Textdaten
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Autor: Eugen Hugo Theodor Huhn
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Titel: Rosenberg
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aus: Badisches Sagen-Buch II, S. 617–623
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Originaltitel:
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Quelle: Commons, Google
Kurzbeschreibung:
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[617]
Rosenberg.[1]

Was steht die alte Veste auf hohem Felsen dort?
Die Mauern sind zerfallen, und Stille herrscht am Ort,
Wo sonst der frohe Harfner viel Minnelieder sang,
Da saust durch leere Hallen der Wind so kalt und bang.

[618]
5
Wohl ragt’ in alten Zeiten das Schloß so stolz empor

Und aus dem hohen Thore sprengt’ mancher Ritterchor,
Gesang und Minnelieder erklangen in der Hall,
Doch alles ist verschollen mit seines Herren Fall.

Drum steig aus deinen Grüften, du Rosenberg, hervor

10
Mit deinen treuen Knappen! – Schon wölbt sich neu das Thor,

Schon steht im hellen Saale dein Mahl in voller Pracht;
Tritt Sänger aus dem Kreise und töne durch die Nacht!


1.
Der Ueberfall.

In schönen Frühlingstagen, wann wieder grünt die Flur,
Die Lüfte wärmer wehen, sich jünget die Natur,

15
Da hörte man ein Sausen wohl durch den stillen Wald,

Wie starken Baches Rauschen, der schäumend wiederhallt.

Es tönte immer lauter, das Brausen näher drang,
Wie ferner Wandrer Tritte, wie dumpfer Waffenklang,
Und um die Felswand bieget sich her ein großer Troß:

20
Kaufleute sind’s, die ziehen heran wohl hoch zu Roß.


Nach Frankfurt auf die Messe die Waaren bringen sie,
Es drängt die Zeit, drum brachen sie heute auf so früh,
Und langsam ziehn die Schaaren, zum Kampfe nicht bereit,
Vier Lanzenknechte folgen, sie dienen zum Geleit.

25
Schon naht die Mittagsstunde, es brennt der Sonne Strahl,

Da tönts wie Pferdgetrappel, wie Schwerterklang durchs Thal,
Wie wenn vom hohen Felsen der Gießbach niederschießt,
Und über Stein und Felder wild brausend sich ergießt.

Und aus dem dunklen Walde hervor zum Sonnenlicht

30
Von Rosenberg der Ritter mit seinen Knappen bricht:
[619]

„Wohlauf ihr frühen Wandrer, gebt eure Habe her,
Wo nicht, so büßt mit Kerker und Tod die Gegenwehr!“

Der Kaufmann greift zur Waffe und wehrt sich für sein Gut,
Hei! wie die Schwerter klirren, wie sprudelt auf das Blut!

35
Wie schwingt mit Löwengrimme der Ritter dort sein Schwert,

Wie saust es durch die Lüfte, wie blutet Mann und Pferd!

Dort sinkt ein Wandrer nieder, ein Lanzenknecht hier fällt!
Von Rosenberg, der Ritter, der hat ihn rasch zerspällt;
Er tobt und haut so grimmig, der Muth zum Zorn ihm schwoll,

40
Bis ringsum lag die Straße der todten Wandrer voll.


Der Ritter steigt vom Rosse, wie ist es ihm so heiß!
Wie ist sein Arm ermattet, wie triefet er von Schweiß!
Wie ist sein Schwert voll Scharten, und wie so blutig roth!
Wohl Manchen hat er heule gesandt zum frühen Tod!

45
Drauf schaut er sich die Beute, die heut er schon gemacht,

Schon lange hat er nimmer so reiche heimgebracht;
Besieht dann die Gefangnen: „Willkommen in der Haft,
Ich hab’ dich lang erwartet, du werthe Kaufmannschaft!“

Drauf tragen sie die Beute zu Ritters Schlosse fort,

50
Sie ziehn mit den Gefangnen, der Ritter spricht kein Wort,

Und hinter dem Gebüsche verschwinden Alle bald,
Und wieder stille wird es und einsam in dem Wald.


2.
Ritters Frevel.

Was rauschet auf dem Schlosse von Rosenberg zur Nacht,
Wenn alles eingeschlafen und Niemand hält mehr Wacht?

55
Es schleichet auf der Mauer ein hohes Frauenbild,

Deß Gang voll hoher Würde, deß Antlitz hold und mild.

[620]

Und wenn sich nichts mehr reget im tiefen dunkeln Thal,
Da naht es sich der Mauer, dort wo der Felsen kahl
Hinausschaut zu dem tiefen und schauerlichen Teich,

60
Und laut der Wind durchsauset das steile Bergbereich. –


Jüngst hat in einer Mondnacht der Wächter dies gesehn,
Der meldet schnell dem Ritter, was eben dort geschehn;
Wie der es hat vernommen, da wappnet er sich schnell,
Und eilet mit dem Knappen hin zur besagten Stell’.

65
Der Ritter naht der Zinne, und sieht das Frauenbild,

Und schrecklich eine Ahnung erfüllt sein Herz so wild;
Ha! hätte sein Gemahl wohl gebrochen ihre Treu? –
Der Ritter stürtzt hervor schnell, – die Luft durchgellt ein Schrei,

Und vor dem Gatten flehend die Gattin niederfällt;

70
Sein Blick ersprüht von Flammen, die Hand geballt er hält,

Schon zückt er auf die Arme sein mächtig Ritterschwert,
Doch rasch hat noch der Knappe den Mordstreich abgewehrt.

Und sie schaut wie ein Engel den harten Gatten an,
Die Augen auf den Ritter so bittend, flehend sahn:

75
„O schone du der Gattin, die nicht dein Wort bedacht,

Und den Gefangnen Nahrung gespendet in der Nacht.“

Doch er rief zornerglühend zu seiner Frauen laut:
„Verruchte Natterbrut du! Du schnöde Satansbraut! –
Hast mein Gebot verachtet und nicht auf mich gehört,

80
Empfang nun deine Strafe, du Weib, das mich entehrt!“


Er faßt sie mit den Armen, wenn auch mit aller Kraft
Sie, seiner sich erwehrend, verzweifelnd auf sich rafft;
Er wirft sie von der Höhe zum tiefen Teich hinab,
Dort hat sie bald gefunden ein kühles Wellengrab.

85
Da donnern rings die Berge, es blitzt durch Thal und Wald,

Und aus des Donners Rollen herab die Stimme schallt:

[621]

„Der Rache Tag ist nahe, – es lebt noch ein Gericht,
Dem bist du längst verfallen und ihm entgehst du nicht!“

Und schrecklich tönts dem Ritter, daß ihm das Herz erbebt,

90
Er sinkt zur Erde nieder, wie wenn er nimmer lebt’;

Erst als am frühen Morgen die Sonne wieder schien,
Da fanden auf der Mauer die Diener liegend ihn.


3.
Ritters Strafe.

Was schallen die Trompeten an jener Burg so hell?
Die Rache ist gekommen, ereilt den Ritter schnell;

95
Es haben die Verwandten die Kunde bald empfahn,

Wie an der edlen Gattin der Ritter hat gethan.

Mit Schwertern und mit Lanzen, zu Wagen und zu Roß,
Naht nun der Burg von Rosenberg ein stolzer Kriegertroß,
Kaufleute haben ihnen auch große Hülf’ gebracht,

100
Zu retten die Gefangnen, die schmachten dort in Nacht.


Den ersten Sturm zu wagen, den Mauern sie sich nahn,
Es dringen viele Krieger auf Leitern schon hinan;
Der Ritter und die Seinen, die werfen sie hinab,
Dort fanden sie im Abgrund ein schauervolles Grab.

105
Wohl stürmen frische Mannen auf jener steilen Bahn,

Von Allen die da kamen, drang Keiner dort hinan,
Von oben wirft man Felsen, gießt heißes Oel herab,
Und alle finden unten ein frühes blutig Grab.

Und als die Sonne tauchte zum fernen Ocean,

110
Hat Keiner noch vollendet die steile Felsenbahn;

Schon wären sie verzagend nach Hause fast gekehrt,
Da hat man: „Greift zu Feuer!“ im Heere laut gehört.

[622]

Schnell gehts von Mund zu Munde: „Eilt Alle fort zum Wald,
Fällt Bäume, bringet Reiser und Stroh zum Brande bald,

115
Damit dem Ritter schleunig ein Feuer werd’ gemacht,

Daran er sich mag wärmen in kalter Winternacht!

Und Alles bringet Reiser und Holz in schnellem Lauf,
Das thürmen sie dem Ritter am starken Thore auf,
Drauf naht ein Mann mit Feuer, das schleudert er ins Stroh,

120
Wie lodert auf die Flamme, wie brennt es lichterloh!


Es prasselt an dem Thore die Flamme schrecklich auf,
Verzehrt die stolze Pforte in immer rascherm Lauf;
„Ward dir nicht heut, Herr Ritter, das Feuer gut gemacht?
Das hättest du gewißlich sobald noch nicht gedacht?“ –

125
Und als das Thor verkohlet und eingefallen war,

Da dringet durch die Bresche herein der Feinde Schaar:
„Jetzt, Ritter, gilts zu fechten, jetzt wehr’ dich für dein Gut!
Der Feind der lechzt nach Rache, der Feind der lechzt nach Blut!“

Und schrecklich in den Hallen erschallt der Waffenklang,

130
Der Ritter schmettert nieder, was ihm entgegendrang;

Und Schritt vor Schritt nun dringen sie in der Halle vor,
Bis wo am tiefen Teiche die Felswand ragt empor.

Der Ritter blickt hinunter von jäher Felsenwand:
„Ha! das ist Gottes Rache! das ist des Satans Hand!“ –

135
Es schwindeln ihm die Sinne, er stürtzt den Fels hinab,

Da hat ihn schnell verschlungen ein schrecklich Wellengrab.

Der Feind darauf die Mauern und Thürme niederriß,
Er plünderte die Schätze, erbrach das Burgverließ; –
Es lodert auf die Veste in ungeheuerm Brand,

140
Sie kündet von dem Ritter Befreiung an dem Land. –
[623]

Jetzt sauset in der Veste der Wind in dunkler Nacht,

50
Es wurzelt in den Trümmern die Tann’ in stolzer Pracht;

Und wo sonst Glanz nur strahlte, da waltet Nacht und Graus:
Das ist des Himmels Rache, die traf des Ritters Haus.

Eugen Huhn.

  1. Dorf und Schloß, zwei Stunden von der Amtsstadt Adelsheim, an der Kirnau.