Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Oehlisch

Textdaten
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Autor: Otto Moser
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Titel: Oehlisch
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aus: Markgrafenthum Oberlausitz, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 3, Seite 31–32
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1859
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
Kurzbeschreibung:
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Oehlisch
Oehlisch


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Oehlisch.


Das neuerbaute Schloss Oehlisch, in der Nähe Löbaus gelegen, gleicht namentlich, von der Gartenseite angesehen, einer italienischen Villa, und besitzt zum Theil ebenfalls neuaufgeführte Wirthschaftsgebäude. Der Name dieses uralten Ortes ist von dem wendischen Worte Wolscha, eine Erle, abzuleiten, einer Baumgattung, welche in der Umgegend von Oehlisch noch jetzt sehr häufig angetroffen wird. In der Vorzeit scheint Oehlisch ein wichtiger Vertheidigungspunkt der bedrohten Slaven gewesen zu sein, denn in der Mitte des Dorfes befindet sich noch jetzt einer der sogenannten Rundwälle – vom Volke Schwedenschanze genannt – deren die Oberlausitz aus dem Kampfe der Slaven und Deutschen noch viele zeigt. Die Schanze zu Oehlisch, am Ufer des Flusses Schöps emporsteigend, enthält einen oberen Umfang von hundertachtzig Schritten, ihre Höhe beträgt auf der westlich gelegenen Seite sechszehn Ellen, auf der östlichen aber, wo in der Tiefe der Fluss sie begrenzt, dreissig Ellen. Der innere Raum des alten Vertheidigungswerkes ist mit Bäumen bewachsen, und hier wurden häufig Bruchstücke von thönernen Gefässen, namentlich Todtenurnen, ausgegraben. Die äussere Form der Schanze erleidet jetzt eine Veränderung, indem der Besitzer eines nahe dabei liegenden Bauergutes Abgrabungen derselben vornimmt, um für seine Gebäude mehr Raum [32] zu gewinnen. Diese Schanze bildete einst eine Vertheidigungslinie mit den beiden noch ansehnlicheren und wohlerhaltenen Rundwällen bei dem nahen Dorfe Schöps.

Das Rittergut Oehlisch gehörte in den ältesten Zeiten der einst in der Oberlausitz reichbegüterten Familie von Gersdorf, welche auch Reichenbach, Mittel-Sohland, Mengelsdorf und Coswitz besass. Ritter Romvold von Gersdorf starb im Jahre 1387 auf dem Schlosse zu Sohland, und einer seiner Nachkommen, Lothar von Gersdorf, zeichnete sich als ein kühner Streiter gegen die 1426 und 1428 einbrechenden Hussiten aus. Als Peter von Gersdorf die Güter besass, fiel (1477) Hynderich Schmierziztig, nachdem er Budissin erstürmt und verheert, Löbau aber vergeblich zur Uebergabe auffordert und ohne Erfolg berannt hatte, in Sohland ein, musste aber dem tapferen Widerstande der Einwohner und ihrer herbeieilenden Freunde, namentlich der Bürger von Görlitz, weichen und sich schleunig zurückziehen. Von den Gersdorfs kamen die Güter an die Herren von Warnsdorf und von diesen an die Familie von Sander. Gottfried von Sander, Obristwachtmeister des churfürstlichen Heeres, war ein strenger Mann, der auf seine Gerechtsame pochend in unaufhörlichem Streite mit seinen Unterthanen lebte, und im Jahre 1660 am 8. Januar mit Tode abging. Ihm folgte im Besitze der Güter seine Gemahlin, Anna Sabina, geborene von Kyaw aus dem Hause Kemnitz, die am 24. October 1667 starb. Oehlisch nebst anderen Gütern fiel nunmehr an der verblichenen Frau von Sander zweite Tochter, Sophie Tugendreich, welche sich im Jahre 1670 mit Georg Ernst von Gersdorf, aus dem Hause Mittel-Horka, vermählte, der seiner Gemahlin die Güter Oberreichenbach, Oberndorf und Oehlisch für 14,000 Thaler abkaufte. Georg Ernst von Gersdorf verschied im Jahre 1713 und ihn beerbte sein Sohn, der Landesbestallte der Oberlausitz Georg Ernst von Gersdorf. Von der Familie Gersdorf kam Oehlisch in dem letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts an den Churfürstlich Sächsischen Hofrath und Landesältesten des Budissiner Kreises Ernst Carl Gotthelf von Kiesenwetter, von dem es in Besitz des Amtshauptmanns von Kiesenwetter und endlich des Stiftsverwesers von Kiesenwetter gelangte, von welchem Letzteren es 1842 an Herrn Johann Heinrich Ohnefalsch-Richter auf Mittelsohland und von diesem an Herrn Julius Christian Mertz überging.

Wie in den Kriegen des funfzehnten und siebzehnten Jahrhunderts war Oehlisch auch in neuerer Zeit einigemale durch nahe heftige Gefechte nicht wenig bedroht. Am 7. September 1706 fand in der Nähe des Ortes ein heftiger Kampf statt. König Carl XII. von Schweden drang mit seinen Kriegsvölkern in die Lausitz ein, und während er sein Hauptquartier in Schönberg bezog schickte er eine starke Truppenabtheilung zum Recognosciren aus, die nicht weit von Oehlisch auf ein Sächsisches Corps stiess, welches in gleicher Absicht, geführt vom General Jordan, aus dem Sächsischen Lager entsandt war. Die feindlichen Truppenmassen griffen einander an, und bald entstand ein heftiges Handgemenge, in dem General Jordan eine schwere Wunde empfing. Nach langen vergeblichen Anstrengungen, das Feld zu behaupten, mussten beide Theile den Rückzug antreten. Auch 1813, nach der Schlacht bei Bautzen, fanden bei Oehlisch verschiedene einzelne Kämpfe zwischen den zum Rückzug gezwungenen Verbündeten und den siegreichen Franzosen statt, und der Widerstand der Alliirten war um so heftiger und hartnäckiger, weil das Terrain zu einer wirksamen Vertheidigung vorzüglich geeignet ist.

Oehlisch ist in die Kirche zu St. Johannes in der Preussischen Stadt Reichenbach eingepfarrt, welche hart an der grossen Strasse von Dresden nach Breslau, zwei Meilen westlich von Görlitz dicht an der Sächsischen Grenze liegt. Am 22. Mai 1813 fiel in der Nähe zwischen den Alliirten und Franzosen das bedeutende Reitergefecht vor, in welchem Abends sieben Uhr dem Marschall Düroc, während er auf einer Höhe bei Markersdorf mit dem Herzog von Treviso, den Generalen Kirgener und la Bruyern sprach, der Leib durch eine Kugel aufgerissen wurde, die auch Kirgener tödtete und la Bruyern beide Beine wegnahm. Die beiden Rittergüter zu Reichenbach, Ober- und Niederreichenbach genannt, mit welchen Oehlisch Jahrhunderte hindurch gemeinschaftliche Besitzer hatte, sind mit schönen Wirthschaftsgebäuden versehen und auf ihren Fluren giebt es reiche Torf- und Mergellager.

Die beiden Kirchen zu Reichenbach sind die schon erwähnte Johanniskirche, mit einer hübschen Bibliothek und die kleinere, der heiligen Anna gewidmete Kirche vor dem Görlitzer Thore. Ausser Oehlisch sind noch hier eingepfarrt: Oberreichenbach, Niederreichenbach, Gosswitz, Dittmannsdorf, Biesig, Löbensmüh, Mengelsdorf, Burda, Gurig und Schöps. Die geistlichen Verrichtungen besorgen der Pfarrer und ein Diakonus, von denen Letzterer zugleich Bibliothekar ist. Vor der Reformation befand sich zu Reichenbach der Sitz eines zum Budissiner Diakonate gehörigen Erzpriesters. Der Pfarrer war bis in die neueste Zeit Lehnsherr einiger Unterthanen zu Sohland. Der erste evangelische Prediger zu Reichenbach war Georg von Waltersdorf, der jedoch von seinem Collator, Hans von Gersdorf, vertrieben wurde. Im Jahre 1548 versah das Pfarramt Franz Fleischer, ein Ungar. Das hiesige Hospital, zum armen Lazarus, ist sehr reich begütert.

Otto Moser, Red.     







Druck von Sturm und Koppe (A. Dennhardt) in Leipzig.