Schach dem König
Schach dem König.
Kapuziner, Kapuziner,
Bärt’ger Alter, gieb nicht nach!
Bist du nicht der Kirche Diener?
Ei, so biet’ dem König Schach!
„Schach dem König, Schach dem Kaiser!“
Also schreit das Söldnerheer
Sich des Papstes längst schon heiser
Von den Alpen bis zum Meer.
Und auch du, der Kirche Diener,
Standest nie den Brüdern nach –
Darum vorwärts, Kapuziner,
Biete flugs dem König Schach.
Doch du lächelst meinem Eifer
Und ich glaub’ dich zu versteh’n –:
„Laß in Zorn und Haß und Geifer
Nur die Andern untergeh’n.
„Friedlich sitzen wir im Keller
Und der Sonne Sommerlicht,
Wär’ es auch noch zehnmal greller,
Stört uns in der Tiefe nicht.
„An der Treppe lehnt der Bruder,
Der mein Herz sich längst gewann,
Seit schon manches schöne Fuder
Wein durch unsre Kehlen rann.
„Und die beiden andern Alten
Sind aus Strahow,[1] hörst du wohl?
Wackre, würdige Gestalten
Von dem Prager Capitol –
„Machen, sind sie ohne Fragen
Sonst gleich gar gelehrte Herr’n,
Doch an heißen Sommertagen
Auch ein kleines Spielchen gern.
„Und so sitzen manche Stunde
Wir am heimlich kühlen Ort –
Kaum, daß in der Spielerrunde
Fällt ein leicht erregtes Wort.
„Nur zuletzt klingt’s durch die Halle,
Schach dem König! künd’ ich an,
Und der Andre in der Falle
Merkt, es geht ihm an den Mann.
„Schach und Schach! Auf scharfer Lauer
Steh’ ich, dräng’ ich nach beim Sturm,
Und da fällt der letzte Bauer,
Und da fällt der letzte Thurm.
„Schach und matt! So ist’s geendet,
Harmlos, wie es auch begann – –
Wie das Spiel sich draußen wendet,
Freund, das ficht mich wenig an.
„Eine schöne fette Pfründe
Und ein Keller voll von Wein
Gilt mir mehr als alle Gründe,
Mehr, als was die Blätter schrei’n.
„Schach dem Kaiser, Schach dem König!
Ruft der Papst im Vatican;
Schach dem Kaiser, Schach dem König!
Rufen Bischof und Caplan.
„Schach dem König! stets vom Neuen
Ruf’ auch ich’s im Keller hier,
Und es soll mich wirklich freuen,
Glückt’s dem Papst so gut wie mir.“
Hermann Oelschläger.
- ↑ Das berühmte Prämonstratenserstift auf dem Prager Hradschin.