Textdaten
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Autor: Kalidasa
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Titel: Scenen aus dem Sacontala
Untertitel: oder dem unglücklichen Ring, einem indischen, 2000 Jahre alten Drama
aus: Thalia - Dritter Band, Heft 10 (1790), S. 72-88
Herausgeber: Friedrich Schiller
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1790
Verlag: Georg Joachim Göschen
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Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer: Georg Forster
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: UB Bielefeld bzw. Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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IV.

Scenen aus dem Sacontala, oder dem unglücklichen Ring, einem indischen, 2000 Jahr alten Drama.


Duschmanta. (der König)

(wird nicht gesehen)

Hier, höchst beglückt in deiner Gegenwart, steht der Mann, von dem du, schüchternes Mädchen verworfen zu werden besorgst? Hier steht der Mann, der dich bis zum Wahnsinn liebt, und du fürchtest, schönes Kind, daß er dich nicht annimmt? Wer dich besitzen soll, wird nach keinem glänzendern Juweel trachten; du bis das Kleinod, nach dessen Besitz ich mit Sehnsucht trachte.

Anusuya. (eine von Sacontalas Mädchen.) Du lästerst, Sacontala, deinen eignen unvergleichlichen Werth. Wäre wohl der Mann bey Sinnen, der das herbstliche Mondlicht mit einem Schirme auffienge, da es allein die Fieberhitze, die der Mittag erregte, wieder löschen kann?

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Sacontala. (lächelnd.) Ich besinne mich auf etwas. (Sie meditirt.)

Duschmanta. So schaue ich dann unverwandt die liebliche Dichterin, und schließe die Augen nicht, indes sie die Füße des Silbenmasses zählt. Wie reizend wiegt sie ihre Stirne nach dem Takt! Ihr ganzer Anblick zeugt von reiner Zärtlichkeit.

Sacontala. Ich habe einen Vers gemacht; allein es fehlt an einem Schreibzeug.

Priyamwada. (ihr anderes Mädchen.) Laß uns nur die Worte hören, ich will sie mit meinem Nagel auf dieses Lotosblat ritzen, das so weich und grün ist, wie die Brust eines jungen Papageyen, und sich leicht in die Gestalt eines Briefes schneiden läßt. Sag an den Vers.

Sacontala. „Dein Herz kenne ich freylich nicht; aber Grausamer! meines wärmt die Liebe Tag und Nacht, und alle meine Seelenkräfte neigen sich zu dir.“

Duschmanta. (kommt schnell zum Vorschein, und spricht einen Vers in demselben Silbenmaas.) „Dich, schlankes Mädchen, wärmt Amor nur; mich brennt er aber, wie der Stern des Tages

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nur den Duft der Nachtviole unterdrückt, aber den leuchtenden Mond gänzlich auslöscht.“

Anusuya. (blickt ihn freudig an.) Willkommen, großer König! Meiner Freundin reifen die Früchte ihrer Phantasie ohne Säumen.

(Sacontala scheint aufstehen zu wollen.)

Duschmanta. Bemühe dich nicht. Die zarten Glieder, die auf dem Blumenbett ruhen, die Arme, deren Lotosspangen ein leichter Druck verrückt, die ganze liebliche Gestalt, die der heiße Mittag zu beängstigen scheint, dürfen nicht durch Ceremonien ermatten.

Sacontala. (beiseite) O mein Herz! nach allem deinem Leiden kannst du noch nicht ruhen?

Anusuya. Laß unsern Herrscher Platz nehmen auf dem Felsen, an dem sie ruht.

(Sacontala macht ihm Platz.)

Duschmanta. (setzt sich.) Priyamwada, hat nicht das Fieber deiner reizenden Freundin ein wenig nachgelassen?

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Priyamwada. (lächelnd.) Eben hat sie eine heilsame Medicin genommen, und bald wird sie wieder gesund seyn. Allein, mächtiger Fürst, da ich deine und ihre Gunst habe, fodert mich meine Freundschaft für Sacontala auf, einige Augenblicke mit dir zu sprechen.

Duschmanta. Sprich ohne Rückhalt, treffliches Mädchen; verhalte mir nichts.

Priyamwada. Unser Herrscher soll hören.

Duschmanta. Ich gebe Acht.

Priyamwada. Indem du unseren frommen Einsiedlern ihre Besorgniß nahmst, hast du eines großen Monarchen Pflicht erfüllt.

Duschmanta. O sprich lieber ein wenig von etwas andern.

Priyamwada. Wohlan! dann muß ich dir nur sagen, daß unsere geliebte Gespielin dich lieb gewonnen hat, und daß Amor, der rastlose Gott, ihre Erschöpfung jetzt verursacht. Du allein kannst ihr unschätzbares Leben erhalten.

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Duschmanta. Süße Priyamwada! gegenseitig ist unsere Leidenschaft, aber für mich ist sie ehrenvoll.

Sacontala. (lächelt, mit einem gemischten Ausdruck von Zärtlichkeit und Unmuth.) Warum wollt ihr den tugendhaften Herrscher zurückhalten, den eine so lange Abwesenheit von den geheimen Zimmern seines Pallasts betrüben muß.

Duschmanta. Dieses Herz – o du, die ihm vor allen Dingen auf Erden das Theuerste bist – wird ausser dir kein Ziel haben, ausser dir nicht, deren Augen schwarzer Glanz mich entzückt, wenn du nur sanfter deine Rede stimmtest. Der Pfeil der Liebe hätte mich bald getödtet; deine Worte vernichten mich.

Anusuya. (lacht.) Fürsten, heißt es, haben viele begünstigte Gemalinnen. Versprich uns also, daß unsere geliebte Freundin durch unsere Aufführung nicht in Betrübniß geräth.

Duschmanta. Wozu noch viele Worte? Es mögen noch so viele Weiber in meinem Pallast seyn, ich habe nur zwey Gegenstände, denen ich mich ganz widmen kann; die See umgürtete Erde, die ich beherrsche, und eure süße Freundin, die ich liebe.

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Beide. Unsere Besorgnisse sind gehoben.

(Sacontala bemüht sich vergebens ihre Freude zu verbergen.)

Priyamwada. (zu Anusuya beiseite.) Sieh nur, wie allmählig unsere holde Freundin ihre Kräfte wieder bekommt; so die Pfauhenne, wenn die Sommerhitze sie drückt; ein sanftes Säuseln, ein milder Regen erquicken sie wieder.

Sacontala. (ihren Gespielinnen.) Verzeiht, ich bitte euch, meinen Verstoß, daß ich Worte ohne Bedeutung sprach; um euch die Zeit zu kürzen sprach ich sie, um euch die zärtliche Sorge für mich zu vergelten.

Priyamwada. Sie veranlaßten doch unsern ernstlichen Rath. Wer aber verzeihen muß, ist der König; denn wer sonst ist beleidigt?

Sacontala. Der große Monarch, hoffe ich, wird das entschuldigen, was in seiner Gegenwart oder Abwesenheit gesprochen ward. (Beiseite zu den Mädchen.) Ich bitte euch, legt ein Vorwort bey ihm ein.

Duschmanta. (lächend.) Gern verzeih ich dir jede Beleidigung, reitzende Sacontala, du, die mein Herz beherrscht, wenn du

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mir vollends Platz machen wolltest, bey dir zu sitzen, und auf dem Blüthenteppich, den du mit zarten Gliedern drückst, mich von meiner Ermüdung erholen zu lassen.

Priyamwada. Mach ihm Platz: es wird ihn besänftigen und beglücken.

Sacontala. (stellt sich böse; beiseit zu Priyamwada:) Stille boßhaftes Mädchen; kannst du der Schwachen spotten?

Anusuya. (sieht in die Scene.) Ach, meine Priyamwada, sieh! dort läuft deine junge Lieblingsgazelle, und blickt nach allen Seiten wild umher; das arme Thier sucht gewiß seine Mutter, die sich im weiten Walde verirrt hat. Ich muß nur gehen und ihm suchen helfen.

Priyamwada. Ich kenne seine Schnellfüßigkeit. Du allein kannst es nicht einfangen; ich muß dich begleiten.

(Gehn beide hinaus.)

Sacontala. Ich kann nicht zugeben, daß ihr euch entfernt; ihr laßt mich ja allein.

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<poem>

Beide. (lachend.) Allein? und der Herr der Welt an deiner Seite!

(Gehn ab.)

Sacontala. Wie konnten mich beide meine Gefährtinnen verlassen?

Duschmanta. Holdes Mädchen, das kümmere dich nicht. Bin ich nicht hier, an ihrer Stelle, um deine Gnade zu bitten? – (Beiseite.) Ich muß meine Leidenschaft ihr offenbaren. – (Laut.) Kann ich nicht, wie sie, diesen Fächer von Lotosblättern wiegen, um die kühle Luft dir zuzuwehen, und deine Unruhe zu verscheuchen? Kann ich nicht, wie sie, sanft in meinen Schoos legen die zarten Füße, wie Wasserlilien roth, und Zauberin! sie drücken! um deine Schmerzen zu mindern?

Sacontala. Ich würde mich selbst beleidigen, wenn ich dort Dienstleistungen annähme, wo ich selbst Ehrerbietung schuldig bin.

(Sie steht auf, geht aber langsam und schwach).

Duschmanta. Noch, Geliebte, ist der Mittag nicht vorbey, und deine zarten Glieder sind matt. Wie wenig vermagst du, mit einem so schwachen Körper diese übermäßige<poem>

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Hitze zu ertragen, wenn du dich vom Lager erhebst, wo frische Blumen deine Brust beschatten?

(Zieht sie sanft zurück.)

Sacontala. Verlaß mich, o verlaß mich. Ich hänge in der That von andern ab, ich kann nicht thun, was ich will, oder – – – jene beiden Mädchen haben allein den Auftrag mich zu bedienen. Was soll ich nun anfangen?

Duschmanta. (beiseite) Die Besorgniß, zu beleidigen macht mich schüchtern.

Sacontala. (die es gehört hat) Der König kann nicht beleidigen. Ich klage nur mein hartes Schicksal an.

Duschmanta. Warum thust du das? Deine Bestimmung ist ja so schön!

Sacontala. Sage vielmehr, wie kann ich mich enthalten, dieses Schicksal zu schelten, das mein Herz von liebenswürdigen Eigenschaften rühren läßt, und mich nicht unabhängig machte?

Duschmanta. (beiseite) Sollte man nicht glauben, das reitzende Geschlecht, anstatt, wie wir, von Liebe gequält zu werden, hielte

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Amorn selbst in ihrem Herzen gefangen, um ihn durch Zögerung zu quälen?

(Sacontala im Begriff zu gehen.)

Duschmanta. (für sich.) Wie? soll ich mein Glück verscherzen?

(Folgt ihr und ergreift den Saum ihres Mantels.)

Sacontala. (kehrt zurück). Purus Sohn! bewahre deine Vernunft; o bewahre sie! – Die Einsiedler sind auf allen Seiten des Hains in der Arbeit.

Duschmanta. Geliebteste! Deine Furcht ist eitel. Kanna selbst, der tiefgelehrte Kenner des Gesetzes, wird sich unserer Vereinigung nicht widersetzen. Viele Töchter der heiligsten Männer heiratheten nach dem Ceremoniel, das Gandharwa genannt wird, wie es unter Indras Verehrern üblich ist, und ihre Väter selbst bestätigten sie. (Er schaut umher) Du sagst nichts? Bist noch unerbittlich? Ach, so muß ich gehen.

(Geht einige Schritte und sieht zurück.)

Sacontala. (Geht auch einige Schritte, und wendet dann ihr Gesicht nach ihm.) Ob ich gleich dir versagte, dich nur einen Augenblick mit mir sprechen ließ, – dennoch, o Purus Sohn! gänzlich vergiß Sacontala nicht. –

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Duschmanta. Bezauberndes Mädchen! Würdest du hinweggerückt an der Welt Ende, so wurzelst du dennoch in diesem Herzen, wie der Schatten noch bey dem Baume bleibt, nachdem der Tag verschwunden ist.

Sacontala. (Im Hinausgehen für sich.) Seitdem ich seine Betheurungen höre, bewegen sich meine Füße zwar, allein ich kommt nicht mehr weiter. Ich will mich hinter diesem blühenden Gesträuch (Curuvaca) verbergen, und merken wie seine Leidenschaft wirkt.

(Verbirgt sich hinter das Gesträuch.)

Duschmanta. (beyseite) Kannst du mich verlassen, geliebte Sacontala? Mich verlassen, den Allzärtlichen? Nicht einen Augenblick konntest du weilen? Zart ist deine liebliche Gestalt, das Kennzeichen einer milden Seele; und ist dein Herz so hart, wie am rauhen Stengel die zarte Sirischa wächst?

Sacontala. (für sich.) Ich bin wie gefesselt an diese Stätte.

Duschmanta. (für sich.) Was soll ich beginnen an diesem verlassenen Ruheplatz? – (schaut nachsinnend um sich her) – Ha! welch

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ein Glück, daß ich noch nicht weggegangen bin! Hier liegt ihre Armspange von Blumen; sie duftet den köstlichen Geruch der Usirawurzel, die ihren Busen durchbalsamte; und indem sie dem niedlichen Arm entschlüpfte, ward sie meinem Herzen eine neue Fessel.

(Hebt die Armkette ehrerbietig auf.)

Sacontala. (beiseite, blickt auf ihre Hand.) Weh mir! war ich so matt, daß die Fasern des Lotosstengels, die meinen Arm umschlangen, von mir unbemerkt zur Erde fallen konnten?

Duschmanta. (für sich, steckt die Spange in seinen Busen.) O himmlisches Gefühl dieser Berührung! – Von diesem Zierrath deines schönen Arms, Geliebteste, leblos und sinnlos wie es ist, gewinnt dein unglücklicher Liebhaber neues Vertrauen – Seligkeit, die du ihm weigertest!

Sacontala. (beiseite.) Hier bleib' ich nicht länger. Unter diesem Vorwand darf ich zurückgehn.

(Sie geht langsam auf ihn zu.)

Duschmanta. (entzückt) Ha! die Fürstin meiner Seele beglückt diese Augen wieder! Gütiger Himmel, du bestimmtest mir Freude nach so vielem Leiden. Der Vogel Chatak, dessen

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Kehle vor Durst trocken war, bat um einen Tropfen Wassers, und plötzlich floß ein kühler Strom in seinen Schnabel aus der Milde einer frischen Wolke.

Sacontala. Mächtiger König! Als ich auf halbem Wege nach der Hütte war, bemerkte ich daß meine Armspange von feinen Stengeln mir von der Hand gefallen war, und ich kehre zurück, weil ich in meinem Herzen beinah überzeugt bin, daß du sie gesehen und aufgehoben hast. Gieb sie mir zurück, ich bitte dich, damit du nicht beide dich und mich den Vorwürfen der Einsiedler Preiß gebest.

Duschmanta. Wohlan! auf eine Bedingung geb’ ich sie dir wieder.

Sacontala. Welche Bedingung? sprich –

Duschmanta. Daß ich sie wieder um deinen Arm befestigen darf.

Sacontala. (beiseite) Mir bleibt kein anderer Ausweg übrig.

Duschmanta. Laß uns beide auf diesem glatten Felsen sitzen, daß ich sie wieder befestige.

(Setzen sich.)

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(Er nimmt ihre Hand.) O unaussprechliche Zartheit! Diese Hand hat ihre angeborne Stärke und Schönheit wieder erhalten, wie ein junger Camalatasprosse; oder vielmehr – dem Liebesgott selbst ist sie ähnlich, da ihn das Feuer von Haras Zorn verzehrt hatte, und ein Nektarregen, herabgeträufelt von den Unsterblichen ihn wieder belebte.

Sacontala. (drückt ihm die Hand) Der Sohn meines Herrn eile die Armspange anzubinden.

Duschmanta. (für sich mit Entzücken.) Nun bin ich warlich beglückt. „Der Sohn meines Herrn“? So spricht man nur von einem Gemahl. – (Laut) Das Schloß dieses Geschmeides läßt sich nicht gut lösen, meine Theureste, du solltest es zurecht machen lassen, daß es dir besser paßte.

Sacontala. (lächelnd.) Wie es dir gefällt.

Duschmanta. (indem er ihre Hand fahren läßt.) Sieh, meine Theure! Dieß ist der Neumond, der das Firmament verläßt, um der höhern Schönheit zu huldigen; er ist herabgestiegen auf deinem bezaubernden Arm, und umschlingt ihn mit seinen Hörnern in Gestalt eines Armbands.

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Sacontala. Ich sehe freylich nichts, das dem Monde ähnelt. Vielleicht wehte vom Säuseln des Windes der Blüthenstaub aus dem Lotos hinter meinem Ohr, und verdunkelte mein Gesicht.

Duschmanta. (lächelnd.) Erlaubst du mir, so hauche ich den süßduftenden Staub von deinem Auge.

Sacontala. Das wäre gütig; doch ich traue nicht.

Duschmanta. O fürchte nichts, fürchte nichts. Ein neuer Knecht übertritt nie die Befehle seiner Gebieterin.

Sacontala. Ein allzudienstfertiger flößt kein Vertrauen ein.

Duschmanta. (für sich.) Diese herrliche Gelegenheit soll mir nicht entgehen. (Versucht es ihren Kopf aufwärts zu heben. Sacontala stößt ihn sanft zurück, bleibt aber sitzen) – O Mädchen, mit dem Gazellenauge, besorge keinen Ungehorsam. (Sacontala blickt auf, einen Augenblick, und hängt ihr Haupt gleich wieder. Duschmanta beiseite, indem er ihren Kopf wieder hebt.) Diese Lippen, deren Zartheit nur noch geahndet, nicht erprobt worden ist, scheinen mit entzückendem Zittern ihre Einwilligung zu geben, daß ich meinen Durst lösche.

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Sacontala. Der Sohn meines Herrn scheint geneigt, sein Versprechen zu vergessen.

Duschmanta. Geliebte! mich täuschte die Nähe des Lotos zu diesem Auge, das ihm an hellem Glanze gleicht.

(Er haucht sanft auf ihr Auge.)

Sacontala. Ich sehe einen Fürsten Wort halten, wie es Fürsten ziemte. In der That bin ich beschämt, daß ich so verdienstlos, des liebevollen Dienstes von meines Herrn Sohn gewürdigt werde.

Duschmanta. Kann ich einen andern Lohn wünschen, ausser dem größten von allen, den nahen Hauch dieser reitzenden Lippen?

Sacontala. Gnügt dir der?

Duschmanta. Der Biene gnügt der bloße Duft der Wasserlilie.

Sacontala. Sonst wüßt ich auch keinen Rath.

Duschmanta. Nicht? – Doch dieß – und dieß – und dieß –

(küßt sie feurig.)

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(Hinter den Scenen.)

Horch! die Schakravoca ruft ihren Gatten am Ufer des Malini. Schon breitet die Nacht ihre Schatten.

Sacontala. (horcht ängstlich.) O Sohn meines Herrn! Die Materne Santami nahet herzu, um nach meinem Befinden zu fragen. Ich bitte dich, verbirg dich hinter jenen Bäumen.

Duschmanta. Ich weiche der Nothwendigkeit.

(Verbirgt sich.)