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Rosen-Monate heiliger Frauen
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LIX.
16. Dezember.
Adelheid.


 Von der ersten Jugend Adelheids und ihrer Erziehung wißen wir nichts, als daß sie die Tochter des Königs Rudolf II. von Burgund und seiner Gemahlin, Bertha, Tochter Herzog Burkhards von Schwaben war, und daß eine solche Abkunft zusammengenommen mit dem Leben, das hernach folgte, die hohe Wahrscheinlichkeit erzeugt, daß Adelheid eine vortreffliche Erziehung müße genoßen haben. Geboren im Jahre 931 wurde sie bereits 933 die verlobte Braut, im Jahre 947 aber die Gemahlin Lothars, des Königs von Italien. Ausgestattet mit großen Vorzügen des Leibes und der Seele gewann sie einen großen Einfluß auf ihren Gemahl, der jedoch bereits nach drei Jahren dahinstarb. Markgraf Berengar von Ibräa, welchem vielfach der Tod Lothars schuldgegeben wurde, ließ sich nun zum König von Italien krönen und warb für seinen Sohn Adalbert um die Hand der königlichen Wittwe. Da| diese sich nicht willfährig zeigte, und ihre Zeit lieber in stiller Zurückgezogenheit der Erziehung ihrer jungen Tochter Emma widmen wollte, wurde sie von Berengar und seiner abscheulichen Gemahlin Willa auf die schändlichste Weise mishandelt, und in einem Schloße am Gardasee jedem Mangel preisgegeben. Was half ihr der Blick auf die herrliche Natur und daß ihr Auge gegenüber der Stadt Salo sich weiden konnte, da sie mit einer einzigen Dienerin in einem finsteren Thurme eingesperrt war? Indes war das allerdings ein dunkler Weg, den Adelheid betreten mußte, der aber auf Höhen menschlicher Herrlichkeit und Macht endigte, wie sie keine einzige Frau in der Welt zu jenen Zeiten ersteigen durfte. Der HErr bereitet es den Seinen zuweilen scheinbar hart, aber wie sich’s nachmals zeigt, mit väterlicher Weisheit zu Seinen heiligen Zwecken zu. Auch wandte er der jungen Dulderin gerade durch das Unglück, welches sie erdulden mußte, viele Herzen zu. Der Bischof von Reggia in Modena, Adelhard, sandte einen seiner Priester, Namens Martin, ab, um ihr Trost und Hilfe zu schaffen, und der war der rechte Mann, der frommen Königin zu helfen. Er bestach einige Wächter, und führte einen unterirdischen Weg| durch die Mauer des Thurms und führte die Königin und ihre Dienerin in Männerkleidern bei dunkler Nacht aus dem Gefängnis. Am Ufer des Sees verbargen sie sich im Moor, wo die Sumpfvögel hausten zwischen Rohr und Schilf, während Martin sich entfernte, um die bewaffneten Diener seines Bischofs herbei zu holen. Da litten die armen Flüchtlinge viel von Kälte, Hunger und Angst, und würden ohne die Barmherzigkeit eines vorüberfahrenden Fischers, der ihnen einige Fische schenkte, wohl auch umgekommen sein. In der Nacht flohen sie weiter, am Tage verbargen sie sich im hohen Korn. Die Lage wurde immer gefährlicher, denn Berengar ließ die Hörner blasen und das Land durchstreifen, um die Entflohene zu suchen. Einstmals kamen seine Reiter auch zu dem Kornfeld, worin sie mit ihrer Dienerin sich geborgen hatte, da stand ihr die Gefahr zu allernächst, zumal die Soldaten mit ihren Speeren die hohen Halme auseinander bogen, wie wenn sie geahnt hätten, wo ihre Beute war. Der HErr aber hielt ihnen die Augen, daß sie die in ihrer nächsten Nähe nicht sahen noch fanden, die sie suchten. Indes kam dann auch Martin wieder in Begleitung von Alberto Azzo, der sie nun mit seinen Reisigen| in Schutz nahm, und auf seine Felsenburg zu Canossa in Modena führte. Die lombardischen Großen wurden des grausamen Berengar bald müde, und riefen daher den König Otto von Deutschland zu Hilfe gegen seinen Lehensmann Berengar. Auch Papst Johannes XII. bot dem mächtigen König aus der Ferne die abendländische Kaiserkrone, wenn er ihm zu Hilfe käme, denn auch er war von Berengar bedrängt. Otto war seit vier Jahren Wittwer, seine erste vortreffliche, in der Kirche gefeierte Gemahlin Editha war ihm gestorben. Als er nun über die Alpen kam und ihm der HErr allenthalben Sieg gab, ließ er die königliche und jugendliche Wittwe Adelheid nach Pavia führen, glaubte in ihr die rechte Nachfolgerin für Editha gefunden zu haben, warb um sie, sie aber gab ihm mit ihrer Hand auch ihr Anrecht auf die italische Krone. Nun folgten zwei und zwanzig Jahre einer gesegneten Ehe, während welcher es zwar auch Kreuz genug zu tragen gab, die Hilfe des HErrn aber allezeit mit der kaiserlichen Frau war. Otto’s Sohn erster Ehe, Liudolf, bemistraute die neue Mutter und fürchtete, sie würde nun ihn aus dem väterlichen Herzen verdrängen. Der große aber völlig gerechte Einfluß,| welchen die liebenswürdige Frau nicht blos auf ihren Gemahl, sondern auf ihre ganze Umgebung gewann, erregte seinen Neid und der finstere Wahn plagte ihn je länger je mehr, bis er sich wie Absalom gegen seinen Vater empörte. Von alle dem Jammer, der nun folgte, mußte sich Adelheid als die unschuldige Ursache fühlen, und ihre Lage war damals in der That nicht beneidenswerth. Doch half ihr der HErr auch da: die Ungarn stürmten in’s Reich, und diese Gefahr, welche dem Lande von außen her drohte, beschwichtigte den inneren Streit, Liudolf und sein Anhang kehrten reumüthig zu dem Kaiser zurück und verbanden sich mit ihm zur Ueberwindung der allgemeinen Feinde. Der HErr gab bei Augsburg den gewaltigen und großen Sieg, Liudolf aber starb eines frühen Todes, sowie Herzog Conrad, der mit ihm verbunden war, schon in der Schlacht auf dem Lechfelde den Tod gefunden hatte. Erbe des Reiches wurde nun Adelheids ältester Sohn, Otto II. und der HErr hatte gefügt, was Liudolf verhindern wollte.
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 Als dieser Otto II. elf Jahre alt war, dachte sein Vater daran, auch ihm die Kaiserkrone zuzuwenden und führte ihn daher mit großer Pracht nach Rom,| woselbst er vom Papst Johann XIII. die Krone empfieng. Hernachmals vermählte ihn sein Vater mit der Tochter des griechischen Kaisers Theophania, und es schien nun, als hätte der erste Otto nicht blos selbst die höchste Stufe des Glücks erreicht, sondern auch seinem Sohne und Nachfolger die schönste Zukunft eingeleitet. Im Jahre 973 starb er zu großem Leidwesen Adelheids, denn obgleich er in ihr einen großen Schatz beseßen hatte, und sein gestrenger Sinn von ihr gar oft zur Milde und Güte gelenkt worden war, so hatte sie doch in ihm nicht blos den Gemahl, sondern auch den theuren Retter und einen väterlichen Freund verloren. Schon bei Lebzeiten ihres Gemahls hatte sie bei seinen Zügen nach Welschland das Regiment geführt, und zwar zu allgemeiner Zufriedenheit mit unvermutheter Kraft, ohne deshalb den weiblichen Sinn zu verleugnen. Als nun Otto gestorben war, führte sie anstatt des noch jungen Sohnes das Ruder. Es geschah ihr jedoch, was sie vorausgesehen, denn beim Tode ihres Gemahls war es ihr völlig klar, daß sie nie wieder so glücklich werden würde, als sie gewesen war. Ihre Schwiegertochter, eine Fürstin von großen Vorzügen, ließ nichtsdestoweniger die Schwiegermutter| ihren Stolz fühlen; andere aber nahmen von ihrer großen Wohlthätigkeit Anlaß, sie bei ihrem Sohne in übles Licht zu stellen. Der leicht erregte junge Herr vergaß des Dankes, und war all zu offen gegen den Einfluß der Feinde seiner Mutter, so daß er ihr all sein Vertrauen entzog, und mit Theophania kalt und lieblos gegen sie wurde. So wie ihr früherhin ein Stiefsohn schweren Gram und Harm bereitet hatte, so that es nunmehr der Sohn, und die fromme Wittwe, die ihr Herz mit leichtem Muthe von allen Gütern der Erde bereits losgemacht hatte, und klösterlich in einem Leben der Aufopferung für andere dahin lebte, hatte ein Leid gefunden, das ihr zu schwer wurde und sie aus dem Lande trieb. Nach vergeblicher Anwendung aller Liebe und Geduld, den Sinn ihrer Kinder zu ändern, gieng sie nach Italien und von da zu ihrem Bruder Conrad, dem Könige von Burgund. Durch ihren Weggang entstand aber in Deutschland eine große Lücke und dem jungen Kaiser gieng es so vielfach in die Hand, wie wenig er noch reif war, ohne ihren Rath das Reich zu regieren, daß er die Vermittlung seines Oheims von Burgund, sowie des frommen Abtes von Clugny, Majolus, gerne annahm, um die Verzeihung| seiner Mutter zu erlangen. Er eilte nach Pavia und warf sich seiner Mutter mit Thränen zu Füßen, sie aber verzieh ihm gerne, und von da an war der Sohn ihr mit unverbrüchlicher Treue ergeben. Indes gieng es auch nun wieder, wie in ihrem Leben so oft: das Glück dauerte nicht lange, und es stellte sich ein baldiger Wechsel ein. Bereits nach drei Jahren starb Otto mitten in der Fülle und Kraft der Jugend, und hinterließ einen Sohn von drei Jahren, Otto III., diesem aber das Reich unter der Vormundschaft seiner Mutter Theophania und seiner Großmutter Adelheid. Da nun der König ein Kind, und Deutschland ein Wahlreich war, so entstanden eine Menge von Verwirrungen; Parteien widerstrebten sich, und Theophania, vielleicht von Höflingen aus Constantinopel aufgereizt, stellte sich gegen ihre treffliche Schwieger wieder in harten Gegensatz. Ihr Sinn war, Adelheid „auch nicht einen Zoll Erde zu laßen, den sie beherrschen könnte.“ Allein ehe das Jahr vergieng, das sich Theophania zur Ausführung ihres Zieles bestimmt hatte, wurde sie krank und starb, so daß nun die hochbetagte alte Kaiserin, statt ihre Tage in stiller Abgeschiedenheit zu schließen, wie sie begehrt hatte, nach| Deutschland zurückgehen und auf allgemeinen Wunsch sich des Reiches und seines jungen Kaisers annehmen mußte. Wenn irgend wer geeignet war, einen Kaiser zu erziehen, so war sie es, eine Frau, hochgeboren, milden Sinnes, im Unglück vielfach erprobt, die bewährte Gemahlin eines Kaisers, die Mutter eines zweiten, und selbst vielfach erprobte Regentin großer Lande in schweren Zeiten. Ihr zur Seite stand der Mönch Gerbert als Erzieher und Lehrer des Enkels, und dieser selbst, Otto III., begegnete seiner Großmutter mit ehrfurchtsvollem Gehorsam, so daß er bei seinen reichen Gaben zur Begeisterung der Zeitgenoßen und fast als ein Wunder der Welt heranreifte. Obwohl noch ein sehr jugendlicher Jüngling, gelang es ihm mit dem Regimente dennoch so, daß seine Großmutter nun glaubte, ihren alten Entschluß ausführen, sich zurückziehen, und ihre Zeit rein dem Heile ihrer Seele und der Förderung ihrer Zeitgenoßen widmen zu können. Voll Liebe und Andenken gegen Gatten und Kinder pilgerte sie zu ihren Grabstätten und erbaute daselbst Klöster zum Andenken, also z. B. zu Palermo, Pavia und Magdeburg, wo die Gebeine ihrer Mutter und ihrer Gatten, Lothar und Otto ruhten. Besonderen Fleiß| aber wendete sie auf das Kloster zu Seltz am Rhein, wie wenn sie geahnt hätte, daß sie selbst dort ruhen sollte. Bei diesem Leben der Wohlthätigkeit und des dankbaren Andenkens an vergangene Zeiten blieb sie ihres eigenen Heiles eingedenk und der Umgang mit dem unsichtbaren Freunde der Seelen, dem HErrn, gab ihr, einer Martha von ausgezeichneter Tugend, die Innigkeit und die Gnade einer Marienseele. Zuweilen wurde es ihr auch gegeben, zukünftiges vorher zu sehen. Als sie einsmals mit vielen Gästen zu Tische saß, und alle ihr bescheidenes und zurückhaltendes Schweigen bewunderten, rief sie plötzlich mit Bestürzung aus: „Bald werden viele sterben, auch Otto wird unter ihnen sein! O Herr wende von mir ab die Schmerzen dieses Lebens!“
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 Und siehe da, wie der HErr ihr die Bitte erhörte, die Schmerzen, die neuen drohenden Schmerzen dieses Lebens nicht mehr erfahren zu müßen, so gieng auch ihre Voraussage hinaus, denn ihren Enkel rafften zwei Jahre nach ihrem Tode in Italien auf der Heimkehr von seinem Römerzuge tödtliche Schmerzen dahin, da er erst 22 Jahre alt war. Adelheid, so selbständig sie war, hatte dennoch eine herzliche Begier, namentlich| auf dem Wege zum ewigen Leben und der Vollendung unterwiesen zu werden. Der Erzbischof Adalbert von Magdeburg, die Aebte von Clugny, Majolus und hernach Odilo genoßen ihr ganzes Vertrauen. In der Leitung dieser Männer entwickelten sich je länger je mehr die glänzenden Tugenden der alten Kaiserin. Einmal, als Odilo bei ihr war, erhub sie ihre Augen mit Thränen zu ihm, neigte sich vor ihm, küßte sein Kleid und rief innerlichst bewegt: „Bete für mich, mein Sohn, und laß mich dem Gebete deiner Brüder empfohlen sein, denn wir sehen uns zum letztenmale.“ – Ehe sie von hinnen schied, löste sie noch eine große Aufgabe eines friedfertigen Gotteskindes. Sie reiste zu ihrem Neffen Rudolf von Burgund, und die Ehrwürdigkeit ihres greisen Alters in Verbindung mit der hohen Weisheit der alten Regentin stillte ihm die Stürme des Aufruhrs, welche sich wider ihn erhoben hatten. Allein die Mühseligkeit und Anstrengungen der Reise und des Geschäftes nahmen ihre letzten Kräfte dahin. Als sie am Todestage ihres Sohnes den Armen und Hilfsbedürftigen nach Gewohnheit eigenhändig Almosen austheilen wollte, fühlte sie sich so schwach, daß sie ihr Ende vermuthete.| Ihre letzten Stunden waren so ruhig, wie der Einbruch der ersehnten ruhebringenden Nacht nach einem heißen ermüdenden Tage. Inbrünstig nahm sie die Sakramente ihrer Kirche, betete ohne Unterlaß und seufzte mit dem Apostel: Ich habe Lust abzuscheiden, und bei Christo zu sein. Sie hoffte am Weihnachtsfeste sterben zu dürfen, aber ihre Stunde schlug früher, bereits am 16. Dezember des Jahres 999 in ihrem Kloster zu Seltz am Rhein, woselbst sie auch bestattet wurde.
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 Sieh da, ein kurzer Abriß eines Frauenlebens! Was für eine Frau war das! Was für ein Wechsel, welch große Mannigfaltigkeit ist in ihrem Leben! Groß und gut, so möchte man ihren Lebenslauf nennen. Adelheid trug ihre Kronen als eine geborne, ja als eine wiedergeborne und wahrhaft hochgeborne Königin. Ein Mann, ein Sohn, ein Enkel gehen mit und neben ihr durchs Leben, wie nicht leicht neben einem andern Weibe der Geschichte. Aber auch was für Unglück hat sie in ihrer ersten Ehe, und in ihrer zweiten als Gattin, als Mutter, als Großmutter, als Schwiegermutter! Was für Noth theilt sie mit Bruder und Neffen! Und doch ist sie ungebrochen an Kraft, unermüdlich| im langen Leben, bis sie nach erreichten 68 Jahren, in der Nähe des menschlichen Lebenszieles ihr Auge voll Hoffnung schließt, und ihre zeitlichen Kronen und Ehren alle gern und schmerzlos gegen einen Blick der ewigen Gnade aus JEsu Angesicht eintauscht. Bei einem so großen Beispiel paßt es beßer zur Bewunderung aufzufordern, als zur Nachahmung.




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