Sankt Elsbeth
Sankt Elsbeth.
Zu Wartburg unterm Lindenbaum,
Der junge Landgraf lag im Traum,
Es sangen Nachtigallen,
Der Mond zog durch den Himmel blau,
Ueber ferne Berge wallen.
Die Sonne kam, der Graf erwacht,
Ein Wandrer, zog er Tag und Nacht,
Den treuen Leu zur Seite.
Sankt Elsbeth schlief, das fromme Kind,
Der Leue wollt’ nicht weiter.
Geflohen aus dem Königssaal,
War sie, ein Kind, in’s stille Thal,
Der König sandte weit umher,
Sein Kind, das fand er nimmermehr,
So sehr er sich bemühet.
Der Mond zog durch den Himmel blau,
Es sangen Nachtigallen;
Der Leue auf den Rücken zahm
Gar gern die heil’ge Jungfrau nahm,
Sie zogen über Berg und Thale.
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Die Jungfrau trug ein weiß Gewand,
Trug Blümlein weiß im Haare,
Sie schlief nur unter grüner Lind’,
Sie liebte recht als wie ein Kind
Der Landgraf ritt nie auf die Jagd,
Bevor er sie, die süße Magd,
Gütlich in Arm geschlossen;
Der Landgraf kehrte nie nach Haus,
Dem seltnen Kind gebrochen.
Doch nie von ihrem Stand er sagt,
Er hieß sie nur: die stille Magd,
Das Kind im weißen Kleide.
Bei andern schlichten Blumen blühn,
Eine Lilie auf der Heide.
Bald sie, die Magd im weißen Kleid,
Erregte der Hoffrauen Neid,
Herr Walther, Schenk von Varila,
Sprach, als er einst dem Grafen nah
Im stillen Wald geritten:
„Traut lieber Herr! so Ihr nicht grollt,
Ob Elsbeth hier verbleibe?
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Still trägt die Magd manch herbes Leid,
Schwer drückt sie Eurer Schwester Neid,
Sie hassen all die Weiber.“
Sprach: „Siehst du in der Abendglut
Golden die Burgen ragen?
Und bleiben Gold sie bis in Grund,
Ich lass’ sie stehen all zur Stund’,
Da glänzt es auf der Wartburg fern
Wie durch die Lind’ der Abendstern,
Sie sahen’s purpurn wallen.
Die Wolken zogen freudig schnell,
Trommeten hört’ man schallen.
Sie sprengten durch den dunkeln Wald,
Auf Wartburg kamen sie gar bald,
Wohl unter die grüne Linde.
Bei Rittern aus dem Ungarland
Elsbeth, das Königskinde.
Der König jüngst gestorben war,
Zwölf Edle von der Ritterschaar,
Zur Wartburg unter grüner Lind’,
Da fanden sie ihr Königskind,
Den goldnen Leu zur Seite.
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Sie hatten ihr ins gelbe Haar
Die Jungfrau ließ sich’s gefallen.
Die Krone warf einen lichten Stral
Zum Himmel, über Berg und Thal,
Es sangen Nachtigallen.
Des Leuen Aug’ war als ein Stern,
Gluthroth die Haar ihm schienen.
Der Landgraf zog sein glänzend Schwerdt,
Er schwur bei Sonne, Mond und Erd’,
Dann einen Spiegel, treu und rein,
Auszog er aus dem Busen sein:
„Er kömmt vom heil’gen Lande.
Gegraben ist in’s Elfenbein
Nimm ihn zum ew’gen Pfande!“
Kerner.