Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Niederottenhain

Textdaten
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Autor: Moritz Grimmel
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Titel: Niederottenhain
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aus: Markgrafenthum Oberlausitz, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 3, Seite 199–200
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: o.J. (1854–1861)
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
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Nieder - Ottenhain
Nieder - Ottenhain


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Niederottenhain,

eine Stunde von Löbau entfernt, liegt an der Westseite der Chaussee von Zittau nach Löbau und besteht der Ort aus Nieder- und Oberottenhain.

Ungefähr 1000 Schritte von Niederottenhain liegt Sonnenberg am Sonnenberge. Die auf diesem Hügel befindliche Felsengruppe bietet eine angenehme Aussicht nach allen Richtungen in die Umgegend und führt den Namen Jüdden oder Jürdenhaus, was von den grottenartigen Vertiefungen auf der Ostseite herrührt.

Nach alten Sagen ist auf demselben ein Tempel oder Opferaltar des Wodan, Wodin oder Odyn, d. i. des Weltenschöpfer, gewesen und davon stammt der Name des Dorfes, welcher aus Odynhain in Ottenhain verwandelt worden ist.

Die Urbesitzer des Ortes sollen auch zuerst am Sonnenberge gewohnt haben.

Von Ottenhain gegen Morgen liegt der nicht zu hohe Berg, der Jäckel genannt, von dem man nördlich bis in Nieskyer, östlich in die Görlitzer und nordwestlich in die Bautzner Gegend eine der vortrefflichsten Aussichten geniesst.

Das Schloss von Niederottenhain, welches zwei Etagen hoch und zwölf Fenster in der Fronte hat, ist ein stattliches Gebäude und die Wirthschaftsräume sind vortrefflich zu nennen; ein daranstossender Garten ist nicht der grösste, aber derselbe gewährt lieblichen Aufenthalt.

Das zum Gute gehörige Areal ist nicht unbedeutend. Die Felder und Wiesen gehören der mittleren Bodenklasse an und die Holzungen, die weniger in Schwarzholz, wie in lebendigem bestehen, sind gut bestanden. Die dazu gehörige Branntweinbrennerei ist in gutem Zustande und die Ziegelbrennerei von grossem Umfange.

Im 16. Jahrhundert war Ottenhain nur ein Ort und gehörte einem Herrn von Miltitz. Im Jahre 1571 wurde es unter Anderm an einen Herrn Christoph von Gersdorf auf Baruth für 7400 Thaler verkauft, von welchem [200] es 1617 an Christoph Volkmar von Gersdorf auf Baruth, Drehsa und See kam. Im Jahre 1623 kaufte Georg von Gersdorf auf Herwigsdorf Ottenhain um 13,938 Thaler, von welchem es nach dessen Ableben seine Wittwe Helene, geb. von Schwanitz, die sich 1631 mit Johannes vom Berge anderweit verehelichte übernahm.

Dann kam es in Sequestration und 1660 wurde der obere Theil, als Ober-Ottenhain an Caspar Rudolph von Gersdorf abgetreten.

Der Sohn der Helene, verw. von Berge, Caspar Gottlob von Berge, kaufte Niederottenhain 1668 um 7000 Thaler. Letzterer starb 1686 und die Wittwe Marie Sidonie von Berge, geb. von Nostitz, acquirirte es für 8000 Thaler, welche es 1693 an ihren Sohn Adolph Benjamin von Berge um 900 Thaler verkaufte. Letzterer erwarb 1697 Oberottenhain. Durch diesen Kauf wurden beide Güter vereinigt und blieben 101 Jahr beisammen.

Im Jahre 1717 fiel Ottenhain von Adolph Benjamin von Berge an dessen Sohn, den königlich polnischen Hauptmann Wolf Adolph von Berge, welcher 1772 mit Tode abging. Nun folgte dessen Sohn, Carl August Leopold von Berge: 1788 verpachtete dieser Ottenhain und zog nach Zittau in seine Privatwohnung, und 1796 verkaufte er ganz Ottenhain an den Lieutenant Christoph Moritz von Beschwitz auf Gross-Schweidnitz. Letzterer verkaufte Niederottenhain an Frau Eleonore Dorothea, geb. von Ingenhoff, verehelichte von Metzrath um 38,000 Thaler am 4. Febr. 1798.

Am 4. Januar 1809 kaufte Niederottenhain Herr Johann Gottlob Erdmann von Nostitz, Amtshauptmann und Gegenhändler des Markgrafthums Oberlausitz, auf Ober-Ruppersdorf, Ober-Oderwitz und Niethen für 42,000 Thaler. Nach dessen Tode fiel es durch Schenkung desselben an dessen Schwestersohn, Carl August Wolf von Berge.

Am 8. März 1821 fiel es bei dessen Tode an seine beiden Schwestern, Frau Kammerherrin Henriette Charlotte Wilhelmine von Nostitz, geb. von Berge auf Ruppersdorf und Frau von Ruhberg, geb. von Berge auf Böhla bei Ortrandt. Die Frau Kammerherrin von Nostitz übernahm es durch Vergleich mit ihrer Schwester allein und nach der erstern Tode kam es an deren einzige Tochter, Thuiska von Nostitz, verehelichte von Mayer.

Nach der letzteren Ableben stand es unter Administration des Herrn von Mayer auf Lieske und Ossling, welcher es später, und zwar im Jahre 1831, an Herrn Samuel Gotthelf Reichel aus Löbau verkaufte.

Der dermalige Besitzer aber ist Herr Edm. Lehmann.

Die Einwohner des Ortes nähren sich von Landbau und Spinnerei. Die Schafzucht ist unbedeutend, desgleichen Fischerei und Gänsezucht. Die Rinderzucht ist nur auf den Bedarf beschränkt und Pferdezucht giebt es gar nicht.

Von den Handwerkern existiren hier Schuhmacher, Schneider, Maurer und Zimmerleute, 4 Schmiede und mehrere Weber, so dass im Ganzen 46 Webstühle in Thätigkeit sind.

Ausserdem befindet sich im Orte ein Gasthof, 2 Wassermühlen, 4 mit Dienstgeld abgelöste Bauergüter, 6 Gärtnernahrungen, 10 Feldhäuslernahrungen, 22 Häusler auf der Aue, zusammen 46 Wohnungen.

Eine besondere Kirche hat der Ort Ottenhain nicht, vielmehr ist solcher mit Tiefendorf, Körbigsdorf, Alt-Löbau, Oelsa, Ebersdorf, Gross-Schweidnitz nach Löbau eingepfarrt, dagegen besitzt Ottenhain ein eigenes Schulhaus, worüber den beiden Gerichtsherrschaften von Ottenhain das Besetzungsrecht zusteht.

Die ersteren Ansiedelungen in hiesiger paradiesischer Gegend erfolgten von den Sorben und die Sage von dem Sorben-Häuptling Mlink oder Monk und seiner Geliebten, nachherigen Gattin Mary lebt noch im Munde des Volkes. Er, Monk, soll an der Spitze seines Volksstammes die Urwälder gelichtet und den ersten Ort Alt-Löbau angelegt haben, und von diesen Ansiedlern wurden auch die Orte Gross-Schweidnitz und Ottenhain erbaut, wiewohl einige Chronikschreiber sogar behaupten wollen, dass Ottenhain schon vor den Sorben erbaut gewesen sei, so dass es also einer der ältesten Orte hiesiger Gegend sein müsste.

Oestlich vom obern Rittergutshofe befindet sich unmittelbar unter der Chaussee beim Stundensteine ein starker und guter Quell, dessen Wasser im Dorfe entlang fliesst und mit Zufluss einer Menge anderer, zum Theil mineralischer und eisenhaltiger Quellen am Ende des Dorfes unter demselben die sogenannte Crummbach bildet, welche sich bei Ebersdorf ins Löbauer Wasser ergiesst.

In und bei dem Dorfe befinden sich mehrere Granit- und Basaltbrüche.

Niederottenhain gehört mit seinen Bewohnern zum Gerichtsamt Löbau.

(M. G.)