Sagen von der Klingelkapelle und vom Schloß Eberstein

Textdaten
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Autor: Froben Christoph von Zimmern
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Titel: Sagen von der Klingelkapelle und vom Schloß Eberstein
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch II, S. 285–291
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung:
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[285]
Sagen von der Klingelkapelle und vom Schloß Eberstein.

Als Eberstain In dem Murgenthal vf einem hochen Felsen gelegen, hat es hund (unten) im thal allernechst an der Murg ein Capell am weg, haist der Clingel, darbey ain kleine behausung, darin vil Jar ein Clausnerin, oder aber sonst ein alte Erbare fraw gewonet, so die Capellen tags geöffnet, vnd nachts beschloßen hat, vnd sagt man das graf .... von Eberstain so die von .... gehapt, solche Capellen von ersten erbawen hab, Ist vor vil Jaren beschehen, die vrsach aber das der graf die Capell gebawen, ist die, das zu selbiger Zeit vnd auch deruor, ein solchs groß gewurm vnd vnziffers vmb Eberstain vnd Im Mürgenthal sich enthalten, vnd insonnderhait am großer drach oder wurm, das es dem grafen ob der ganzen Landtschafft ein beschwerdt, also hat der graf daruber Rath gehapt, vnd Ist Im gerathen worden, Er soll der Enden ein Capell bawen, das Ist beschehen, vnd haben die burger von Gerspach [286] sampt mertails Inwoner des tals Ir handtreichung vnd hilf darzu gethon, Bald darnach Ist das gewurm verstrichen. Es haben die alten Grafen von Eberstain vnd Ire weiber vil andachtz vnd willen dahin gehapt, Ist nur zu vnser fraw zur Aich genennt worden, dann die Piltnuß in den Aichbaum geschniten, Aber wurt Iezo nun zum Clingel gehaisen.

Bey Zeiten deß frommen Grafen Bernharten von Eberstains, Ist gar Ain Andechtige Erbare fraw Im Clingel gewesen, die der Capellen gewart mit beschließen vnd Ampeln anzünden. Im Jar 1517 hat sich begeben, Als die guet fraw schlaf gangen, Ist gar nahe umb miternacht was an Ir behausung kommen vnd Anklopfft, Sie Ist vffgestanden vnd an das fenster gangen, vnd gefragt, wer da seye, do hat sie ein alten man wie ein ordensman In einem langen weisen Rockh gesehen, der hat ein weisen part bis vf die gürtel gehapt, vmb In und hünder Im seyen bei acht oder zehen Personen gewesen, kleine kurze leühte, Ires erachtens weibsbilder, haben schwarze Claider angetragen, wie die Closterfrawen, vnd Ir Jedes ein Laternen In der handt mit einem brinenden liecht. Der alt man hat die frawen[1] gebetten, das sie vnbeschwert Inen die Capellen öffnen, deß wellen sie Ir lonen, Die fraw hat sich angelegt, Ist herab zu Inen gangen vnd die Capellen geöffnet, do hat sie mit dem alten man geredt, der hat Ir auch widerumb Antwurt geben, Aber die kleinen weiblin haben nichts geredt, der alt man Ist vor Inen allen In die Capellen gangen, darin hat er in eim buch, so er mit Im dargebracht vnd vnder dem Arm gehapt, gelesen vnd gebetet, die Andern sein Im alle nachgegangen, Je Par vnd Par, vnd alldieweil der Alt man In dem Buch gebettet, haben sich die andern alle Creuzweiß als In einer Venia in der Kirchen gelegt, die alt fraw hat Inen ernstlich zugesehen, was doch zuletzt darauß werden, vnd als sollichs bey einer stund ungefarlich gewert, do sein sie wieder auß der Capellen gangen, der alt man vor, die anndn gepart hernach. Also hat der alt man der frawen für Ir muhe Ain goldguldin geschenkt, vnd sein damit abgeschaiden, das die alt fraw nit sagen künden wo sie hinkommen, Allein das sie gesehen, das sie mit ain andern den Karren-weg am Eberstainer perg hinauf gangen, Alß ob sie In das Schloß welten, vnd das hat die fraw weiter gesagt, [287] was der alt man mit Ir geredt, das hab er alles zway mal gesagt. Hiebey kan Ich nit vnderlassen zu uermelden, Als der Alt man der frawen den goldguldin geschenkt, Hat er gesagt, Liebe fraw, lasen euch disen guldin lieb sein, vnd behalt in wol, dann Ir werden sein noch ganz Notturftig werden, das hat die fraw gethon, vnd Im selbigen Jar Ist eine solche gehe theurung Im Murgenthal vnd deren enden eingefallen, das vil vnder denen armen grosen mangel vnd hunger leiden muesen, Also wie die fraw alles Ir vermögen vmb brot vnd ander Victualien vßgeben. Es Ist aber solch stukh goldz eins solchen alten schlags oder gepregs gewest, das es nit Ist erkennt worden, vnd wie dann dergleichen sachen oft furkommen. Als das An den Vogt vnd an ein Rath zu Gerspach gelangt, hat man vermaint es hab vielleucht die fraw ein schaz gefunden, Dann Inen wol bewüst das sie Ain arme frau vnd solche gulden nit ererbt, derhalben sie beschickt vnd ernstlichen befragt, Woher Ir doch solch stukh goldz kommen, do hat sie Inen die wahrheit vnd all sach wie hieobgemelt geöffnet vnd nichts verhalten. Also hat man die guet fraw wider lasen abscheiden, Jedoch Ir bey höchster Peen eingebunden, wauer (wofern) dise Componia (Gesellschaft) widerkommen, das sie nit vnderlasen, sonder eilends der Stat zu welle, vnd etlichen Verordneten in der Vorstatt solchs anzaigen soll, bey denen auch versehen worden, das sie Im fahl Inen was weiters furgebracht, sich hierinnen der gepur nach halten vnd was es doch fur Leut seyen, erkundigen sollen. Aber dise Componia Ist hinfuro In vil Jaren nit mehr In Clingel kommen, oder gesehen worden, vnd sein so lang Vßblieb, das mitlerweil die alt fraw gestorben, vnd ein andere dahin geordnet worden, die hat Auch vil Jar Im Clingel gewonet, vnd von diesem handel nichts gehört, so hat man Ir auch nichts anzuzaigen wie bey der vorigen Frawen beschehen, befolchen, Ist also biß In die fünff und zwainzig Jar angestanden, daß man von diser Componia weiter nichts gehört.

Aber Im Jar nach Christi gepurt 1542 Als der groß Turkenzug angangen, darin doch laider nit vil vßgericht worden, Ist Graf Wilhelm von Eberstain deß Schwebischen Kraiß Obrister gewest. Mitler weil vnd Er in Hungarn gewesen, do sein sie aber einmal in den Clingell kommen, dergestalt es Ist [288] vast vmb mitternacht der alt man für daß Haus kommen, angeklopft, und an die fraw begehrt man soll Im die Capellen vfthun, das hat die Fraw gethon, do bat sie den Alten in aller gestallt vnd beklaidung gesehen, wie hieuor die annder fraw Ine auch gesehen. Es sein Im drey Par kurzer mentschle nachgegangen, alweg ein mansperson vnd ain weib, vnd die sein nit In gaistlicher Claidung wie vormals beklaidet gewesen, sonder in weltlicher Claidung vnd vnder den weibspersonen Ist eine allerdings zugeruft gewesen, als ob sy ain Hochzeitere were. Sie sein in die Capellen gangen, Aber zwen man die Inen am Letsten nachgefolgt, Vnd Jeder ein leiren bey sich gehapt, die sein vor der Cappellen bliben. Der alt man aber hat, wie sie hineingekommen, sein buech herfur gezogen, vnd darin gelesen, vnd alle die Zeit er gelesen, sein die drey Par Creuzweiß vf dem Boden gelegen, Nachgends wider vfgestanden, Do Ist der alt greiß zu Inen gangen, vnd do hat die Clingel-fraw gesehen, daß er zwayen vnder Inen die Hendt zusammen gefuegt vnd was darzu geredt, das sie doch nit verstanden, In aller gestalt, als so man zway eheleut zusammen gibt, Wie das alles beschehen, sein sie wider vser der Capellen gangen. Do hat sich der alt Man vff ein Kloz, der vor der Capellen, gesezt, Aber die zwen mit der Lairen haben dozu danz gemacht. Do haben die drei Par ganz züchtiglichen mit ainander gedanzet, vnd allwegen zwischen zwaven Paren sein zway Cleine thierle geloffen, In der große vnd gestalt wie die schaff, sein Rot gewest. Haben Zimbelen (Glöcklein) an den helsen hangen gehapt. So sich dann der Danz verendert, vnd das sich die mentschen gegen ainander geduckt oder genaigt, so sein dise kleine dirke auch vor Ain andern gestanden, vnd sich genaigt, diser danz hat ein guete weil gewert, dem hat der Alt greiß zugesehen, vnd die Clingel fraw, Hiezwischen hat Niemands mit dem andern geredt. Nachdem nu der Danz sein endtschafft erraicht, do sein sy mit ainander In der ordnung wie sie kommen abgeschaiden, vnd den weg als ob sie vf Eberstain welten, wie hieuor gangen, In selbigem Hingeen, haben sie diser frawen kam gelt mehr geben. Auch hat der alt Man weiters mit der frawen nitt geredt, sein vngeredt mit ainander daruon zogen. In etlich Zeit hernach Ist Graf Wilhelm von Eberstain widerumb auß Hungern kommen, [289] Do hat man Ime, das die vnerkannt Componia vorhanden gewesen, bericht. Also hat er der Frawen beuolchen, wann sie mehr kommen, das sie das anzaigen solle, Auch hat er ordnung geben, das man wachen vnd Insonderheit darauf soll achtung geben. Aber solcher beuelch Ist dieser Componia gleich zu oren kommen, Derhalben in gar wenig tagen hernach der alt man helles tags zu der frawen zum Clingel kommen, der hat Ir verwisen, das sie Iren Ankunft hab eröffnet mit anzaigen sie haben wol gewißt, das sie dem Grafen (und damit hat er den tag vnd die Zeit als das beschehen benempt) verhaisen, sie zu melden, Darbey hat er der frawen gesagt, sie hab Inen mit Irem Anzaigen grosen schaden zugefuegt vnd haben alberait vil vser Irer gesellschaft verloren. seithero sein sie nit mehr gesehen worden, hat auch Niemands mer In selbiger Landzart was von Inen gehört. Gott weist was es fur Leut sein, deren sachen haben sich ainest vil umb Eberstain begeben, vnder denen Jezerzellte Historia wunderbarlichen darbey abzunemmen. Das deren kleinen leut vil umb Eberstain einest haben gewonet, Wo aber, oder an Welchen orten das waist der lieb Gott.


Vor vil Jaren Ist vf ein nacht ein vnerkannter man geen Gerspach ans thor kommen, Der hat einer Hebammen eilends begehrt, also hat man Ime ein Hebamme, ein guete Alte fraw, verfolgen lasen, Die hat er vf ein stund zwo vngefarlich Jn der Finstere vmbher gefuert, das sie nit gewist wohin sie kommen, Letstlich hat Er sie weit In ein Holen felsen vnd In ein berg hinein gefuert, Da hat sie vil Liechter auch sonst vil kleiner Leut gefunden, vnder denen ain schwangere Frau, die geperen sollen, vnd hat Niemands mit Ir geredt. Sie hat bey der schwangeren frawen Ir Ampt vollbracht, Im Abschaiden hat man Ir Ain Reineschen Pfenig zu Lohn geben, dessen hat sie sich beschwert, mit Bericht, Ir gesezter Lon sey drey bazen oder souil schilling, sie sey ain arme fraw, die deß Iren selbs wol bedurfe. Sie haben Ir aber nit mehr geben wollen, sonder gesagt, sie solle sich deß Pfenings begnug lasen, Welcher die tugendt hab, so lanng sie In behalten, werde Ir gelt nimmermer zerrinnen, sonder werd allemal, so sie gelds bedurfe, ein Pfennig [290] weiter Im Seckel befünden, also Ist die guet Fraw mit diser vertrostung vßerm berg geschaiden, der vnerkant man hat sie vor tags biß geen Gerspach wider gelaitet, das sie nit gewist woher sie komen oder an welch ort sie gewesen. Hernach hat sich befunden, das dieselbig Hebamme Ir Leben lang gelz zue Irem gebrauch genug gehabe. Wer guet das wir derselbigen münz In vnser Landzart auch hätten, vnd bey sollichen abentheurlichen vnd vngewonlichen sachen, Ist der gewallt vnd die Allmechtigkait gottes Reuchlichen zu spueren.[2]


Es sein sonst ander vil selzamer Hendel vmb Eberstain furgangen, Darumb es auch noch heutigs tags, an etlichen Orten, bei der nacht sonderlich aber bey dem wachtelbronnen, nit gehewr, also das die grasen selbs Inen entsezen bey nacht daselbs fur zu reiten oder zu Wandlen, vnd waist doch niemands warumb, Auch die graf selbs kundens nit sagen. Wie dann bewist, das Ain ort mehr weder das ander von den gespenstern wurt Infestirt, Jedoch hat bey tags die Herrschaft vil Kurzweil daselbs, das man sommers Manichmal zu abendt alda pfligt zu essen. Graf Wilhelm von Eberstain hat eins morgens als es noch dunckel gewesen, ein greuselichen fahl daselbs mit eim Pferdt gethon, vf etlich Clafter hoch hinab, das sich zu verwundern, wie er bey Leben hat kinnen bleiben, Dann das Pferdt ohne vrsach ein fahl mit Im die halden hinab gethon, Jedoch Ist er und das Roß unbeschediget daruon kommen, Er hat selbs vermaint das gespenst hab Im das Pferdt daselbs vberabgeworfen. Die Alten haben vermuetet der Adam von Rosenstain, Ist ein Lediger von Eberstain gewesen, Hab vor vil Jarn ein schaz ob dem Wachtelbronnen vergraben, vnd am dannen darzu gesezt, darumb auch Er Hernach biß zu ende seins Lebens alle nacht darzu gangen, etwann vserm bronnen gedrunk auch zu zeiten sein gebet darbey verbracht vnd soll daruon abgestorben sein vnd das gelt seinem Herren also entfuert, daher, sagt man, lauff sein gaift bey der nacht umb vnd bey dem bronnen. [291] Bey wenig Jaren, Nemlich Anno 1562, Ist dasselbig gelt bey nacht vßgraben worden, vnd hinweg kommen, das Niemands grundlich sagen kan von wem das beschehen. Die gruben Ist noch zu sehen, Aber der schazgraber hat sich das gespenst nit erschreken oder Abtreiben lassen, Ich hab wol gehört, das es Kundzleut sollen gethan haben, Wiewol es doch selten mit den schaz gerath, vnd Ist auch ein grose sorg vnd gefahr darbey.


Noch haben wir ain alte Historia oder geschicht, die sich bey dem wachtelbronnen begeben. Im Jar 1518 als der groß Landzsterbendt gar nahe in allen deutschen Landen, Hat sich der from graf Bernhart mit seinem Gemahl der grefin von Sonnenberg vf Eberstoin gehalten. Er hat ein maister Koch gehapt, gehaisen der Marcell, der Ist eins nachts, als der durchschein vfgestanden vnd zum fenster hinauß gesehen, gegen den Wachtelbronnen der Stat Gerspach zu; also hat er gesehen vil Personen weib vnd man, die ainander bey den Handen vnd den weg vom Wachtelbronnen dem Schloß zu ein Rayen gedanzen haben, gleichwol ohne ainig Spill. Als sie wol zum Schloß herauf kommen, hat er etlich vnder der Componia gekent, Insonderhait aber hat er sich selbs in seiner Claidung gesehen, daß er sich Höchlich verwundert. Er hat sie bey dem Schloß hinum sehen danzen, dem Sichhof zu, das er nit gewist wo sie hinkommen sein. Desselbigen Jars sein alle die so der Koch am danz gesehen gestorben, wie dann Ime Koch auch beschehen. etc.[3]

(Bruchstück aus Wilhelm Werner’s, Freiherrn von Zimmern, Geschichte seines Hauses. – Handschrift aus der Mitte 16. Jahrhunderts, aus dem Fürstl. v. Fürstenberg’schen Archive zu Donaueschingen.)

  1. Seite 286, Zeile 19 von unten lies „frawen“ statt „rawen.“ (Berichtigung)
  2. Vergleiche mit dieser Hebammen-Dienstleistung die Sage „Mummelsee’s Geschenk“ S. 101, und das „freigebige Erdmännlein“ unter den Sagen von Durlach.
  3. Letztere Sage, in metrischer Version von Gerh. Helfrich, lassen wir folgen.
    Der Herausg.