Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Waltersdorf
auch Haus-Waltersdorf genannt, ist ½ Stunde von Freiberg an der Strasse nach Rosswein zwischen Grossschirma und Freibergsdorf gelegen und bietet dem Beschauer ein herrliches Bild. Der Waltersbach, welcher sich im nahen Spitalwalde in der Nähe der Ferne-Siechenkirche bildet, durchläuft das Dorf, das sich in einem offenen Thalgrunde bis jenseits der Nossaer Chaussee hin erstreckt.
Das Rittergut an einem Abhange über der Westseite des Oberdorfes gelegen hat, wie die Abbildung darthut, herrliche Gebäude. Das in neuerem Stil erbaute ansehnliche Wohnhaus nach Abend zu, ist erst im Jahre 1836 entstanden. Das Ganze ist von einem schönen Garten umgeben, der in Nordwest von einem Teiche begrenzt wird.
Zu diesem Rittergute gehört auch das Vorwerk zu Kleid-Schirma. Das Gut mit Zubehör wurde im Jahre 1824 auf 83,153 Thaler taxirt und gehört also zu den grössern Gütern Sachsens.
[155] Die Gründung des Ortes rührt von einem gewissen Walther her, jedoch ist mit Bestimmtheit nicht zu ermitteln, ob Walther blos der Vorname oder ob Walther der eigentliche Zuname war.
Nach Gründung des Klosters Zella kam es mit andern 14 Dörfern zu letzteren und nach Aufhebung dieses Klosters wurde der Kanzler Mordeisen, welcher unter Kurfürst Moritz lebte, damit beliehen: Derselbe liegt auch in Kleinwaltersdorf oder Kleinwalthersdorf begraben.
Des Kanzlers 3 Söhne verkauften Kleinwaltersdorf mit den übrigen 14 zellischen Oberdörfern an den damaligen Kurfürsten von Sachsen, Christian I. im Jahre 1587 um 525,600 Thlr. von welchem es im Jahre 1588 der Dresdner Amtmann Kronberg in Lehn erhielt.
Im Jahre 1566 aquirirte das Gut wieder ein von Mordeisen und zwar Rudolph von Mordeisen, dem 1632 sein Sohn Ulrich von Mordeisen folgte.
Bei schneller Reihenfolge kam das Gut an Hofrath Berlich, Secretär Putzschky, Dr. Wachtler, an Hauptmann von Schleinitz, an die Freiherrn von Odeleben. Dann war Erb- Lehn- und Gerichtsherr der königl. sächs. hof. Posthalter zu Dresden, Herr Kretzschmar, welcher Kleinwaltersdorf bis in die 40ger Jahre unsers Jahrhunderts besass. Der gegenwärtige Besitzer ist Herr Schmidt in Dresden.
Unter der Gerichtsbarkeit des Gutes standen auch bis zur neuen Gerichtsorganisation der dazu gehörige aus meist unbegüterten, in der Nähe des Hofes bis auf die westliche Höhe hinauf an den Abhängen zerstreut liegenden Häussern, bestehende Dorftheil, während das übrige Dorf dem früheren Kreisamte Freiberg untergeben war.
Deshalb zerfiel auch der Ort in zwei Gemeinden, nämlich in die Amts- und die Rittergutsgemeinde.
Der sogenannte Richtweg von Freiberg nach Haynichen läuft durch den obersten Theil des Dorfes, dessen Fluren an die der Nachbardörfer Lang-Hennersdorf, Klein-Schirma, Friedberg und Lossnitz stossen.
Am obern Ende des Dorfes ¼ Stunde westlich giebt es vorzüglich zwei Punkte von gegen 1400 paris. Fuss Seehöhe, auf welchen nicht allein über den nahen Spital- und Fürstenwald, sondern auch über einen grossen Theil der Umgegend sich anziehende Aussichten eröffnen.
Ueber die dasige Kirche, welche etwas unbequem an der Spitze des Ober-Dorfes liegt, steht nicht der Gerichtsherrschaft, sondern dem Ministerium des Cultus das Collaturrecht zu, so wie auch über die Schule.
Die Kirche ist über 450 Jahre alt und steht unmittelbar auf dem Gottesacker. Die Kirche ist im Innern etwas dunkel, übrigens geräumig genug. Für eine besondere alterthümliche Zierde dieser Kirche möchte der Altar gelten, welcher in seinen gesammten Theilen bis zur höchsten Spitze aus Sandsteinen besteht.
Es sind verschiedene Gegenstände an demselben ausgehauen.
Unter andern enthält dieser Altar eine Grabschrift in vergoldeten Buchstaben von dem in der sächs. Geschichte oben schon erwähnten so berühmten Kanzler von Mordeisen. Die Schrift lautet:
Hoc posuit tumulo fragiles Mortisius actus,
Coelestes laetus spiritus inter agit.
Vir pietate gravis, meritis, virtute, fideque,
Ingenio clarus, clarior eloquio.
Utile Saxoniae tribus electoribus ejus
Consilium, atque fides fida probata fuit,
Et sese nulli, nisi et his obstrinxerat, at nunc
Se tibi credentem suscipe, Christe virum!
Klein-Schirma ist das Filial von Waltersdorf. Letzteres wie Klein-Schirma sind sehr alte Orte, und schon im 10. Jahrhundert angelegt worden.
Der von Klein-Schirma nach Gross-Schirma durch Waltersdorf laufende Bach, welcher jetzt Waltersbach genannt wird, ist bei Klein-Schirma kleiner, wie bei Gross-Schirma. Dieser Bach hat wahrscheinlich, zur Zeit der Wenden, die Schirm geheissen und an diesen Bach wurde sich angebaut und deshalb die Benennug zur kleinen Schirm.
Zuerst stand das Vorwerk, vielleicht als Schirmgut gegen die vertriebenen Wenden. Bald aber bauten mehrere zur kleinen Schirm sich an, unter Anordnung der vereinten, geistlichen und weltlichen Behörde.
Im Jahre 1162 wurde Klein-Schirma wie Waltersdorf von Markgrafen Otto dem Reichen unter die Gerichtsbarkeit des Klosters Altenzella bei Nossen bei dessen Gründung gestellt.
Nach Säcularisirung des Klosters Altenzella, 1543 kamen diese Dörfer an den Kanzler von Mordeisen, wie wir oben schon erwähnt haben.
[156] In Klein-Schirma ist das mit sehr besuchtem Gasthof verbundne Erbgericht bemerkenswerth. In dem freundlichen Garten dieses Erbgerichts werden im Sommer Concerte gehalten, welche von den Freibergern häufig besucht werden.
Im Winter findet sich in dem freundlichen Saale ebenfalls grosse Gesellschaft ein.
Auch ist seit dem Jahre 1839 eine Bade-Anstalt hier errichtet, welche vorzüglich auf Torf-Moor-Bäder sich bezieht.
Sie haben sich an der Mehrzahl der Gäste als heilsam bewährt, vorzüglich an Gichtkranken.
Das ganze Badegebäude ist mit Schiefer gedeckt, mit einem Blitzableiter versehen und steht unmittelbar an der sehr frequenten Chaussee von Freiberg nach Chemnitz.
Der Bergbau soll in den frühesten Zeiten hier mit aufgenommen worden sein, so wie auch in Klein-Waltersdorf der Bergbau früher in Flor gewesen ist, was noch im Dorfgebiete liegende Haldenzüge, Neugeborene Kindlein beurkunden.
Die grössere Einwohnerzahl von Kleinwaltersdorf machen Bergleute aus, die durch Arbeit in nahen wie in entfernten Gruben ihr Brod finden, überdies auch noch theilweise Tagearbeit verrichten, auf grösstentheils gemietheten Aeckern Feldbau betreiben, und was sie aus der Viehwirthschaft zum Verkauf erübrigen, in der nahen Stadt Freiberg ohne grossen Zeitverlust absetzen.
Das Dorf hat 120 Hauser, incl. der Bauergüter, zweier Mühlen und des Rittergutes. Die Einwohnerzahl bleibt sich ziemlich immer gleich, da viele neue Häuser hier nicht gebaut werden, doch ist sie in der neuern Zeit etwas gestiegen und beträgt jetzt 920.
Kleinwaltersdorf mit Kleinschirma gehört jetzt zum Gerichtsamte Freiberg und zu den diesem Gerichtsamte vorgesetzten höhern Behörden.