Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Untermarxgrün

Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Untermarxgrün
Untertitel:
aus: Voigtländischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 5, Seite 94–95
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: o. J. [1859]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: SLUB DresdenCommons
Kurzbeschreibung:
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Untermarxgrün.


Untermarxgrün liegt in und an einem südwestlich nach Raschau laufenden Bachgrunde, 1/4 Stunde von Oelsnitz und 13/4 Stunde von Plauen, unmittelbar an der Plauen-Oelsnitzer-Chaussee. Im Norden erheben sich der Salzhügel und der alte Berg; in Süd-Osten der Johannisberg. Vom Schlosse aus, vor welchem ein herrlicher parkähnlicher Garten sich ausbreitet, hat man eine schöne unmittelbare Aussicht auf das alte Voigtsberg.

Untermarxgrün ist früher blos ein Vorwerk gewesen, sowie auch Voigtsberg anfänglich unter diesen Namen vorkommt. Die frühern Nachrichten darüber sind durch die Zerstörung der Archive von den Hussiten verloren gegangen und es sind blos nach Beendigung dieses unheilvollen Verheerungskrieges einzelne Ueberlieferungen geblieben.

Nach dem Hussitenkriege hat dieses Vorwerk ein gewisser Joseph von Engelschall besessen, welcher es im Jahre 1567 an den Rath von Oelsnitz verkaufte. Derselbe besass es bis zur Zeit des dreissigjährigen Krieges. In diesem Kriege wurde durch General Holk Oelsnitz mit Sturm genommen und zwar am 13. August 1632. Was den Händen der Soldaten durch die Flucht im Keller entflohen war, musste dort einen kläglichen Tod der Erstickung sterben: denn der Feind zündete nach Einnahme der Stadt solche an allen Enden an. So wurde auch das erst 1616 erbaute prächtige Rathhaus ein Raub der Flammen, wodurch die Stadt so verarmte, dass sie sich genöthigt sah, ihre sämmtlichen Güter Unter-Marxgrün, Schönbrunn und Zöbern zu verkaufen.

Im 17. Jahrhundert hat dieses Gut Carl Heinrich Höfer besessen, welcher ein Vermächtniss der Kirche zu Oelsnitz machte, zu Folge dessen 2 Thlr. dem Geistlichen für eine alljährliche Gedächtnisspredigt gewährt und 5 Thaler unter die Armen vertheilt werden müssen. Im 18. Jahrhundert kaufte Untermarxgrün der Kaufmann Gottlob Schmidt in Plauen, welcher bei seinem Tode seinen 3 Kindern ein sehr grosses Vermögen hinterliess, so dass der eine Sohn, Herr Doctor Jur. Schmidt in Plauen das in der Königsgasse zu Plauen gelegene prächtige Wohnhaus, in welchem Kaiser Napoleon und Friedrich August der Gerechte einst logirten, nebst Garten vor dem Strassberger Thore und mehrern Feldgrundstücken und Wiesen, sowie 100,000 Thaler baares Geld; der andere Sohn Herr Förster Schmidt das Rittergut Schneckengrün und die Tochter, die verehel. Frau Förster Kretzschmar, (der nachherige Kammer-Commissionsrath Kretzschmar) Untermarxgrün im Jahre 1821 aus dem Erbe erhielten. Dieser Herr Besitzer von Untermarxgrün liess dasselbe prächtig restauriren und die Gastfreundschaft desselben verschaffte dem benachbarten Oelsnitz und der Umgegend manchen heitern Abend. Im Jahre 1826 entstand des Nachts im Hauptgebäude auf eine unerklärliche Weise Feuer und wurde ein Theil des Schlosses eingeäschert. Bald erhob sich dasselbe prächtiger und schöner als zuvor und so steht es heute noch.

Rühmend muss es Herrn Kretzschmar heute noch bekannt werden, [95] dass er im Jahre 1832 seinen Fröhnern die Frohnleistungen ohne alle Entschädigung erliess. Die Veranlassung zu diesem Acte der Liberalität war zwar der Gewinn eines Theiles des grossen Looses in unserer Landeslotterie; dessen ungeachtet bleibt es ein stets hochzuschätzendes Geschenk. Leider ist zu beklagen, dass der Glücksstern dieses Mannes bald hierauf verbleichte, um nie wieder zu glänzen. Vom Untermarxgrün zog Kammer-Commissionsrath Kretzschmar nach Lützelburg bei Coburg, nachdem derselbe vorher sein Gut an Herrn Förster Gottfried auf Mittelhöhe im Jahre 1840 verkauft hatte, welcher solches noch besitzt.

Untermarxgrün ist mit Voigtsberg, Hartmannsgrün, Zaulsdorf, Hundsgrün, Ebersbach, Ober- und Unterhermsgrün, Süssebach und Triebelbach, Lauterbach, Schönbrunn und Raschau nach Oelsnitz eingepfarrt.

Das Gut selbst hat rücksichtlich seiner Lage einen leichten und guten Absatz aller Naturalien. In der neuere Zeit ist es durch die Umsicht und Betriebsamkeit seines jetzigen Besitzers ein gutes Getreidegut geworden, während es früher ein blosses Holzgut war.

Untermarxgrün besitzt einen schön eingerichteten Gasthof und grosse Ziegeleien. Ein schöner Fussweg führt von diesem Gute nach dem 1/4 Stunde davon gelegenen Oelsnitzer-Schiesshaus und ein andrer Fussweg nach dem benachbarten Raschau, welches zur Ostenschen Waisenstiftung nach Plauen gehört.

Untermarxgrün zählt 19 bewohnte Gebäude mit 33 Haushaltungen, worinnen 148 Seelen sich befinden.

M. G.