Rodensteins Auszug (Brüder Grimm)

Textdaten
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Autor: Brüder Grimm
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Titel: Rodensteins Auszug
Untertitel:
aus: Deutsche Sagen, Band 1, S. 244–246
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1816
Verlag: Nicolai
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Google, Commons
Kurzbeschreibung:
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[244]
169.
Rodensteins Auszug.

Mündlich.
vgl. Zeitung f. die eleg. Welt. 1811. Nr. 126.
und Reichsanzeiger 1806. Nr. 129. 160. 198. 206.


Nah an dem zum gräflich erbachischen Amt Reichenberg gehörigen Dorf Oberkainsbach, unweit dem Odenwald, liegen auf einem Berge die Trümmer des alten Schlosses Schnellerts; gegenüber eine Stunde davon, [245] in der rodsteiner Mark, lebten ehemals die Herrn von Rodenstein, deren männlicher Stamm erloschen ist. Noch sind die Ruinen ihres alten Raubschlosses zu sehen.

Der letzte Besitzer desselben hat sich besonders durch seine Macht, durch die Menge seiner Knechte und des erlangten Reichthums berühmt gemacht; von ihm geht folgende Sage. Wenn ein Krieg bevorsteht, so zieht er von seinem gewöhnlichen Aufenthalts-Ort Schnellerts bei grauender Nacht aus, begleitet von seinem Hausgesind und schmetternden Trompeten. Er zieht durch Hecken und Gesträuche, durch die Hofraithe und Scheune Simon Daum’s zu Oberkainsbach bis nach dem Rodenstein, flüchtet gleichsam als wolle er das seinige in Sicherheit bringen. Man hat das Knarren der Wagen und ein ho! ho! Schreien, die Pferde anzutreiben, ja selbst die einzelnen Worte gehört, die einherziehendem Kriegsvolk vom Anführer zugerufen werden und womit ihm befohlen wird. Zeigen sich Hoffnungen zum Frieden, dann kehrt er in gleichem Zuge vom Rodenstein nach dem Schnellerts zurück, doch in ruhiger Stille und man kann dann gewiß seyn, daß der Frieden wirklich abgeschlossen wird[1]. Ehe Napoleon [246] im Frühjahr 1815. landete, war bestimmt die Sage, der Rodensteiner sey wieder in die Kriegburg ausgezogen.


  1. Bei dem erbachischen Amt Reichenberg zu Reichelshelm hat man viele Personen deshalb abgehört; die Protokolle fangen mit dem Jahr 1742 an und endigen mit 1764. Im Juli 1792 war ein Auszug. Im Jahr 1816 erneuern sich in der Rheingegend ähnliche Gerüchte und Aussagen. Einige nennen statt des Rodensteiners den Lindenschmied, von dem das bekannte Volkslied anhebt: es ist noch nicht [246] lang, daß es geschah, daß man den Lindenschmied reiten sah auf seinem hohen Rosse, er litt den Rheinstrom auf und ab, er hats gar wohl genossen.“ Andere sagen, daß Schnellert aus seiner Burg nach dem Rodenstein auszöge, um seinen geschwornen Todfeind, den Rodensteiner, auch noch als Geist zu befehden.