Textdaten
Autor: Kurt Tucholsky
unter dem Pseudonym
Ignaz Wobel
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Titel: Repräsentanten
Untertitel:
aus: Die Weltbühne. Jahrgang 22, Nummer 29, Seite 112
Herausgeber: Siegfried Jacobsohn
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 20. Juli 1926
Verlag: Verlag der Weltbühne
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Erscheinungsort: Berlin
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Die Weltbühne. Vollständiger Nachdruck der Jahrgänge 1918–1933. Athenäum Verlag, Königstein/Ts. 1978. Scan auf Commons
Kurzbeschreibung:
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Repräsentanten

Schauspieler aller Länder hatten sich in Berlin vereinigt, und Gustav Stresemann hielt im Deutschen Bühnenklub eine Rede.

Ich muß nun aber doch fragen, wo denn eigentlich die verständigen, die radikalen und die repräsentativen Männer dieses Landes sind. Daß diesen mittlern Bürger, der da durch die Nase nach einander zum Staatsmord hetzt, den widerlich-korrupten Ruhrkampf nach Kräften unterstützt und heute die abgelegten Zitate des Herrn von Bülow spazieren führt, weshalb man ihn mit vollem Recht den „Weißbier-Bülow“ nennt – daß den nicht eine Woge des Gelächters hinwegfegt, das ist arg bedauerlich. Man stelle sich vor, daß irgend sonst Jemand, der nicht beamtet ist, diese Brocken von Banalitäten unter geistigen Menschen aufsagt, und man wird ermessen, mit welchem Gähnen man ihn rechtens unter den Tisch fallen läßt. Und warum werden wir immer, immer, wenns offiziell wird, von solchen Gestalten vertreten?

Weil es viel zu viel unter uns gibt, deren Eitelkeit geschmeichelt schnurrt, die die hohe Wonne ganz empfinden, „dabei“ zu sein – „Immerdabayern“ hat Harden sie einmal genannt –, weil der kleine Untertan sich angekitzelt fühlt, wenn er mit einem Gehaltsempfänger der Rangklasse XII zusammensitzen darf. Der Außenminister persönlich war da – man ist doch ein Deibelskerl, wie weit mans gebracht hat, auch dabei gewesen zu sein.

Viel Vergnügen. Der positive Wert dieser ‚Weltkongresse‘ ist selbstverständlich gleich null. Daß wir diesen Kreisen, die 1914 so glorreich umgefallen sind, das schärfste Mißtrauen entgegenbringen, muß man uns schon zugute halten – wir haben eben etwas aus den Ereignissen gelernt. Daß es nun aber noch dieselben Leute sein dürfen, ganz genau dieselben, jene, die in das Horn schon einmal von der andern Seite hineingepustet haben, das ist doch wohl eine Zumutung für jeden vollsinnigen Menschen.

Noch einmal Herr Wolfgang Heine und Herr Stresemann und Herr Luther und Herr Marx – es ist bedauerlich genug, wenn sich überhaupt wertvolle Menschen finden, die das Spiel mitspielen; vielleicht halten sie sich durch ihre Stellung dazu für verpflichtet. Aber traurig, daß niemals sie es sind, die den Ton angeben, sondern der stumpfe, geölte; lächerliche Beamte neudeutschen Stils, der seine Gemeinplätze aufsagt und ernsthafte Menschen glauben machen will, er habe irgendetwas zu vermelden.

Die junge Generation kämpfender Menschen sollte grundsätzlich die Teilnahme an Veranstaltungen ablehnen, wo sich so etwas breit macht. „Soyons amis, Cinna“ – hat der August mit dem Silberstreifen gesagt. Cambronne, Gustav, Cambronne.

Ignaz Wrobel