Schwere, Elektricität und Magnetismus/§. 74.

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§. 74.
Wirkung des einzelnen Stromelementes auf das einzelne magnetische Theilchen.


 Nachdem wir zu einer geometrischen Interpretation der Formel (3) §.71 gelangt sind, welche die Potentialfunction der von dem galvanischen Strome ausgeübten magnetischen Kraft ausdrückt, können wir davon eine Anwendung auf die Kraftcomponenten selbst machen. Um die Componente parallel der Axe der positiven zu finden, haben wir den Punkt in dieser Richtung um die Strecke zu verschieben und die davon herrührende Aenderung der Function durch die Grösse der Verschiebung zu dividiren. Nun ist die Function ein Product von zwei Factoren, von denen der erste — die Stromintensität — bei der vorgenommenen Verschiebung keine Aenderung erleidet. Der zweite Factor ist der Theil der Himmelskugel, den das Auge das eine mal vom Punkte , das andere mal vom Punkte aus durch die Strombahn umschlossen sieht. Statt aber die Strombahn im Raume fest beizubehalten und das Auge aus dem Punkte in den Punkt zu verschieben, kann man auch das Auge in dem ersten Punkte lassen und dagegen die Strombahn so verschieben, dass jeder ihrer Punkte in der Richtung der abnehmenden den Weg durchläuft. Es fragt sich, welche Theile der Himmelskugel dabei aus der Umschliessung austreten und welche in sie neu eintreten (Fig. 39 und 40). Jedes Element der Strombahn erzeugt bei der Verschiebung ein unendlich kleines Parallelogramm, dessen Projection auf der Himmelskugel zu suchen ist. Wir lassen die Richtung des wachsenden Bogens mit der Richtung des positiven Stromes zusammenfallen. Sie möge in Fig. 39 mit der Drehungsrichtung des Uhrzeigers übereinstimmen, in Fig. 40 aber die entgegengesetzte sein. Hat man zur Berechnung von die absoluten Werthe der Projection auf der Himmelskugel und der Stromintensität mit einander multiplicirt, so ist das Product für Fig. 39 mit positivem, für Fig. 40 mit negativem Vorzeichen zu versehen. Danach erhält man die Aenderung von mit dem richtigen Vorzeichen, wenn man bei Fig. 39 die aus der Umschliessung austretenden Theile der Himmelskugel mit negativem Zeichen, die eintretenden mit positivem Zeichen in Rechnung bringt und mit dem absoluten |[264]Werthe der Stromintensität multiplicirt. Bei Fig. 40 hat man dagegen die austretenden Theile der Himmelskugel mit positivem

Fig. 39.
Fig. 40.

Zeichen, die eintretenden mit negativem Zeichen zu nehmen und auch hier mit dem absoluten Werthe der Stromintensität zu multipliciren.

 Sehen wir nun das Bogenelement als eine unendlich kleine gerade Linie an, so können wir durch sie und den Punkt eine Ebene festlegen. Wir ziehen die Normale dieser Ebene und zwar positiv auf derjenigen Seite der Ebene, auf welcher ein dem Strome zugewandter Beobachter aufrecht stehend den positiven Strom von rechts nach links vorbeifliessen sieht. Wir bezeichnen mit den Cosinus des Winkels, den die Richtung der positiven Normale mit der Richtung der positiven einschliesst. Dann ist zu bemerken, dass für Fig. 39 dieser Cosinus positiv oder negativ ist, je nachdem das Bogenelement einem in die Umschliessung eintretenden Parallelogramm angehört oder einem austretenden. Für Fig. 40 gilt die entgegengesetzte Zeichenregel.

 Ein solches Parallelogramm hat die Seiten und . Seine Projektion auf der Himmelskugel ist ein Parallelogramm, dessen Grundlinie und Höhe resp.


und


sind. Man sieht also, dass der Flächeninhalt der Projectionsfigur auf der Himmelskugel (abgesehen vom Vorzeichen) |[265]



ist. Dieses Product hat nun aber dasselbe Vorzeichen wie . Folglich ist für Fig. 39 das Product positiv oder negativ, je nachdem das dadurch ausgedrückte Flächenelement in die Umschliessung eintritt oder aus ihr heraustritt. Und die entgegengesetzten Zeichen ergeben sich bei Fig. 40. Man bringt also in jedem Falle das betreffende Element richtig in Rechnung, wenn man das Product selbst nimmt mit dem ihm eigenen Vorzeichen. Folglich ergibt sich


(1)


und


(2)


Hier sind und absolut zu nehmen. Aus der Gleichung (2) können wir auf die Kraftcomponente schliessen, mit welcher ein einzelnes Stromelement die im Punkte concentrirte positive Einheit der magnetischen Masse in der Richtung der wachsenden in Angriff nimmt. Diese Kraftcomponente in der Richtung der wachsenden ist nemlich



In derselben Weise finden sich die Kraftcomponenten in der Richtung der wachsenden und resp. der wachsenden :




Daraus geht hervor, dass die Gesammtkraft, welche das Stromelement auf den Punkt ausübt, in die Richtung von fällt, d. h. in die positive Normale der Ebene, welche durch das Stromelement und den Punkt festgelegt wird. Die Grösse dieser Kraft ist


(3)


|[266]Die positive Normale tritt aus der Ebene in denjenigen Raum, in welchem man auf der Ebene aufrecht stehend den positiven Strom von rechts nach links an sich vorüberfliessen sieht.

 Diese Regel setzt uns in den Stand, nach Grösse und Richtung die Kräfte anzugeben, welche von den sämmtlichen Stromelementen eines geschlossenen galvanischen Stromes oder auch von mehreren Strömen auf die im Punkte befindliche Einheit der positiven magnetischen Masse ausgeübt werden. Die einzelnen Kräfte setzen sich nach dem Gesetze vom Parallelogramm zusammen.