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1916, S. 357, Nr. 57), für den vorhandenen Bestand von beidem, ebenso wie von Geld, ist die Bezeichnung „Vorrat“ üblich. Weder das eine noch das andere bildete ein Lager im Sinn des heute geläufigen anscheinend weit jüngeren Ausdrucks „Warenlager“. Der mittelalterliche Handel hat das Wort „gelieger“, doch in etwas anderem Sinne.

In seinem Württ. Privatrecht, Bd. II 1842, S. 362 gibt C. G. Wächter folgende Definition: „Lager- oder Saalbuch ist ein Verzeichnis der einer (natürlichen oder juristischen) Person in einem gewissen Bezirke an Liegenschaften oder aus einem Gutsverbande überhaupt oder gegen die Bewohner eines Bezirks zukommenden Rechte und Bezüge und der mit denselben etwa verbundenen Lasten.“ Das letztere gilt freilich nur für die Lagerbücher, wie sie noch im 19. Jahrh. bis zur Ablösung im Gebrauch waren und wie sie etwa seit dem 17. Jahrhundert ausgestaltet worden sind. Von Lasten der Herrschaft ist in den älteren Lagerbüchern nur wenig zu finden. Dagegen gilt für das ganze Schrifttum der Zinsrodel, Urbare und Lagerbücher, was Wächter weiter sagt: „Der Hauptzweck der Lagerbücher ist, vollen und sichern Beweis der zukommenden Rechte und Bezüge zu verschaffen.“ Diesen Zweck erfüllen schon die älteren vom Berechtigten allein ausgegangenen Ausfertigungen; was die noch unbeglaubigten Lagerbücher des 16. Jahrhunderts in der Rechtssprechung bedeutet haben, zeigen die damals zahlreich bei allerlei Streitigkeiten vorgebrachten „Auszüge“, die in den Akten liegen. Von dieser Erkenntnis aus wird auch die Tragweite der Bestimmung in der Ordnung von 1422/3 recht verständlich, daß ein besonders sorgfältig ausgefertigtes Exemplar der Erneuerung in der Registratur der Kanzlei niedergelegt werden soll. Wie in der Maßordnung vom 31. März 1557 das in Stuttgart und Tübingen je für die zwei Landesteile ob und unter der Steig niedergelegte amtliche Normalmaß und -gewicht als legermess und legergewicht bezeichnet wird, so hat sich aus der Bestimmung von 1422/3 über die amtlich deponierte Ausfertigung des für das ganze Gebiet der Herrschaft neu anzulegenden Registers

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oder Salbuchs die Bezeichnung legerbuch, Lagerbuch ergeben, und zwar vermutlich gleichzeitig oder bald nachher. Man hat sie als neue Schöpfung nicht in die Bücher selbst aufgenommen; aber sie ist wohl nicht lange genug auf das eine Exemplar der Registratur beschränkt geblieben, sondern im amtlichen Gebrauch für alle Erneuerungen überhaupt verwendet worden. Daß es bisher nicht gelungen ist, den Ausdruck schon im 15. Jahrhundert nachzuweisen, erklärt sich leicht aus dem Fehlen einschlägiger Akten.

Außer dem amtlichen Exemplar, für das Pergament vorgeschrieben wurde, sollten weitere Abschriften auf Papier für die Kanzlei und die Amtleute und Keller in den einzelnen Aemtern angefertigt werden. Von der Verwendung von Pergament hat man wohl wegen der Kosten bald abgesehen. Erhalten sind von Exemplaren auf Pergament nur die vier Teile des Urbars von ca. 1350. Man hat auch später die Erneuerung nur mehr ämterweise vorgenommen. Aus späteren Anordnungen ist zu entnehmen, daß man wohl in der Regel mehr als zwei Abschriften auf Papier gemacht hat. Ursprünglich wurden diese Abschriften ohne Zweifel in der Kanzlei geschrieben. Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts ist das offenbar nicht mehr der Fall. Es ist ein äußeres Merkmal, das die Aenderung erkennen läßt. Die alten Exemplare sparen Raum und Papier, wie an Schriftprobe 2 und 3 zu sehen ist. Auch die Lagerbücher der österreichischen Zeit sind nur in dem Maße weiträumig, wie es für bessere Gliederung und Uebersichtlichkeit notwendig war (Schriftproben 4, 5, 7), dagegen beschränken die Nr. 9–13, 15–18 den Anteil der Schrift bzw. des eigentlichen Textes auf jeder Seite auf das möglichst geringe Maß, verbrauchen mit überflüssigen Seitenüberschriften, mit Schnörkeln, breitem Rand und übergroßen Abständen unverhältnismäßig viel Platz, kurz zeigen durchaus auf Anfertigung durch Lohnschreiber, deren Lohn nach der Zahl der Seiten berechnet wird. Die verwendeten Schriftformen weisen auf die Modisten, von denen früher die Rede gewesen ist.

Den Grundstock der Abteilung „Weltliche Lagerbücher“

Gebhard Mehring: Schrift und Schrifttum
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