Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Dörnthal

Textdaten
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Autor: M.
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Titel: Dörnthal
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aus: Erzgebirgischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 4, Seite 91–92
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: [1856]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Dörnthal.


Das schöne grosse Dorf Dörnthal liegt fünf Stunden südlich von Freiberg, sich wohl eine volle Stunde in nordwestlicher Richtung bogenförmig hinstreckend, in einem zwar tiefen, aber wegen seiner Breite dennoch offen und flach erscheinenden Thale. Das obere Ende des Ortes berührt die Strasse von Freiberg über Sayda nach Brüx und Kommotau; durch die niedrigst gelegenen Häuser aber streift die Kohlenstrasse, welche von Freiberg über Hutha nach Blumenau, in einer zweiten Richtung aber auch über Pfaffroda nach Olbernhau führt. An dieses untere Ende des Dorfes stösst Haselbach. – Der Haselbach, insgemein hier der Dorfbach genannt, entspringt einige hundert Schritte südöstlich von den obersten Häusern in einem Niederholze (2350 Fuss Seehöhe) und hat im Dorfe zwar sehr starken Fall, aber wegen des geringen Zuflusses keine Bedeutung. Ein starkes Nebenwasser entspringt ebenfalls in jenem Gehölze, speist den grossen Bergteich und mündet unterhalb der Mitte des Dorfes. Die grösste Höhe erreicht Dörnthals Flur etwa tausend Schritte vom obersten Ende des Ortes, gegen Nordosten, an der Voigtsdorfer Rainung. Dieser flach ansteigende Berg hat über 2540 Fuss Seehöhe und gewährt eine köstliche Umsicht; namentlich reizend ist das Thal des Haselbachs selbst, das man von hier aus auf eine Meile weit mit einem Blicke überschaut, und in dessen Hintergrunde sich Lengefeld malerisch erhebt. Der ganze Bergzug wird zum Seidenberge gerechnet, welcher zwischen hier, Zethau und Obersayda ansteigt.

Das Dorf Dörnthal, welches nach seinen klimatischen Verhältnissen in zwei Theile zerfällt, enthält 2883 Acker 46 □ Ruthen Flächeninhalt (wovon 1133 Acker dem Rittergute gehören) und über zwölf hundert Einwohner, die sich mit Getreidebau, Flachsbau, Spinnerei und Weberei beschäftigen. Zu welcher Zeit das Dorf entstand, ist unbekannt; ohne Zweifel aber ist der obere Theil eher angebaut gewesen als der untere, denn hier stand im Mittelalter eine Kapelle, der heiligen Dorothea geweiht, die dem Orte seinen Namen und Veranlassung zu den ersten Ansiedelungen gab. Die Dorotheenkapelle war eine Wallfahrtskirche, welche vom Kloster Ossegk in Böhmen abhing und auch von dort ihre Geistlichen erhielt. Die alte Kapelle, welche wegen ihrer Baufälligkeit im Jahre 1790 von Grund aus abgebrochen wurde, machte einem neuen Gebäude Platz, auf dessen Giebel noch jetzt ein Wetterhahn befindlich ist, der einstmals auf der alten Wallfahrtskapelle stand; von den beiden Glocken derselben soll eine nach Annaberg, die andere nach Grosshartmannsdorf gekommen sein. Noch haftet auf diesem Hause, sowie auf der letzten Wirthschaft im Niederdorfe, woselbst der Gottesacker der Kapelle befindlich war, das Recht, wenn an der Pfarre oder Schule gebaut wird, oder der Pfarrer amtshalber über Nacht aus dem Hause bleiben muss, die Besitzer der beiden genannten Häuser die Nachtwache zu halten haben, wofür sie von gewissen Communlasten befreit sind.

Das Rittergut wird zuerst in der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts genannt, wo es der reichen Familie von Allnpeck gehörte, die um diese Zeit aus Ungarn nach Sachsen eingewandert war, um Bergbau zu treiben. Im Jahre 1569 kaufte das Gut ein Herr von Schönberg auf Purschenstein für 6650 Gülden und 1648 kam es an die Mittelfrohnaer Linie dieser Familie, indem es Caspar von Schönberg, nebst Pfaffroda, von dem Besitzer der Herrschaft Purschenstein, Caspar von Schönberg, erkaufte. Dieser Caspar, Gründer der Pfaffrodaer Linie des Schönberg’schen Geschlechts, war Kammerherr, Berghauptmann und Amtshauptmann. Wolf Rudolf von Schönberg, sein Sohn, war Geheimrath und starb 1735. Da er seine drei Söhne durch den Tod verloren hatte, kam die Herrschaft Pfaffroda an Gotthelf Friedrich von Schönberg auf Tannenheim, Trebitz und Lauterbach. Ihm folgte der Kammerherr Curt Heinrich von Schönberg, gestorben am 29. September 1843 zu Teplitz. Der jetzige Besitzer ist Herr Joachim Heinrich von Schönberg.

Im dreissigjährigen Kriege hat Dörnthal viel Unglück erfahren, denn wie das Kirchenbuch erzählt, brachen 1632 die kaiserlichen Kriegsvölker hier raubend und plündernd ein und im Jahre darauf starben 140 Menschen an der Pest. Im Jahre 1639 hausten die Schweden wo möglich noch ärger als die Kaiserlichen, und nahmen sogar die Kupferplatten mit, welche das Kirchendach bedeckten. Zu gleicher Zeit herrschte eine derartige Lebensmittelnoth, dass viele Leute den Hungertod starben.

Die Kirche zu Dörnthal ist ein altes mit Schindeln gedecktes Gebäude, in der sich nichts Bemerkenswerthes befindet, als der 1610 von Frau Elisabeth von Schönberg geschenkte Taufstein. Im Jahre 1830 erfuhr die Kirche eine Restauration, die 430 Thaler kostete, welche Summe man von dem, 800 Thaler betragenden, Vermögen der Kirche nahm. Von den drei Glocken enthält eine Mönchsschrift.

Ganz besonders merkwürdig ist Dörnthal wegen seines Bergteiches und Kunstgrabens, welche für den Freiberger Bergbau angelegt sind. Diese höchst wichtige Wasserleitung ist ein Werk des verstorbenen geheimen Finanzraths Scheuchler, welcher den Anfang dazu am 29. Juni 1786 mit einigen hundert Arbeitern machte, deren Zahl bei fortgesetzter Arbeit oft bis zu tausend Köpfen stieg. Bis zum Jahre 1804 kostete der Bau bereits über 80,000 Thaler, und [92] seine Anlage ist dergestalt gehalten, dass sie mehrere Meilen lang und nöthigenfalls bis zur Landesgränze oder bis zur Flöha fortgesetzt werden kann, ja dass man sogar aus diesem Flusse Wasser aufzunehmen und in die Freiberger Bergwerke zu bringen vermag.

Der Dörnthaler Kunstgraben erstreckt sich vom Dorfe Obersayda und dem dasigen Bergwerksteiche durch die Fluren von Mittelsayda, Haselbach und Dörnthal laufend, bis in eine bei Dörnthal hereinkommende Schlucht und bis auf den daselbst befindlichen neuen Bergwerksteich. Seine ganze Länge, mit Einschluss der erforderlichen Beigräben, beträgt 5363½ Freiberger Lachter (à 3½ Elle) und innerhalb dieser Distanz geht derselbe zugleich in einer Strecke von 280½ Lachtern mittelst fünf verschiedenen Röschen, welche durch Berge hindurch gehauen und ausgemauert sind, unter der Erde weg. Die sechs Beigräben dienen zur Ab- und Zuleitung der mit dem Hauptgraben durchschnittenen Bäche. Der Hauptgraben ist 2 Ellen tief, im Lichten oben 3½, unten nur 2 Ellen weit, durchgängig zu beiden Seiten ausgemauert, und hat auf 100 Ellen Länge nicht mehr als 3 Zoll Fall. Trotzdem dass derselbe durch ziemlich schlechtes Terrain hindurch geführt werden musste, wurde er doch bis zum Schlusse des Jahres 1787 so weit vollendet, dass man das ganze Gewässer von dessen Endpunkte in Dörnthal an bis zu seinem Anfangspunkte in Obersayda und von da durch den ebenfalls im Jahre 1786 auf eine Länge von 1102 Lachter vergrösserten und zu beiden Seiten neu ausgemauerten alten Saydenbacher Kunstgraben, sowie dann in die tiefer liegenden drei Bergwerksteiche bei Grosshartmannsdorf hindurch gehen lassen konnte. Die Arbeit daran wurde in den Jahren 1788 und 1789 fortgesetzt und vollendet. Schon in den Jahren 1612 bis 1618 war ein ähnliches Unternehmen im Werke, welches man aber deshalb nicht ausführen konnte, weil falsch nivellirt worden war. Noch jetzt erkennt man die Ueberbleibsel des damals ausgeworfenen Grabens auf grossen Strecken hin deutlich, und findet sehr bald den Grund seiner Unbrauchbarkeit.

Der neue Dörnthaler Bergwerksteich steht mit dem Kunstgraben in unmittelbarer Verbindung. Er wurde am 7. Mai 1787 in Angriff genommen und bis zu Ende des Jahres 1789 bis auf einige Nebensachen vollendet. Der Umfang dieses Teiches ist sehr bedeutend, denn er enthält einen Flächenraum von 84 Ackern und eine sehr bedeutende Tiefe; indem sein Damm vom Rasen bis zur Teichkappe 20½ Ellen hoch, und dessen Breite unten 64 und oben 24 Ellen ist. Er hat einen oval gemauerten Striegelschacht und ein steinernes, 69 Ellen langes Gerinne. Dieses ist aus jedesmal 3 Ellen langen, gut verbundenen Felsenstücken aus den Wiesaer Brüchen zusammengesetzt und inwendig noch ausserdem mit eingeschobenen kupfernen Hülsen versehen. In dem Striegelschacht wird mit einer Schraube ohne Ende der Zapfen des Gerinnes gehoben, je nachdem man in Freiberg auf mehr oder weniger Räder Wasser braucht, welches man oben an der Schraube genau abmessen kann. Die Terrassenmauer des Teiches dient zur Zurückwerfung der Wellen, und um zu verhüten dass sie nicht durch Stürme über den Damm hinausgetrieben werden ist dieselbe in einer einwärts gebogenen krummen Linie aufgeführt. Um Dammbrüche und Ueberfluthungen unmöglich zu machen oder nach Bedürfniss die Wassermenge vermehren oder vermindern zu können, hat man in der grössten, 18 Ellen betragenden, Höhe des Teichspiegels einen Hauptgränz– und Fluthgraben herumgeführt, durch welchen das Wasser sofort nach dem Teiche geleitet oder ihm entzogen werden kann.

Da man die Erfahrung gemacht hatte, dass in trockenen Jahren der Dörnthaler Teich sammt dem Kunstgraben und den übrigen Bergteichen nicht ausreichend waren, die Bergwerke hinreichend mit Wasser zu speisen, so arbeitete man daran, das Wasser der Flöha für diesen Zweck zu gewinnen, und so entstand durch einen unterirdischen Kanal oder eine Rösche der Friedrich-Brunostolln. Dieser beginnt oberhalb des Dörnthaler Teiches und mündet beim Niederdorfe von Pfaffroda. Er ist eine halbe Stunde lang und über eine Elle breit. Der Friedrich-Brunostolln übertrifft in Hinsicht seiner Höhe die berühmtesten derartigen Bauten in England; denn er ist 4 Ellen hoch. Wo kein Felsen ist, hat man ihn gewölbt, und das Wasser kann angespannt werden, um Schutt und Steine herauszuschiffen. Dieser herrliche, schnurgerade fortgeführte Bau ist mit Luftlöchern versehen. – Der Umfang der zum Betriebe des Freiberger Bergbaues geschaffenen Kanäle beträgt weit über 40,000 Lachter Länge, wovon gegen 5000 Lachter unterirdische, in Gestein getriebene Wasserleitungen sind.

M.