Ringfahren in Schleswig-Holstein

Textdaten
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Autor: G. H.
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Titel: Ringfahren in Schleßwig-Holstein
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 24, S. 393, 408
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[393]
Datei:Die Gartenlaube (1896) b 0393.jpg

Das Pfingstfahren auf dem Lande in Schleswig-Holstein.
Nach einer Originalzeichnung von K. Storch. ( gemeinfrei ab 2025)

[408] Ringfahren in Schleswig-Holstein. (Zu dem Bilde S. 393.) Wenn in Schleswig-Holstein die Frühlingssaat bestellt ist, dann folgen für den Landmann ein paar Wochen, in denen die Arbeiten auf Feld und Hof weniger hart drängen als sonst. In dieser Zeit werden allerlei Versammlungen und Lustbarkeiten veranstaltet, im besondern das sogenannte Ringreiten, das am großartigsten noch alljährlich auf dem Kreisringreiterfest zu Sonderburg auf Alsen abgehalten wird. Dort kommen die wohlhabenden Bauernsöhne von der fruchtbaren Insel und aus dem ganzen Sundewitt zusammen, um zwei Tage lang im Wettspiel um zumeist recht wertvolle Preise zu kämpfen.

Einfacher geht’s in den schleswig-holsteinischen Dörfern her, wo sich heutzutage am Ringreiten weniger die Bauern und Bauernsöhne als vielmehr die Hofknechte beteiligen. Freilich, vergnügt ist man auch hier bei diesem alten Spiel! Von dem inmitten des Dorfplatzes errichteten, reich bekränzten Ehrenbogen hängt, locker eingeklemmt, der eiserne Ring herab; und nun gilt’s, denselben zu Pferd in vollem Galopp mittels einer Lanze von der Gestalt eines Billardqueues herabzustechen. Wer den Ring am häufigsten gewinnt, ist Sieger und hat, von meist bescheidenen Gewinnen abgesehen, abends den Vortritt beim Tanz als ruhmgekrönter König.

Den Tanz thatenlos abzuwarten, haben nun die Vertreterinnen des schönen Geschlechtes seit alters her nicht überall Lust und Neigung gehabt, und so ist’s gekommen, daß aus vielen Dörfern neben dem Ringreiten der Knechte ein Ringfahren der Mägde zum ständigen Brauch wurde. Die Zurüstung zu demselben ist ebenso einfach wie originell. Vom Hintergestell eines Ackerwagens wird das eine Rad entfernt und die Achse senkrecht in die Erde gegraben, so daß das zweite Rad über einen Meter hoch wagerecht über dem Erdboden liegt. Auf dieses Rad wird, nach beiden Seiten gleich weit über dasselbe hinausragend, eine starke Leiter gebunden, an jedem Ende derselben ein leichter Stuhlwagensitz befestigt und – das Karussell ist fertig. Wie auf unserem Bilde ersichtlich, werden am Rande desselben zwei laubgeschmückte Galgen errichtet, von denen je ein lose eingeklemmter eiserner Ring herabhängt. Zwei Mägde besteigen gleichzeitig die Fahrstühle; mit Vergnügen ist die Schuljugend bereit, die bewegende Kraft zu liefern, und unter Juchen und Kreischen beginnt die schwindelnde Rundfahrt, während welcher die Schönen bemüht sind, mit kurzen, dolchartigen Stäben die Ringe herabzustechen.

Dem ersten Paar folgt das zweite, das dritte etc., Siegerin ist diejenige, die am häufigsten den Ring traf. Die Königin wird geschmückt, mit einem Stück Zeug zu einem neuen Kleide beschenkt und hält mit dem König, dem Sieger in dem Ringstechen der Burschen, Einzug in den Saal des Dorfkrugs. Drei Tänze darf hier das Königspaar vor den Augen der gesamten Gesellschaft mit souveräner Bestimmung des Musikstückes tanzen; dann aber beginnt für den Rest des Abends ein lustiges Durcheinander, bis endlich der Gendarm erscheint und dem Ringreiterfeste durch Gebieten der Polizeistunde ein Ende macht. G. H.