Schwere, Elektricität und Magnetismus/§. 82.

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§. 82.
Fortsetzung: Die Strömungslinien.


 Hat man bei der Behandlung der Aufgabe des vorigen Paragraphen die Function für das Innere des Körpers bestimmt, so bleibt noch übrig, die Strömung in der Oberfläche zu untersuchen. Zu diesem Zwecke ziehen wir in der Oberfläche (Fig. 43)
Fig. 43.
eine beliebige, sich selbst nicht durchschneidende Curve vom Punkte 1 nach dem Punkte 2. Als positive Seite derselben betrachten wir diejenige, die zur linken Hand liegt, wenn man auf der Aussenseite der Oberfläche die Curve von 1 nach 2 durchläuft. Wir legen ferner eine begrenzte Fläche , welche die Oberfläche längs der Curve 1 2 durchschneidet. Die Curve 1 2 zerlegt diese Fläche in zwei getrennte Theile, von denen der eine ausserhalb, der andere innerhalb des gegebenen Körpers liegt. Als positiven Umlauf durch die Begrenzung von bezeichnen wir denjenigen, welcher ausserhalb des Körpers von 1 nach 2 und innerhalb von 2 nach 1 führt.

|[282]  Um die Elektricitätsmenge zu finden, welche in der Zeiteinheit durch die Curve 1 2 von ihrer negativen auf die positive Seite mehr überströmt als umgekehrt, haben wir nach §. 75 das Integral



in positiver Richtung durch die Begrenzung von zu erstrecken. Es ergibt sich für den Integrationsweg 1 2 ausserhalb des Körpers:



und für den Integrationsweg 2 1 innerhalb:



Setzen wir also


(1)


so erhalten wir


(2)


 Man kann nun in der Flache ein System von in sich zurücklaufenden Linien ziehen (Fig. 44), so dass in einer und derselben
Fig. 44.
Linie einen constanten Werth hat, der sich ändert, wenn man von einer Linie zur anderen übergeht. Durch eine solche Linie strömt in der Zeiteinheit immer ebenso viel Elektricität von der einen

auf die andere Seite wie umgekehrt. Das kommt auf dasselbe hinaus, als ob man sagt: durch eine solche Linie geht gar keine Elektricität hindurch. Diese Linien sind also die Strömungslinien. Für zwei solche Linien:




gibt die Differenz



die Stromintensität der zwischen ihnen sich bewegenden Elektricität an. |[283]

 Es ist zu bemerken, dass die Function ebenso mit einer willkürlichen additiven Constanten behaftet ist wie die Function des vorigen Paragraphen. Auf die Differenz übt aber diese Constante gar keinen Einfluss, weil sie in Minuend und Subtrahend dieselbe ist. Es gibt also nur ein System von Strömungslinien und zwischen irgend welchen zwei Linien dieses Systems nur eine bestimmte Stromintensität.

 Nehmen wir in der Oberfläche ein unendlich kleines Linienelement , so ist



die Elektricitätsmenge, welche in der Zeiteinheit normal gegen das Linienelement von der negativen auf die positive Seite desselben übertritt, vermindert um die Elektricitätsmenge, welche in derselben Zeiteinheit in entgegengesetzter Richtung hindurchgeht. Diese Grösse, dividirt durch , nennen wir die specifische Stromintensität in der gegen das Linienelement normalen Richtung. Bezeichnen wir dieselbe mit , so ist demnach


(3)


 Die Erde ist ein einfach zusammenhangender Körper. Auf sie lassen sich also die Untersuchungen der §§. 70 bis 82 anwenden. Um die im äusseren Raume beobachteten magnetischen Wirkungen auf ihren Grund zurückzuführen, kann man unendlich viele verschiedene Vertheilungen magnetischer Massen im Innern der Erde annehmen. Dieselben lassen sich aber ersetzen durch eine einzige Vertheilung magnetischer Fluida an der Oberfläche oder durch eine einzige Anordnung galvanischer Ströme an der Oberfläche.

 Die Vertheilung von magnetischen Flüssigkeiten an der Oberfläche der Erde ist nur eine ideale. Dagegen können die galvanischen Ströme in der Oberfläche wirklich vorhanden sein. Wollte man die äusseren magnetischen Wirkungen allein aus magnetischen Massen im Innern der Erde erklären, so müssten dieselben in enormen Quantitäten vorhanden sein. Dagegen reichen schon sehr schwache galvanische Ströme in der Oberfläche hin, um jene äusseren magnetischen Wirkungen hervorzubringen. Nur muss für die Ströme eine fortdauernde elektromotorische Kraft nachgewiesen werden.