Textdaten
<<< >>>
Autor: Alfred Brehm
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Schutz den Vögeln!
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 43, S. 615–617
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1858
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[615]
Schutz den Vögeln!
Eine Bitte an alle vernünftigen Menschen. Von Dr. A. E. Brehm.

Die Dummheit und Bosheit der Menschen zeigt sich recht deutlich in der sinnlosen Verfolgung und Vernichtung vieler Thiere, welche unbestritten in hohem Grade nützlich sind. Um auch jene so überaus praktischen Menschen unserer Zeit gleich von vornherein aufmerksam zu machen, bemerke ich, daß es sich hier um einen Nutzen handelt, welcher mit Worten und Zahlen ausgedrückt werden kann und mit Hunderten und Tausenden von Thalern nicht aufgewogen werden dürfte. Namentlich die Vögel sind solche nützliche Thiere, und namentlich sie werden noch immer, selbst von gebildeten und gutmüthigen Menschen, rücksichtslos verfolgt. Noch heut’ zu Tage nageln Dummheit und Bosheit die ohne Zweck, ohne Noth erlegten Bussarde und Eulen, deren Nützlichkeit sie durchaus nicht anerkennen wollen, prahlend an’s Hofthor, als wollten sie sich allen Vernünftigen offen zeigen; noch heute ziehen Dummheit und Bosheit im Spätherbst in den Wald hinaus, um auf der Meisenhütte einer der allernützlichsten Familien unter den Vögeln nachzustellen, obgleich deren Glieder so klein sind, daß jedes einzelne Vögelchen kaum einen Bissen gibt; noch heute geben Dummheit und Bosheit kleinen, nichtsnutzigen Buben das Vogelflintchen in die Hand, um aus dem Kinde frühzeitig – nicht Jäger, sondern mordlustige Todtschläger lieblicher Wesen zu bilden; noch heute sehen Dummheit und Bosheit ruhig zu, wenn Dümmlein und Böslein in den Wald gehen und Vogelnester ausnehmen oder, wie man in meiner Heimath treffend sagt, „ausschinden!“

Mir ist es unbegreiflich, wie man es über’s Herz bringen kann, unsere nützlichen Vögel in der angedeuteten Weise rücksichtslos zu verfolgen. Ich weiß nicht, wie es möglich ist, daß ein fühlender Mensch, anstatt die Vögel an sich zu fesseln, sie von sich treiben kann, sie, denen er so viele schöne, schöne Stunden verdankt, die ihm in jeder Weise angenehm sein müssen. Hat denn derjenige, welcher gleichgültig tausend Leben zerstört, welcher ein fröhliches Herz schon im Keime vernichtet, niemals daran gedacht, was der Vogel ist?! Ist es ihm denn niemals klar und verständlich geworden, daß der Vogel ein poetisches Bild, ein herrliches Gedicht der großen Dichterin Natur ist?!

Heute noch kommen viele zu uns gezogen, siedeln in dem Garten, auf dem First des Hauses, in der Hausflur an, und bitten den Menschen mit Nicken und Neigen des Hauptes, Klappern und Pfeifen und Singen, ihnen doch ein gütiger Gastfreund sein zu wollen. Welch ein freundlich Bild, und wie wenig wird es beachtet!

Der Winter hat sein weißes Schlummertuch über die Erde gebreitet; auf Bergen und in Thälern, auf First und Dach liegt die schneeige Decke. Draußen im Walde ist’s still geworden; blos an den sonnigen Gehängen streifen unter Führung des Buntspechts die lustigen Schaaren der Meisen und Goldhähnchen umher. Tiefer im Walde führt das Zigeunervolk der Kreuzschnäbel sein bewegliches Leben; einzelne von ihnen haben sich wohl schon gepaart und beginnen, im Sturm und Winterfroste am warmen Neste zu bauen. Sonst ist der Wald merkwürdig still: er ist arm geworden und vor dieser Armuth sind seine Bewohner geflohen. Sie kommen nun in großen Haufen zu dem Menschen heran und begehren das Gastrecht; sprich, Menschenkind, vermagst Du es, ihnen dasselbe zu verweigern? Gewiß nicht! Wer könnte dem armen Goldammer, dem Feldsperling, der Meise, dem Finken, Gimpel, Stieglitz, der Amsel, dem lieben „König im Schnee“, dem bunten Zimmermann Specht, den vom fernen Norden hergewanderten Schaaren der Zeisige und Leinfinken, selbst den Nebel-, Raben- und Saatkrähen ihre jetzt gar mühselig zu erwerbende Nahrung kürzen wollen? Wer könnte ihnen, den Schutzsuchenden, geringen Gewinnes halber tückisch Fallen stellen, in welche sie eben die Noth treibt?! Nur ein Mensch, welcher nicht weiß, was die Vögel ihm sind, nicht weiß, was sie ihm sagen, wenn sie, von seinem Ueberflusse gesättigt, singend zu ihm sprechen, zu seiner Freude und Lust; nur ein Mensch, welcher kein Wort von ihrem Gesange versteht. Und man sollte sich doch bemühen, dies zu können. Man frage nur unsern lieben Dichter Mosen, was der Ammer, nachdem er sich vor dem Thore der Scheuer gesättigt, von der höchsten Spitze des Hofbaumes herab seinem Gastfreunde zusingt:

„Horch, ein Vöglein singet:
Wie, wie, hab’ ich Dich lieb!
Singet wieder, das klinget:
Wie, wie hab’ ich Dich lieb!“

Und alle die Andern, welche unser Gehöft umfliegen, sagen Dasselbe, wenn auch vielleicht nicht ganz so verständlich, als er; sie alle werben um unsere Freundschaft. Kaum sind alle Wintergäste vollständig bei uns eingezogen, da erscheinen bereits die Boten des Frühlings wieder im Hofe, im Garten, und wenn sie uns nichts Anderes zu bieten hätten: Grüße vom Frühling und Mai bringen sie alle, Worte des Lebens, Hoffnung zur Freude wissen sie allesammt [616] zu geben. Da, gleich zu Anfange Februars, wenn noch der Winter, der alte mürrische Gesell, seine Herrschaft fest- und die Blumenpoesie unter der starren Decke niederhält, erscheint der immerfrohe, liederreiche Stahr im Garten, fliegt, wie sich’s gebührt, auf des Thurmes höchste Spitze, dort ein Danklied zu singen, und kommt dann zum bewährten Gastfreunde, und bittet und schmeichelt mit lustigen Liedern, welche der Schelm der Golddrossel und der Zippe abgelauscht hat, und komischem Pfeifen, wie er es vom Hirten hörte, oder Krächzen, wie der Heher es ihn lehrte, ihm doch wieder Quartier zu geben für den Sommer. Er scheint seinen Freund förmlich auffordern zu wollen, dem Hause, welches dessen Güte ihm bescheerte, eine Besichtigung angedeihen zu lassen: die es zusammenhaltenden Nägel könnten verrostet sein! – Wenn die Sonne ein wenig wärmer strahlt, kommen Bachstelze und Rothschwänzchen in das Gehöft und den Garten; draußen auf dem Felde und auf den Haideplätzen im Walde die Haidelerchen, „des Aethers Nachtigallen.“ Wenn wir nun auch die Lerchen nicht gerade unsere Gäste nennen können, die ersteren müssen wir zu ihnen zählen. Beide haben so ihre Weise, sich bei uns beliebt zu machen. Bachstelzchen tanzt ihren anmuthigen Reigen auf dem Hausdache vor; Rothschwänzchen grüßt seinen Gastfreund, so oft es ihn erblickt, mit artigen Verbeugungen ohn’ Ende: – ’s sieht allerliebst komisch aus, wenn es sein Körperchen so tief vor ihm neigt; ich glaube, jede Verbeugung ist eine Bitte an ihn, ihm seine Freundschaft zu schenken.

Immer neue Gäste kommen gezogen. Die noch blätterlosen Bäume leuchten im Blüthenschmuck, und schütteln dann ein ganzes Blüthenheer auf den schneefreien Boden herab. Das ist die Einladung für die im fernen Süden Verweilenden, doch ja recht bald in die Heimath zurückzukehren. Laubsänger und Fliegenfänger, Fink und Grünling beziehen den Garten; sie haben auch Viel in ihm zu thun! Denn mit der Meise, dem Baumläufer und allen andern müssen sie jetzt die Blüthen schützen und schirmen vor den sie sonst sicher vernichtenden Insecten. Deshalb sind sie so geschäftig auf Bäumen und Sträuchern und gucken in alle Blüthen scharf hinein. – Von nun an bringt jeder neue Tag neue Gäste. Zum Rothkehlchen, welches schon seit ein paar Wochen in der Hecke wohnte, gesellen sich die singfertigen Grasmücken, die behende Braunelle, der Gartensänger, der komische Wendehals und wie sie sonst alle heißen mögen – und unter ihrem Jubeln und Singen wirken sie alle zu unserem Nutzen, nicht blos zu unserer Freude.

Denn alle Vögel, welche das Haus, das Gehöft, den Garten des Menschen bewohnen, sind nützlich, außerordentlich nützlich, nicht einer von ihnen ist schädlich. Von den 530–560 Arten der europäischen Vögel, ist noch nicht der sechste Theil schädlich! Viele von denen, welche schädlich genannt werden, wiegen den wirklich verursachten Schaden reichlich durch ihren Nutzen auf, welcher aber gewöhnlich nicht erkannt wird. Ich will deshalb zunächst alle wirklich schädlichen und alle nützlichen Vögel unseres Vaterlandes aufführen und den Schaden, der uns von ihnen verursacht wird, mit dem Nutzen vergleichen, den sie uns bringen.

Die wirklich schädlichen Vögel unseres Vaterlandes, deren Verfolgung und bezüglich Vernichtung nothwendig ist, sind folgende:

1. Der Geieradler (Lämmergeier, Bartgeier). Er bewohnt höchst einzeln die Hochalpen und ist dort von Jedermann hinlänglich gekannt. Ich führe ihn nur der Vollständigkeit halber hier auf.

2. Der Seeadler, weil er vom Meeresstrande, seiner eigentlichen Heimath, aus Raubzüge und Wanderungen durch’s feste Land unternimmt und dabei den Fischereien in Flüssen, Teichen und Seen arg zusetzt, auch Hasen und junge Rehe, Lämmer und Zicklein gelegentlich mitnimmt.

3. Alle Edeladler ohne Ausnahme; namentlich der Steinadler, der Königsadler, der Goldadler, die verschiedenen Schreiadler und die Zwergadler. Sie sind kühne Feinde der jagdbaren Thiere und zahmen Heerden, denn sie fangen junges Edelwild, Hasen, Kaninchen, Auer- und Birkwild, Rebhühner, Stein- und Schneehühner, Hausthiere: namentlich junge Ziegen, Schafe, Hunde, Katzen, Trut- und Haushühner, Pfauen, Fasanen, Gänse, Enten, selbst die flüchtigen Tauben (nach eigenen Erfahrungen thut es der Zwergadler). Die großen Arten von ihnen, also Stein-, Gold- und Schreiadler, sind es, welche, wie erwiesen ist, schon mehr als einmal kleine Kinder geraubt haben. Alle Adler bringen dem Menschen gar keinen Nutzen.

4. Der Fischadler. Er ist der größte und furchtbarste Feind aller Fischereien und wird sehr schädlich.

5. Der Milane (Milvus regalis, ater und parasiticus). Erstere rauben Jagd- und Hausgeflügel und junges Niederwild, fischen auch fleißig; letzterer zwingt die Edelfalken, mehr zu fangen, als sie zu ihrer Nahrung brauchen würden, weil er ihnen den schon erhobenen Raub wieder abjagt.

6. Alle Weihen, namentlich der Rohr-, Korn, Wiesen- und Steppenweih. Sie nehmen zwar viele Mäuse von der Erde weg, vernichten aber dabei weit mehr kleine, nützliche Vögel.

7. Alle Edelfalken; namentlich die Jagdedelfalken – welche freilich mehr dem Norden und Nordosten, als unserem Vaterlande angehören – der Wanderfalk und seine Verwandten im Süden Europa’s, der Baumfalk und seine südlichen Verwandten und der Zwergfalk. Sie rauben blos lebende Thiere und namentlich Vögel; denn blos zufällig nehmen sie ein Säugethier weg.

8. Habicht und Sperber. Beide sind heimtückische, abscheuliche Räuber der nützlichen Vögel und weiden außerordentlich schädlich. Die Habichte tragen oft genug selbst Haushühner weg. Beide fangen ebensowohl im Fluge, als im Sitzen, sind gefräßig und ziehen eine zahlreiche Brut heran. Eine unnachsichtliche Verfolgung Beider belohnt sich reichlich.

9. Der Uhu. Er raubt selbst Hasen und verfolgt alle Hühner eifrig. Krähen und Kaninchen sind vielleicht seine Hauptnahrung. Zwar fängt er auch Mäuse; allein der Schaden, den er bringt, überwiegt diesen geringen Nutzen bedeutend.

Außer dem Uhu ist keine andere deutsche Eule schädlich.

10. Der Kolkrabe. Er ist vielleicht durch Vertilgung vieler Mäuse eben so nützlich, als er durch Rauben von jagdbarem Wild und jungem Hausgeflügel schädlich wird.

Zuweilen wird auch die Rabenkrähe schädlich. Einzelne Individuen plündern nämlich gern die Nester kleiner Singvögel aus, nehmen wohl auch ein junges Rebhühnchen, Fasanchen, Haushühnchen auf, fressen die Eier von Auer- und Birkwild, wenn die Mutter auf Augenblicke das Nest verläßt, und richten anderen Unfug an. Da jedoch im Uebrigen die ganze Gesellschaft entschieden nützlich ist, wäre es Unrecht, den Unschuldigen das entgelten zu lassen, was Einzelne verbrechen.

Aehnlich verhält es sich auch mit der Elster und dem Heher; jedoch möchte es schwer sein, so Vieles und Gewichtiges zu ihren Gunsten, wenigstens zu denen der Elster, zu sagen, als bei der Rabenkrähe. Ich zähle die Elster ganz entschieden zu den schlimmsten Feinden des Kleingeflügels und dulde sie nicht in meinem Gehege.

11. Der Raubwürger. Von ihm hat mein Vater beobachtet, daß er sogar eine Amsel abgewürgt hat; sein Name ist also bezeichnend genug. Unter dem Kleingeflügel und seiner Brut richtet er oft bedeutenden Schaden an. Auch der ganz unschuldig aussehende Dorndreher oder Neuntödter ist von dem Verdachte, Vogelnester auszunehmen, nicht ganz freizusprechen.

12. Der große Trappe. Der Nutzen, welchen dieser Vogel durch sein ziemlich wohlschmeckendes Fleisch gewährt, wird aufgewogen und gewiß überwogen durch den Schaden, den er, zumal im Winter, den Saaten zufügt; namentlich auf Rapsfeldern richtet eine Trappengesellschaft im Winter große Verwüstungen an.

13. Die Kraniche. Sie fressen zur Saatzeit und auch zur Zeit der Reife des Getreides nur dieses und brauchen ziemlich viel zu ihrer Nahrung.

14. Alle Fischreiher; namentlich der graue und Purpurreiher, die Rohrdommel und der Nachtreiher. Sie nähren sich von Fischen und nehmen blos gelegentlich einen Frosch oder eine Maus zu sich (Rohrdommel), Auch die Silberreiher sind eben so schädlich, als die bunten Reiher; ich brauche sie jedoch nicht namentlich aufzuführen, weil sie dem Südosten angehören und dort an großen und so fischreichen Morästen und Brüchen leben, daß ihre Nahrung die Wirthschaft des Menschen nicht beeinträchtigt.

15. Alle Säger und Seetaucher, namentlich der Gänse-, langschnäbelige und gehäubte Säger, der Eis-, Polar- und rothkehlige Taucher, sowie auch der Haubensteißfuß. Sie sind sämmtlich Fischfresser und sehr geschickte Jäger, welche den Menschen dadurch beeinträchtigen, daß sie auf süße Gewässer [617] kommen. Dasselbe gilt von den Scharben, und zwar von dem Kormoran und der gehäubten Scharbe.

Mit ihnen ist die Liste der schädlichen Vögel geschlossen; denn die wenigen, welche noch Schaden bringen, sind entweder so klein (wie der Eisvogel), daß der Schaden ein kaum zu beachtender ist, oder sie wiegen den Schaden durch ihren Nutzen auf, wie die Saatgans. Zu letzteren haben wir überhaupt noch manche andere zu zählen, welche leider noch immer als schädliche Vögel aufgezählt werden, weil ihre Verdienste im Stillen bleiben.

Wer hätte nicht schon unsern Hausperling verdammen hören! O, der ist ein Spitzbube, ein Erzdieb, Schelm, Schurke! – anderer übler Nachreden, namentlich hinsichtlich seiner in der That etwas stürmischen Liebeserklärungen, gar nicht zu gedenken! Armer Sperling! Wer hat wohl jemals deine Verdienste anerkannt?! Die Körner, welche Du aus den Aehren des Getreides stiehlst – und stehlen mußt Du, weil dir die Menschen sonst dein Brod vor der Nase wegnehmen, – hat man gezählt, geschätzt und überschätzt, die Kirschen, welche du dir schmecken ließest, die Weintrauben, von denen du dir deinen Zehnten nahmst, gewiß alle in dein Schuldbuch eingetragen; aber wer hat jemals dir zu Gunsten gesprochen? Höchstens dann und wann ein lustiger Kauz, ein Philosoph, dem dein weltgerechtes Wesen und Leben die verdiente Bewunderung entlockte, – weiter Niemand! Ich aber habe dich lieb gewonnen, alter, getreuer Hausfreund, trefflicher Menschenkenner, kluger Gesell! Drum will ich dein Anwalt sein. Mein geneigter Leser mag mir verzeihen, wenn ich bei dem Sperling noch einen Augenblick verweile.

Der Haussperling ist ganz gewiß eine Zeit lang im Jahre schädlich; aber wie lange währt diese Zeit? Kaum zwei Monate! So lange die Kirschen, Trauben und Getreidearten reifen – länger nicht! Wenn er im Winter auf die Kornspeicher fliegt, und sich von dort seinen Bedarf holt, ist es eben blos die Schuld des nachlässigen Besitzers, welcher den Speicher nicht verschloß; deshalb darf dieses ihm gar nicht zur Last gelegt werden. Wegen der wenigen Kirschen und Weinbeeren aber, welche er verzehrt, würde man vielleicht kein so großes Geschrei erheben, wenn man bedenken wollte, daß jeder Arbeiter seines Lohnes werth ist. Und der Sperling ist ein solcher Arbeiter. Auf jede Kirsche, welche er sich zum Lohne erbittet, kommen ganz gewiß hundert Insecten, die er von demselben Baume im Laufe des Jahres ablas; wenn man die Eier rechnen wollte, vielleicht tausend. So ist es auch bei den Trauben; und nur beim Getreide tritt ein anderes Verhältniß ein: er macht sich eben am Getreide für das bezahlt, was er den Gartenpflanzen und anderen Früchten genützt hat. Das, denke ich, ist doch recht und ehrlich gehandelt! Kurz, der Sperling ist eben so nützlich als schädlich; warum ihn also rücksichtslos verdammen und verfolgen?! Er hat außerdem Feinde genug.

So gibt es noch mehrere Vögel, deren Nutzen mit dem Schaden gleich ist; man thut gewiß wohl, auch diese zu schonen. –