von Ulm nach Wien und Ungarn geführt haben.

In Wien oder Ungarn verkauft der Ulmer Schiffer als Holzhändler seine Schachtel und fährt – ehedem per Post, jetzt per Eisenbahn zurück, um daheim in allen Variationen das alte Thema zu verkünden:

„’S giebt nur a Kaiserstadt, ’s giebt nur a Wien“.

Wenn ein Ulmer Kaufmann oder Handwerker einen Sohn in die Fremde schicken wollte, wohin schickte er ihn lieber als nach Wien, mit dem er durch seine Landsleute, die Schiffer, in beständiger Verbindung blieb? Sie waren ihm Briefträger und Brief zugleich. Als im Jahre 1848 eine Abtheilung österreichischer Artilleristen in die Bundesfestung als Theil der Besatzung einrückte, wurden die Soldaten wie alte Bekannte begrüßt. Es läßt sich nicht leugnen, daß die gemüthliche treuherzige Art, mit welcher sie – Officiere und Mannschaft – mit den Ulmern verkehrten, viel dazu beitrug, die Voreingenommenheit für Oesterreich und seine Hauptstadt lebendig zu erhalten.

Es hat sich indessen Vieles geändert. Mit den übrigen Zünften hat auch die Schifferzunft ihr Ende gefunden. Die Locomotive that den Ordinari großen Abbruch. Was früher bei den Schiffern als Nebengeschäft galt – der Holzhandel, die Fischerei, ward zum Hauptgeschäft, sie selbst aber erhielten sich bei ihren Mitbürgern im alten Ansehen. Und heute noch übt eine einfache lustige Marschmelodie einen größeren Zauber auf den Ulmer, als irgend ein anderes Musikstück.

[242]

Kennst du den Marsch? Erklinget die Weise,
Dann zuckt es elektrisch durch Kinder und Greise;
Den Buben und Mägdelein fährt’s in die Glieder,
Die alten Klänge – sie sind es wieder.
Und sitzen die ernsten Männer beisammen,
Und hören sie tönen, da bricht in Flammen
Heraus die alte verklungene Lust,
Der Jubel wird los in jeglicher Brust;
Die ernstesten Alten sind wieder jung,
Das Auge lacht in Begeisterung,
Sah’s vorher auch noch so finster und barsch;
Das ist der Ulmer Fischermarsch.

Und ob auch durch die Neugestaltung Deutschlands unser Verhältniß zu Oesterreich ein ganz anderes geworden ist, und ob auch Ulm zu den gut deutsch-national gesinnten Städten sich zählen darf, so hat sich in seiner alten Liebe zur Kaiserstadt Wien an seiner Donau nichts geändert, und noch jetzt wie zuvor singt der Schiffer nach den Klängen des Fischermarsches:

Willkommen du Fluth, die mein Schifflein bewegt,
Es munter hinunter nach Oesterreich trägt.
Den Knaben schon zog’s auf die wogende Bahn,
Wie der Vater gethan, sich zu schaukeln im Kahn.
O du Donau, dich lieb’ ich treuherzig und fromm,
Du führst mich zu Freunden. Sie rufen: Willkomm!

Bei einer solchen Stimmung in Ulm kann es nicht befremden, wenn fast Jeder in dem Gruß der Wiener: „Auf Wiedersehn in Wien“ mehr als eine Mahnung erblickt, und daß in allen Schichten der Bevölkerung der Wunsch und Wille vorwaltet, die Wiener Weltausstellung zu besuchen. Da fiel etwas abkühlend in die Begeisterung das Gerücht von einer ganz ungeheuren Preissteigerung der Quartiere in den Wiener Gasthäusern während der Ausstellungszeit. Das Schreckgespenst der Wohnungsnoth trat bedrohlich vor das ersehnte Paradies.

Die Fahrt selbst macht wenig Bedenken. Bei solchen Veranlassungen pflegen die Eisenbahnverwaltungen ein Uebriges zu thun und die Reisenden um eine extra ermäßigte Taxe zu befördern. Auch weiß ein Jeder, daß man überall, namentlich auch in Wien, stets seinen Hunger und Durst in jedem Bierhause, jeder Weinstube, jeder Garküche, jeder Restauration um ein Billiges stillen kann. Wo aber soll man bei der Völkerwanderung, die voraussichtlich zur Weltausstellung wallfahrten wird, in Wien ein Unterkommen finden? Was wird bei dem Massenandrang in der Noth nicht Alles zum Logiren mißbraucht werden! Mit wem wird man zusammengerathen? Und welch enorme Preise wird man schließlich zahlen müssen!

Die Ulmer Schiffer, die während der Ausstellungszeit nach Wien zu fahren haben, blieben von allen diesen Sorgen unangefochten. Sie finden ja Herberge auf ihrem Schiffe. Sie können allenfalls auch den einen oder andern Freund bei sich aufnehmen. Wo aber sollen die Uebrigen bleiben?

Da war es zunächst der Präsident von Steinbeis, der auf diese Frage die praktische Antwort gab: „Baut Wohnungsschiffe!“ Dieser Rath eines Mannes, der seit Jahrzehnten überall in ganz Europa, wo immer eine Ausstellung auftauchte, als Commissär der württembergischen Regierung erschien und wegen seiner Umsicht und Erfahrung freudig willkommen geheißen wurde, schlug alsbald zündend ein. Es traten sofort fünf Ulmer zu einem Comité zusammen. Zwei davon tragen die Namen uralter Ulmer Schifferfamilien: Hailbronner und Molfenter. Sie sind im Comité die Sachverständigen, was den Bau der Schiffe betrifft. Ein dritter Ulmer, Gustav Kuhn, im Besitze eines renommirten Aussteuergeschäfts, war der geeignete Mann, für die erforderlichen Betteinrichtungen zu sorgen. Die anderen Zwei, die dieses Fünfer-Comité bilden halfen, sind Apotheker Dr. Wacker und Fabrikant Max Neuburger.

Anfangs waren sie Willens, das ganze Unternehmen auf ihre eigene alleinige Rechnung und Gefahr auszuführen und die Schiffe vorzugsweise ihren Ulmer Landsleuten zur Verfügung zu stellen. Doch kaum war ein Wort davon in die Oeffentlichkeit gedrungen, als auch schon Zustimmungen, Ermunterungen, Rathschläge und Anmeldungen von allen Seiten einliefen.

Das Comité mußte sich sagen, daß das Gelingen des Unternehmens hauptsächlich davon abhänge, ob die österreichische Regierung den Wohnungsschiffen einen günstigen Platz zuweisen würde; es mußte sich ferner sagen, daß es auf die Unterstützung weder der österreichischen noch der württembergischen Regierung rechnen

Ulmer Wohnungsschiffe zur Wiener Weltausstellung.

[243] dürfe, wenn es die Betheiligung eines jeden Andern an seinem Unternehmen ausschließe und die Aufnahme in seine Wohnungsschiffe allzu particularistisch beschränke.

Darum beschlossen die Fünf, das Unternehmen auszudehnen, einstweilen zehn Wohnungsschiffe zu bauen und auszurüsten und Antheilscheine auf den Namen im Betrage von je hundert Gulden süddeutscher Währung auszugeben, wovon fünfzig Procent bei der Zeichnung, der Rest aber vierzehn Tage nach Ausschreibung zu entrichten sei. Im Umsehen war der Bedarf weitaus überzeichnet.

Die österreichische Regierung begrüßte das Unternehmen mit Freuden. Sie räumte dem Ulmer Comité für seine Wohnungsschiffe einen Platz ein, der gar nicht günstiger gelegen sein könnte; ja sie hat wiederholt den Wunsch ausgesprochen, daß die Zahl der Schiffe womöglich bis auf dreißig vermehrt werde. Was geschehen kann, wird geschehen.

In Neu-Ulm auf dem Schwal, dem Hauptstapelplatze der Ulmer Schiffsleute, wird indessen mit rastloser Thätigkeit gearbeitet. Einige dieser Wohnungsschiffe sind fertig und zur Abfahrt bereit. Es sind die gleichen Ordinarischiffe, Ulmer Schachteln, wie sie seit jeher gebaut wurden, mit fünfhundert Centner Tragkraft, 27,30 Meter lang, 6,20 Meter breit. Den ganzen Raum, mit Ausnahme des freien Platzes, sowohl am Kiel wie am Steuer, bedeckt eine lange Kajüte, durch welche in der ganzen Schiffslänge vom Steuer bis zum Kiel hin ein Gang von 1,20 Meter Breite hindurchführt. Zu beiden Seiten des Ganges liegen die Cabinen und zwar auf jeder Seite dreizehn bis fünfzehn. Die Cabinen sind numerirt wie die Zimmer in jedem Gasthause. Gegenüber der Thür ist das kleine Fenster. Die Cabinen sind theils mit einem, theils mit zwei Betten versehen. In der Höhe und Länge sind sie selbstverständlich alle gleich, nur in der Breite sind sie verschieden. Die Höhe beträgt bei allen 2,50 Meter, ebensoviel die Länge; dagegen sind die Cabinen mit einem Bett 1,75 Meter breit, während die mit zwei Betten 2,75 Meter breit sind. Alle Cabinen sind mit Stoff tapezirt, alle mit Teppichen belegt. Ebenso mit Teppichen belegt ist auch der Gang. Die in den Cabinen befindlichen Betten bestehen aus einem Bettrost mit galvansirten Kupferfedern, einer Roßhaarmatratze, einem Polster, zwei Federkissen und einer rothwollenen Decke, einem Ober- und Unterleintuch, Bettwäsche aus weißem Stoff. Es befindet sich ferner in einem jeden Zimmer ein verschließbarer Waschtisch mit vollständiger Einrichtung und außerdem Spiegel, Klappstuhl, Handleuchter und Stearinlicht, ein Rechen zum Aufhängen der Kleider etc. In den Cabinen mit zwei Betten ist die Einrichtung doppelt enthalten. Außer den Cabinen befindet sich auf jedem Schiff ein Gepäckraum und zwei Abtritte.

An dem ausreichenden Personal, das die Bewohner der Cabinen zu bedienen und für die sorgfältigste Reinlichkeit einzustehen hat, wird es nicht fehlen. Als eine willkommene Annehmlichkeit muß noch erwähnt werden, daß auf den Schiffen Briefschalter angebracht werden sollen, die dem nach Hause Schreibenden den Weg nach der Post ersparen.

Die Kosten des Unternehmens sind nicht unbedeutend. Sie belaufen sich bei jedem Schiff mit vollständiger Einrichtung auf 4845 Gulden am Ort Ulm. Dazu kommen die laufenden Kosten. Noch sind die Unternehmer über die Höhe des Preises nicht schlüssig geworden, den sie für die Benutzung ihrer Cabinen verlangen sollen. Man spricht von einem Thaler pro Tag, höchstens zwei Gulden – ein Preis, der im Verhältniß zu den übrigen Preisen während der Ausstellungszeit annehmbar erscheint, der aber sicherlich genügt, um eine gute Rente in Aussicht zu stellen. Etwas Bestimmtes kann ich hierüber noch nicht mittheilen. Wer kann wissen, ob nicht auch hier, wie sonstwo, der Appetit während des Essens wächst?

Es bleibt mir noch übrig, ein Wort über den Platz zu sprechen, wo die Ulmer Wohnungsschiffe aufgestellt sein werden. In der unmittelbarsten Nähe der Ausstellung fließt der Donaucanal, der sogenannte Donaudurchstich, vorüber. Ja, es ist dieser Donaudurchstich in die Ausstellung mit hereingezogen worden, insofern als er zur „Maritimen Ausstellung“ benutzt wird. Und neben dieser Maritimen Ausstellung, welche das Schiffswesen in seinen Friedens- und Kriegsfahrzeugen vorführen soll, wird die Flotille der Ulmer Wohnungsschiffe vor Anker liegen. Von hier erreicht man die Weltausstellung mit wenigen Schritten. Doch wie nahe diese auch sei, ein paar Restaurationen liegen noch näher. Und das ist praktisch und bequem. Wer aber die Stadt besuchen will, der hat die Wahl zwischen Pferdebahn, Omnibus und Droschken, welche bis in die unmittelbare Nähe der Wohnungsschiffe von Morgens fünf Uhr bis Nachts ein Uhr ununterbrochen verkehren.

Gleich in der ersten Anzeige, die das Fünfer-Comité veröffentlichte, wurde als ein Motiv des Unternehmens der „Wunsch des Ulmer Schiffervereins“ vorangestellt, „in thatkräftiger Weise dazu beizutragen, daß bei der bevorstehenden Wiener Weltausstellung die hohe Bedeutung der Donau als Wasserstraße in ihrem ganzen Umfang zur Anschauung komme, und den Verkehr, welcher seit langen Jahren zwischen Ulm und den unteren Donauländern besteht, durch eine Anzahl der bekannten Ulmer Transportschiffe zu repräsentiren.“ Die Ulmer Flottille soll mithin als ein Theil der Weltausstellung selbst betrachtet werden, nicht als ein künstlerisches Werk, sondern als Zeugniß des Verkehrs und praktische Leistung. Und in der That, wer nach Wien die Reise machen wird, der wird gewiß nicht versäumen, zum Donaucanal zu wandern und die Ulmer Schachteln zu besuchen.

Diplomaten werden in diesen Cabinen nicht zusammenkommen, um Conferenzen zu halten; auch werden weder schwarze noch rothe Verschwörer hier irgendwelche hochverrätherische Pläne schmieden, denn die Wände haben Ohren, wohl aber wird ein gar munteres, buntes Leben und Treiben sich hier zusammenfinden.

So sendet denn Ulm in der Wohnungsnoth, die Wien bedrohen könnte, seine Hülfe. Die Donau, die alte Wasserstraße, bringt schwimmende Herbergen, die im Stande sind, Hunderte von Gästen zugleich aufzunehmen. Die Ulmer, indem sie für tausend und abertausend Andere sorgen, haben dabei sich selbst das Unterkommen gesichert. Und wenn sie ihre Reise nach der Kaiserstadt antreten, dann wird ihr altehrwürdiger „Willkomm“ und auch sein Wiener Nachbar sie begleiten zum fröhlichen Zusammenklang der Pokale und der Herzen.

„Die Parole heißt: „Auf Wiedersehen in Wien!“