Textdaten
Autor: H. Belka
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Titel: Schlangenfang im großen
Untertitel:
aus: Die Burg. Illustrierte Zeitschrift für die studierende Jugend, 2. Jahrgang, S. 153–154
Herausgeber: Prof. J. Hartorius und Oberlehrer K. Faustmann, Mainz.
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1914
Verlag: Verlag der Paulinus Druckerei
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Erscheinungsort: Trier
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
Der Artikel wurde Schlangenhöhlen (Verfasserangabe W. K.) entnommen. Dieser erschien in: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 12, S. 222–225.
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[153] Schlangenfang im großen. Von H. Belka.

Eine richtige „Schlangenhöhle“ wurde im Jahre 1904 von einer englischen Vermessungsabteilung in Indien in dem Ostausläufer des Barackar-Höhenzuges aufgefunden. Die englische Tierhändler-Firma Worbster entsandte auf diese Kunde eine besondere Expedition nach dem Barackar-Gebirge, um die in der Grotte vorhandenen Reptilien zu fangen.

Der Gewinn, den die kostspielige Expedition abwarf, war auch wirklich über alles Erwarten reich. Unter anderen wurden in der Höhle, die sich etwa zehn Meter weit in die Bergwand hinein erstreckt, nicht weniger als siebzehn Riesenschlangen gefangen, von denen die beiden größten, Exemplare von über acht Meter Länge, noch heute im zoologischen Garten in London das Erstaunen der Besucher stets aufs neue hervorrufen. Für diese zwei seltenen Stücke wurden nicht weniger als 40 000 Mark bezahlt. Außerdem aber brachten die Leute der Firma Worbster noch 152 andere Reptilien mit nach England, die sie sämtlich aus der Barackar-Höhle herausgeholt hatten, darunter einige sehr selten vorkommende Arten, die für das 100fache ihres Gewichtes in Gold an wissenschaftliche Institute verkauft wurden.

Interessant ist es, wie die Schlangenjäger das gefährliche Wild in ihre Gewalt brachten. Als die Worbster‘sche Expedition, die mit den eingeborenen Dienern vierzig Köpfe stark war, in der Nähe der Höhle anlangte, begann man zunächst die örtlichen Verhältnisse auszukundschaften und durch Beobachtung der Tiere festzustellen, zu welcher Tageszeit die größte Anzahl in der Höhle vereinigt war. Nach diesen Vorbereitungen transportierte man die für die Schlangen bestimmten Transportkisten bis dicht vor die Höhle, deren Eingang hierauf durch einen vorher möglichst genau ausgepaßten, mit geölter Leinwand bespannten Holzrahmen verschlossen wurde. Diese Tür besaß in geringer Höhe über dem Erdboden einige Öffnungen von geringem Umfange, durch die die Reptilien, darauf zielte die Absicht der Jäger hin, nachher einzeln herauskriechen sollten. An langen, eisernen Stangen wurden nun brennende Wergbüschel, die mit einer besonderen Flüssigkeit getränkt waren, in die Höhle hineingeschoben. Diese Flüssigkeit erzeugte einen sehr starken, betäubenden Qualm, der die Schlangen aus ihrem Versteck in völlig erschöpftem Zustande durch die vorgesehenen Öffnungen ins Freie hinaustrieb, wo sie dann ergriffen und in die Transportkästen gesteckt wurden. 36 Tiere waren in der Höhle erstickt.

Auch auf Borneo, der größten der Sundainseln und nächst Neuguinea der größten Insel der Erde, liegt an der Quelle eines kleinen Flusses eine Schlangenhöhle. Diese Höhle besitzt eine Unzahl von engen Eingängen, die wohl für die geschmeidigen Reptilien, nicht aber für Menschen passierbar sind. Nur eine einzige über der Mitte der Grotte gelegene Öffnung ist weit genug, um den Körper eines Mannes hindurchzulassen. Durch diese Öffnung wurden Verbrecher, die einer Missetat beschuldigt waren, an einem Strick hinabgelassen. Zog man sie unversehrt wieder heraus, so war ihre Unschuld erwiesen. Andernfalls hatten dann eben schon die Schlangen Henkersarbeit getan.

Mit dieser grausigen Art von Gottesgericht räumten die Engländer auf, als sie 1889 das Protektorat übernahmen. Der oben genannte Tierhändler [154] Worbster beabsichtigte, auch diesen Schlangenzufluchtsort auf Borneo auszuräuchern. Der Sultan verweigerte jedoch die Genehmigung dazu.

Die naheliegende Frage, aus welchen Gründen wohl die Schlangen eine so große Vorliebe für einen bestimmten Ort, wie die hier angegebenen Felsengrotten, haben mögen, ist von vielen Naturforschern untersucht worden. Wahrscheinlich handelt es sich bei den Schlangenhöhlen um Örtlichkeiten, die sehr trocken, dann auch infolge unterirdischer, vulkanischer Wärmequellen besonders warm sind und daher von den Reptilien als Aufenthaltsort bevorzugt werden.